Adderall Dopingsumpf im eSports? Ein Ex-Profi packt aus

Von Martin Abgottspon

18.2.2020

Das Beruhigungsmittel Adderall soll in der Szene weit verbreitet sein.
Das Beruhigungsmittel Adderall soll in der Szene weit verbreitet sein.
Bild: Getty Images

Adderall funktioniert ähnlich wie Ritalin und soll in der eSports-Szene ein immer grösseres Problem darstellen. Ein Ex-Profi spricht jetzt über die Abhängigkeit einiger Spieler.

Adam «Killa» Sloss war ein erfolgreicher «Call of Duty»-Spieler. Letztes Jahr hatte er aber genug und zog sich aus der eSports-Szene zurück. Genaue Gründe nannte er damals keine. Nun aber packt er in einem Interview mit der «Washington Post» aus und spricht dabei offen über den Medikamente-Missbrauch, der sich offenbar immer weiter in der Szene ausbreitet.



Worum geht es genau? Das Medikament trägt den Namen Adderall, das eigentlich Patienten mit ADHS verschrieben wird und eine ähnliche Wirkung wie Ritalin hat. Dadurch soll es vor allem die Konzentration und Leistungsfähigkeit steigern. Im eSports nehmen es die Athleten gemäss Sloss ein, um länger spielen zu können. Wo andere nach einigen Stunden müde werden und die Motivation zurückgeht, kämpft Adderall genau gegen diese Symptome an.

Mehrere Profis bestätigen die Vorwürfe

Dass nie jemand darüber spricht, hat laut Sloss damit zu tun, dass praktisch alle zum Doping greifen. Ein geschlossener Zirkel, der sich gemäss seinen Aussagen immer weiter ausweitet. Dabei hätten vor allem die Jungen keine Ahnung, was sie sich damit eigentlich antun: «Viele dieser Kids hören, dass einige der besten Spieler der Welt Adderall nehmen. Sie wollen entweder experimentieren und sehen, ob es hilft, oder einfach nur das tun, was nötig ist, um der Beste zu sein. Die Menschen zerstören ihr Leben und ihre Zukunft. Es gibt keine Grenze … Eines Tages werden wir sehen, dass jemand einen Herzinfarkt hat oder etwas anderes Ernstes passiert.»

Um sicherzugehen, dass Sloss mit seinen Aussagen nicht bloss aus Frust heraus zum Rundumschlag ausholt, hat die «Washington Post» weitere Profis zum Missbrauch befragt. Dabei erhielten sie mehrere bestätigende Aussagen.

«Overwatch»-Profi Timo «Taimou» Kettunen etwa meinte, dass «20 Spieler oder so» in der «Overwatch»-Liga auf das Medikament zurückgreifen. «Counter Strike»-Spieler Kory «Semphis» Friesen gestand in einem Youtube-Video sogar, auch schon auf das Mittel vor einem Turnier zurückgegriffen zu haben.

Wie gefährlich ist Adderall?

Bei «Counter Strike» hat man bei den ersten Missbrauchsvorwürfen schon vor einiger Zeit reagiert und führt seither regelmässig Drogentests vor Ligaspielen und Turnieren durch.  Die Esports Integrity Coalition (ESIC) räumt dabei eine Nulltoleranz ein. Bei anderen eSports-Events sind Dopingproben aber noch kein Thema.



Über die Wirkung ist man sich indes uneinig. Viele Spieler glauben, dass sich die Einnahme von Adderall auch negativ auf das eigene Spiel auswirken könne, weil man dazu zeigt, sich zu sehr auf eine Sache zu konzentrieren und andere Fähigkeiten wie beispielsweise die Kommunikation dadurch vernachlässigt werden.

Auf jeden Fall ist Adderall gemäss Aussagen einer Medizinerin eine hochsüchtig machende Droge, die auch zu Psychosen und Paranoia führen kann. Für sie ist klar: Das Medikament muss aus der eSports-Szene verbannt werden, genauso wie Steroide aus dem klassischen Sport. Wer Adderall nimmt, habe einen unfairen Vorteil über jene, die es nicht nehmen.

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