Reinhold Messner wird heute 80Acht Höhen und Tiefen aus dem Leben des 8000er-Königs
vab, dpa
17.9.2024
Reinhold Messner feiert heute seinen 80. Geburtstag. Die Südtiroler Bergsteiger-Legende hat als erster Mensch alle Achttausender der Welt erklommen – und in acht Jahrzehnten viele Höhen und Tiefen erlebt.
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17.09.2024, 15:43
Vanessa Büchel
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Am 17. September wird Reinhold Messner 80 Jahre.
Der Südtiroler Gipfelstürmer feiert zu zweit mit seiner Frau in einer kleinen Almhütte.
Zwischen ihm und seinen Kindern herrscht derzeit ein angespanntes Verhältnis: Messner spricht von einem Erbschaftsstreit.
Ein Blick zurück auf das Leben der Bergsteigerlegende – mit seinen Höhen und Tiefen.
Gefühlt hat er schon seit Wochen Geburtstag: Reinhold Messner gab in letzter Zeit mehrere Interviews mit Blick auf seinen anstehenden Ehrentag. Heute ist es so weit: Die Bergsteiger-Legende wird am 17. September 80 Jahre.
Nur mit seiner Frau und zurückgezogen will Messner feiern. Das dürfte an einem Familienstreit liegen, der seit einer Weile tobt. Der 80-Jährige hat seinem Sohn, den drei Töchtern und seiner Frau vor fünf Jahren einen Teil seines Millionenvermögens überlassen.
Anschliessend sprach Messner Mitte Juli in einem Interview mit der «Apotheken Umschau» von einem Erbstreit: «Unser Verhältnis ist angespannt.»
Während der acht Jahrzehnte hat der Bergsteiger nie ein Blatt vor den Mund genommen – und tut es auch jetzt nicht. Messner ist bekannt für seine radikale Einstellung zum Bergsteigen. Angst vor dem Tod? Hat er keine.
«Das war meine erste Nahtod-Erfahrung, so intensiv wie nie wieder. Dir wird klar, dass du sterben wirst. Und das überhaupt nichts Schlimmes ist», so Messner über den Vorfall 1970 am Nanga Parbat, wo beim Abstieg sein Bruder Günther ums Leben kam.
80 Jahre – ein stolzes Alter. Doch als alt empfinde sich Messner nicht, wie er im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur gestand. «Natürlich werde auch ich ungeschickter, langsamer, vergesslicher. Ab und zu verstolpere ich mich.»
Acht Jahrzehnte mit vielen Höhenflügen und dann auch wieder Tieflagen. Die einen grösser, die anderen kleiner. Inzwischen hat Messner fast 100 Bücher veröffentlicht. Das jüngste heisst «Gegenwind». Zudem tingelt der Bergsteiger weiterhin durch Talkshows, hält Vorträge, dreht Filme. Auch in den Bergen ist er in seinem Alter nach wie vor unterwegs, bleibt aktiv und plant Bergtouren, etwa mit seiner Frau.
Acht unvergessene Zitate der Bergsteigerlegende und aus deren Umfeld:
«Es war der schlimmste Tag meines Lebens»
Der schlimmste Tag seines Lebens war für Messner, als er seinen Bruder Günther verlor. Eine Expedition zum 8125 Meter hohen Nanga Parbat im Jahr 1970 sollte für einen der Brüder tödlich enden – der damals 24-jährigen Günther kehrte nicht lebend zurück.
Messner selbst, damals gerade 25, erfroren in der Kälte sieben Zehen. Er kroch auf allen Vieren nach unten, bis er nicht mehr konnte. Bauern fanden ihn leblos im Geröll. Immer wieder gab es gegenüber Messner Vorwürfe, er habe seinen Bruder zurückgelassen, um allein auf den Gipfel zu steigen.
In einem «Bild»-Interview erinnerte sich Messner 50 Jahre nach dem Unglück an den «schlimmsten Tag seines Lebens»: «Für mich ist der Günther nie wirklich gestorben. Ich bin der festen Meinung, dass ein Mensch erst dann tot ist, wenn niemand mehr an ihn denkt.»
«Etwas Grosses, von dem ich als begleitender Arzt ein kleiner Teil sein durfte»
Acht Jahre nach dem Unglück im Westhimalaja bezwang Messner 1978 als erster Mensch ohne Unterstützung durch Sauerstoffgeräte den Gipfel des höchsten Bergs der Welt, des 8848 Meter hohen Mount Everest im Himalaja. Mit an seiner Seite: sein Kletterpartner Peter Habeler (82).
Auch Teil des grossen Moments war Oswald Oelz, Messners Höhenarzt. «Mit der ersten Besteigung ohne zusätzlichen Sauerstoff durch Reinhold Messner und Peter Habeler passierte 1978 etwas Grosses, von dem ich als begleitender Arzt ein kleiner Teil sein durfte», sagte Oelz in einem Interview mit «NZZ».
«Es ist das schönste Gefühl, vom Berg zurückzukommen»
Den 16. Oktober 1986 wird Messner wohl nie wieder vergessen: Er erreichte den Gipfel des Lhotse und war damit der Erste, der alle 14 Achttausender der Erde ohne zusätzlichen Sauerstoff bestiegen hatte. Ein Rekord, der in die Geschichte eingehen soll.
Nicht nur einmal blickte Messner während seiner Touren dem Tod ins Auge. Er ging Risiken ein, polarisierte mit seiner Art, Berge zu erklimmen. Die Deutsche Presse-Agentur zitierte den 80-Jährigen: «Das grosse Bergsteigen ist im Grund nur dort möglich, wo es Todesgefahr gibt. Der klassische Bergsteiger geht dorthin, wo alle anderen nicht sind. Es gibt Leute, die beschreiben den Absturz als den schönsten Tod.»
Und doch sei für ihn das schönste Gefühl, vom Berg zurückzukommen, wie er der Zeitschrift «Alpin» in einem Interview verriet: «Ich hatte immer nur ein einziges Ziel: erst überleben, dann heimkommen.»
«Mir war das wurscht, ich hatte noch nie ein solches Buch in der Hand»
Das mit Messners Weltrekord war schliesslich so ein Hin und Her. Zuerst hiess es, dass Messner der erste Mensch sei, der auf allen 14 Achttausendern stand.
Er wurde ins Guinnessbuch der Rekorde aufgenommen. Dann bezweifelte plötzlich ein deutscher Bergchronist seine Leistung und Messer flog aus dem Buch raus, bis es hiess, dass er doch wieder aufgeführt werden soll.
Messner selbst schienen die hitzigen Debatten um seine Leistung kaltzulassen. Zur Deutschen Presse-Agentur sagte er: «Mir war das wurscht. Ich hatte noch nie ein solches Buch in der Hand.»
«Menschlich sind wir uns nicht näher gekommen»
2800 Kilometern in insgesamt 92 Tagen haben Messner und Arved Fuchs (71) zusammen zurückgelegt. Die beiden Abenteurer durchquerten 1989 auf Skiern den Südpol. Der Gipfelstürmer aus Südtirol und der gelernte Seemann aus Deutschland ergänzten sich für diese strapaziöse Herausforderung gut.
Nur auf derselben Wellenlänge schienen die beiden Männer nicht zu sein. Nach geschaffter Durchquerung der Antarktis sagte Fuchs, wie der Westdeutsche Rundfunk Köln schreibt: «Menschlich sind wir uns nicht nähergekommen.»
«Uns bleibt nicht so viel Zeit, wie sie andere Paare haben»
Messners Leben besteht nicht nur aus Berge-Erklimmen und Antarktis-Durchqueren: Der 80-Jährige ist zum dritten Mal verheiratet und Vater von einem Sohn sowie drei Töchtern. 2021 hat er seiner 44-jährigen Partnerin Diane Schumacher das Jawort gegeben. «Ich weiss, uns bleibt nicht so viel Zeit, wie sie andere Paare haben», meinte Schumacher kürzlich zu «Rai Südtirol».
Vorher war Messner über zehn Jahre mit der Textildesignerin Sabine Stehle verheiratet. Nach 20 Jahren Beziehung trennten sich 2017 deren Wege. Für Reinhold Messner kam das Ehe-Aus überraschend, mit einem Mal habe seine damalige Frau ihn aus der Wohnung geworfen.
Aus der Ehe mit Sabine Stehle gingen Anna (23), Magdalena (36) und Simon (34) hervor. Zuvor war Messner von 1972 bis 1977 mit Uschi Demeter verheiratet. Tochter Layla (43) stammt aus einer früheren Beziehung zu Nena Holguin.
«Einer meiner grössten Fehler»
Kurz vor seinem 80. Geburtstag äusserte sich Messner in einem Interview mit der «Apotheken Umschau» zu einem angeblichen Erbschaftsstreit in seiner Familie.
Das angespannte Verhältnis zu seinen Kindern sei aus einem seiner grössten Fehler entstanden: «Ich habe ihnen vor meinem Ableben testamentarisch den Grossteil meines Vermögens überlassen.» Daraufhin sei die Frage, wer mehr bekommen hat, in den Vordergrund geraten, und Messner selbst sei mit 75 am Abgrund gestanden.
«Meine Kinder verstehen nicht, dass alles geschenkt war und schätzen den Wert meiner Grosszügigkeit nicht.» Messner ist überzeugt, dass in dem Moment, als er sein materielles Erbe an die vier Kinder und Ehefrau Diane verteilt habe, die Familie zerbrochen sei.
«Bruch der Familie passierte step-by-step und hat andere Gründe»
Zwischen all den Schlagzeilen und vielen Interviews, die Messner gab, meldete sich Simon Messner zu Wort, der selbst ein hervorragender Alpinist ist. Messners Sohn bezeichnete die Aussagen seines Vaters im Interview mit dem «Bayrischen Rundfunk» als «schade und traurig».
Er schätze das Erbe, das er von seinem Vater bekommen hat – zwei Bergbauernhöfe im Vinschgau in Südtirol – sehr. Er habe das seinem Vater auch immer so vermittelt. «Deswegen verstehe ich seinen Vorwurf nicht.»
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