Huawei «Es gibt keine Alternative zur Innovation»

Von Henning Steier

21.6.2019

Huawei Mate 20X 5G
Huawei Mate 20X 5G
Bild: PD

Walter Ji, Präsident der Huawei Consumer Business Group der Region Westeuropa, gibt sich in Zürich anlässlich der schwierigen Lage betont entspannt. Und das Unternehmen geht in eine kleine juristische Gegenoffensive. 

Es war ein ungewöhnlicher Termin heute in Zürich. Eigentlich wollte Sunrise stolz als erster Provider weltweit das Huawei Mate 20X 5G lancieren. Dazu hatte man sich prominente Unterstützung geholt: Walter Ji, Präsident der Huawei Consumer Business Group der Region Westeuropa. Doch für die technischen Daten des Geräts und dessen Leistungsfähigkeit interessierte sich offenbar kaum einer der rund 20 Journalisten. Randnotiz: So viele sieht man an Huawei-Medienterminen in der Schweiz selten. 

Grund für den Andrang: Der Konflikt zwischen den USA und China, in dessen Zuge unter anderem Google die Zusammenarbeit mit Huawei vorerst einstellen musste. Walter Ji war sichtlich bemüht, das Vetrauen der Medienschaffenden und damit auch der Kunden wiederherzustellen. Er wiederholte Huaweis Statement, laut dem bereits gekaufte und ausgelieferte Huawei-Smartphones weiterhin Updates und Support erhalten werden. Ji räumte ein, dass unter Kunden viel Verwirrung herrsche, kaum einer hätte sein gekauften Huawei-Smartphones aber zurückgegeben. 

Nicht ohne Grund hat Huawei heute folgenden Tweet abgesetzt und die erwähnte Informationswebsite aufgeschaltet.

«Bluewin» hat die Schweizer Hilfe-Seite im Netz gefunden. Offiziell vorgestellt wurde sie von Huawei bisher nicht.

Warum erst jetzt? Schliesslich schwelt der Konflikt seit Monaten. Dazu gab es keine Aussage. Stattdessen erwähnte Ji eher beiläufig, dass seit ein paar Tagen Huaweis Smartphone-Absatz in Europa wieder wachse. Konkreter wurde er allerdings nicht. Das gilt auch für die eigene Android-Alternative mit dem Projektnamen Hongmeng. Ob, wie in den vergangenen Tagen vielfach zu lesen war, im Herbst erste Mittelklassensmartphones mit dem Betriebssystem auf den Markt kommen werden, dazu sagte Ji auf «Bluewins» Frage in der Journalistenrunde nur, man habe weiterhin Android, also Googles Betriebssystem, im Fokus. 

US-Präsident Donald Trump wird Ende nächster Woche am G20-Gipfel in Japan Chinas Premierminister Xi Jinping treffen. Beobachter gehen davon aus, dass dann auch das Thema Huawei zur Sprache kommen wird. Walter Ji wollte das nicht bestätigen, schloss aber auf Nachfrage von «Bluewin» auch nicht aus, dass man nach dem Treffen wohl wissen dürfte, wie es in der Causa weitergeht. Hintergrund ist, dass Xi Jinping seinerseits chinesische Massnahmen gegen amerikanische Unternehmen ins Spiel bringen könnte. 

Von «Bluewin» gefragt, wie Schweizer Kunden und Unternehmen angesichts der Spionagevorwürfe nicht das Vertrauen in Huawei verlieren sollte, lächelte Ji kurz und konterte: «Wir sind mittlerweile wohl das am besten kontrollierte Technologieunternehmen weltweit.» Wer davon ausgehe, dass Huawei spioniere, solle öffentlich Beweise vorlegen.

Zu dieser Tonalität passt die trotz um 40 Prozent eingebrochener Smartphone-Verkäufe unlängst relativ entspannt vorgetragene Aussage von CEO Ren Zhengfei. Er liess angesichts eines prognostizierten Umsatzausfalls von 30 Milliarden US-Dollar wissen, man werde 2019 über 100 Milliarden Dollar erlösen – und damit keinen Rückgang im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen.

Walter Ji mit dem Mate X
Walter Ji mit dem Mate X
Bild: «Bluewin»/Archiv

Und wie geht man bei Huawei mit dem Druck um? Man mache einfach weiter. «Es gibt keine Alternative zur Innovation», sagte Ji auch in Bezug auf 5G. Huawei gibt nicht nur bei 5G-Smartphones Gas, sondern ist bekanntlich auch als Netzwerkausrüster ein Gigant. Ende Mai wurde etwa bekannt, dass der grösste britische Mobilfunkprovider EE für 5G auf Technologie von Huawei setzt, woran auch Walter Ji erinnerte. Hierzulande nutzen Swisscom und Sunrise Huaweis Netzwerktechnologie. Bisher gibt es keine Anzeichen, dass sich das ändert. 

Wie Bluewin weiss, geht Huawei in die Gegenoffensive. Das verklagt das US-Handelsministerium, weil dieses Ausrüstung beschlagnahmt hat. Diese hatte Huawei aus China nach Kalifornien und wieder zurückbringen lassen.  Laut Huawei soll keine Lizenz erforderlich gewesen sein, was die US-Behörde offenbar anders sieht.

Zurück zu den Smartphones: Das erste faltbare Huawei-Gerät, das Mate X, soll, wie unlängst angekündigt, im September auf den Markt kommen, ursprünglich war der Marktstart für den Sommer geplant. Walter Ji wollte sich auf Nachfrage nicht auf den September festnageln lassen. Man arbeite so lange daran, bis es ausgereift sei. Hintergrund dürfte auch sein, dass Samsung sein Galaxy Fold nach technischen Problemen von Testern zurückfordern musste und bisher keinen Neustart verkünden konnte. 

Stichwort Samsung: Die Südkoreaner bringen in diesen Tagen ihr Galaxy S10 5G auf den Markt, also das Flaggschiff mit 5G und besseren Kameras. Huawei hat sich bekanntlich dagegen entschieden. Die Flaggschiffe sind das P30 und P30 Pro.

Und warum kein P30 Pro 5G? Für 5G-Smartphones gebe es 2019 noch keinen Massenmarkt, erklärte Ji. Es dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass Huawei wohl mit seinen Flaggschiffen im Gegensatz zur Konkurrenz unter der Marke von 1000 Franken bleiben möchte. Ein P30 Pro 5G hätte das sicherlich nicht geschafft. 

Update 22. Juni: Dass Huawei das US-Handelsministerium verklagt, ist nun offiziell. Alle Details sind hier zu lesen.

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