InterviewThomas Meyer: «Das ist nun wirklich kein orthodox-jüdisches Monopol»
Von Carlotta Henggeler
16.4.2020
Autor Thomas Meyer spricht über die Unterschiede zwischen Motti «Wolkenbruch» und Esty aus der Netflix-Serie «Unorthodox». Und einen Anti-Corona-Frust-Tipp liefert er gleich mit.
Herr Meyer, die Netflix-Serie «Unorthodox» ist in der Schweizer Ausgabe von Netflix in den Top Ten. «Unorthodox» erzählt die Geschichte von Deborah Feldman, die in New York aufgewachsen ist und dann vor ihrer streng religiösen Umgebung flieht.
Ich habe mich noch nicht damit beschäftigt, weil ich gerade «The Fall» fertigschauen will und «Der Tatortreiniger» angefangen habe. Ich habe seit Kurzem auch Disney+. Es sieht nicht gut aus für «Unorthodox».
Esty flieht – wie Mordechai Wolkenbruch auch – vor ihrer jüdischen Familie. Ist Esty eine New Yorker Version von Wolkenbruch?
Nein. Esty muss eine richtige Flucht planen und durchführen. Motti hingegen plant überhaupt nichts, sondern stolpert in seinem Leben herum und wird am Ende von der Mame* vor die Tür gestellt.
Bei beiden geht es um die Flucht aus einem engen, orthodoxen Korsett. Das Thema scheint guter Geschichtenstoff zu sein, sogar 2020 noch.
Das hat überhaupt nichts mit zeitlichen Umständen zu tun. Es gibt unzählige kulturelle, religiöse, aber auch gesellschaftliche Erwartungen, die in Familien vorherrschen. Das Kind muss dieses, das Kind darf jenes nicht, dies ist eine Schande, jenes ein Grund, sich rabiat einzumischen. Das ist nun wirklich kein orthodox-jüdisches Monopol.
«Wolkenbruch» fiel schon bei der ersten Hürde aus dem Oscar-Rennen. Waren Sie traurig darüber?
Ich habe mir da nie grosse Hoffnungen gemacht. Das Niveau bei den Oscars ist extrem hoch.
Zu Mottis Geschichte: Sie hätten einfach seine Story linear weiterschreiben können, das wäre (wahrscheinlich wieder) ein Erfolg geworden. Sie haben aber eine total neue und abgespacte Story erfunden. Warum?
Ich weiss nicht, ob das ein Erfolg geworden wäre. Es hätte unzählige Leute gegeben, die mir genau das vorgeworfen hätten: Dass ich einfach noch einmal das Gleiche gemacht hätte. Nun gibt es welche, die mir vorwerfen, etwas anderes geschrieben zu haben. Ich wollte vor allem etwas schreiben, das mir selbst gefällt. Das ich gern lesen würde. Das habe ich getan.
Und wann wird «Wolkenbruchs waghalsiges Stelldichein mit der Spionin» verfilmt?
Auch da mache ich mir keine grossen Hoffnungen. Der Stoff ist, wie Sie ja selbst sagen, ziemlich abgefahren. Vielen sogar deutlich zu abgefahren. Die Umsetzung wäre bildlich zudem sehr anspruchsvoll. Ich glaube nicht, dass das gemacht werden wird.
Der Film müsste dann wieder mit Joel Basman sein …
Nein. Mir ist das Schreiben seit der vielen negativen Kritik am neuen Buch etwas vergangen. Ich habe keine Lust. Liegt aber auch an Corona.
Apropos Corona: Wie geht es Ihnen in der Isolation?
Sehr gut. Ich sehe meinen Sohn und meine Freundin. Aber ich würde schon gern auch wieder mal die anderen Menschen in meinem Leben umarmen.
Leidet die Inspiration? Sie schreiben ja gerne in Cafés …
Ich bin generell nicht sonderlich kreativ im Moment.
Haben Sie einen Anti-Corona-Blues-Tipp?
Es gibt gute Spiele für Nintendo Switch. Animal Crossing ist sehr putzig. Dann habe ich gerade «Blackbird» von Matthias Brandt gelesen, das ist erstklassig. Jakob Arjouni ist es auch wert, gelesen zu werden. Und jetzt ist auch eine gute Zeit für eine Modelleisenbahn und ein paar Lego-Sets.
Als selbstständiger Autor kommen jetzt Existenzängste auf?
Nein. Ich habe diese Ängste schon seit längerem überwunden. Mir ist das Thema herrlich egal geworden. Wenn ich nicht mehr vom Schreiben leben kann, wird mich das Leben an einen anderen Ort führen, an dem es mich nährt.
Was ist das Erste, was Sie machen werden, wenn die Quarantäne wieder aufgehoben wird?
Erst recht zu Hause bleiben, weil die Leute dann vermutlich von früh bis spät auf den Strassen und in den Bars herumkrakeelen werden.
Oscars 2020 – Best-Of: Gewinner, viel Glamour und schräge Vögel
«Der Joker» holt den Oscar als bester Schauspieler (Best Leading Role): Joaquin Phoenix.
Bild: Getty
Brad Pitt erhält den ersten Oscar seiner Karriere für den «Besten Nebendarsteller» in «Once Upon a Time in Hollywood». Und sollte einen zweiten bekommen für seinen schlicht-eleganten Look.
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Brad Pitt mit Regina King («Ray»).
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Südkorea und sein Held: Bong Joon Ho gewinnt mehrere Awards für seinen Film «Parasite».
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Grüne Fee? Florence Pugh («Little Women») auf dem Roten Teppich.
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Schlicht-elegant: Laura Dern wird als beste Nebendarstellerin ausgezeichnet.
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Der britische Kameramann Roger Deakins («1917»).
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Ganz in weiss: Renée Zellweger gewinnt für «Judy» den Goldjungen als beste Hauptdarstellerin.
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Gewinner von einem anderen Stern: Sir Elton John. Der britische Musician und Texter Bernie Taupin gewinnen einen Goldjungen für den Song «Love Me Again» in «Rocketman».
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Filmemacher Spike Lee trägt die 24 am Rever seines Anzugs, ein Andenken an seinen verunglückten Freund, den Basketball-Profi Kobe Bryant.
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Regisseur Pedro Almodovar («Leid und Herrlichkeit»). Er geht leer aus.
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Schneewittchen 2020? Nein, es ist Sängerin und Schauspielerin Janelle Monae. Sie eröffnet die Show musikalisch.
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Im Fasnacht-Fieber: Sängerin Billie Eilish mit Singer und Songwriter Finneas O'Connell im Frack und Schauspieler und Musiker Billy Porter in goldiger Vogel-Robe.
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Kleopatra? Die Frau von Julius Cäsar? Nein, es ist Schauspielerin Salma Hayek («From Dusk Til Down»).
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