Teil 19 Der indirekte Freistoss und weitere Komplikationen (19/40)

Beni Thurnheer

19.6.2018

Es gibt auch ‹indirekte› Freistösse. Solche werden vom Schiedsrichter bei ganz bestimmten, weniger gravierenden Regelverstössen verhängt.

Dies geschieht in den folgenden Fällen:

  • wenn ein Spieler dem anderen den Weg versperrt und damit, wie der Fachausdruck heisst, eine Obstruktion begeht
  • wenn ein Spieler den Lauf des Goalies, der auskicken will, absichtlich kreuzt und ihn damit behindert
  • wenn ein Spieler aus dem Offside zurückgepfiffen wird
  • wenn ein Spieler einen Freistoss nicht korrekt ausführt (zweimalige Ballberührung)
  • wenn der Torhüter den Ball länger als die erlaubten 6 Sekunden festhält
  • wenn der Torhüter gegen eine der Ausnahmeregelungen verstösst, die es ihm in ganz bestimmten Fällen ebenfalls verbieten, den Ball in die Hand zu nehmen
  • wenn ein Spieler unbeabsichtigt gefährlich agiert, z. B. einen Fuss oder ein Knie auf Kopfhöhe eines unmittelbar daneben stehenden Gegners hinaufreisst. Dies geschieht häufig bei spektakulären Direktabnahmen, bei denen der Spieler in der Luft auf dem Rücken ‹liegend› einen so genannten Fallrückzieher produziert. Eine solche ‹bicicletta›, wie die Italiener in Anlehnung an die Strampelbewegung beim Radfahren sagen, ist nur dann erlaubt, wenn sich kein Gegner in der Nähe aufhält. Sonst wird die Aktion wegen gefährlichen Spiels unterbrochen

In all diesen Fällen pfeift der Schiedsrichter nicht bloss, sondern er streckt als Zeichen dafür, dass es sich um einen indirekten Freistoss handelt, einen Arm senkrecht in die Luft.

Indirekter Freistoss bedeutet, dass der Ball ausser von dem Spieler, welcher den Freistoss ausführt, noch von einem weiteren berührt werden muss, damit ein gültiges Tor zu Stande kommt. In Tornähe wird der Ball deshalb meistens zu einem nahe stehenden Kameraden geschubst, welcher dann sofort schiesst. Doch diese kleine Zeitverzögerung erlaubt es den Gegenspielern, sich zu nähern, was ihre Chance, den Ball abzuwehren, vergrössert und den Schützen in Zugzwang bringt. Meist leidet dadurch die Präzision des Torschusses.

Unfreiwilligkeit schützt vor Strafe nicht

Missachtet der Schütze die Regel und befördert er den Ball direkt ins Tor, zählt dieses nicht, und die Partie wird fortgesetzt, als hätte er danebengeschossen.

Es kann nun allerdings passieren, dass ein Verteidiger oder der Goalie unaufmerksam ist und den Ball trotzdem abzuwehren versucht. Wird die Kugel dabei berührt und fliegt sie anschliessend ins Tor, so ist der Treffer gültig: Ein weiterer Spieler berührte ja wie vorgeschrieben den Ball – wenn auch unfreiwillig –, bevor dieser ins Torgehäuse flog. Solche Zufallstreffer sind natürlich besonders gemein.

Vor der Ausführung eines Freistosses herrscht meistens grosse Aufregung. Häufig halten die Verteidiger, welche die Mauer bilden, den vorgeschriebenen Abstand nicht ein. Dann darf der Schütze vom Schiedsrichter verlangen, dass dieser die Distanz abmisst, was mit neun meterlangen Schritten verblüffend genau geschieht. Wie bei so vielem im Fussball steckt auch dahinter keine Magie, sondern fleissiges Üben.

Mit der Einführung des Freistosssprays ist es für die sich in der Mauer befindenden Verteidiger auch schwieriger geworden, sich unbemerkt jeweils zig Zentimeter in Richtung des Schützen zu bewegen.

Nach der verlangten Messung muss der Unparteiische das Spiel mittels Pfiff erst wieder freigeben; eine vorherige Fortsetzung ist ungültig. Deshalb ist es manchmal geschickter, den Freistoss blitzschnell auszuführen, ohne eine Abmessung zu verlangen, weil dann die Abwehr noch unorganisiert ist. Wird kein Abschreiten der Distanz verlangt, kann das Spiel weitergehen, ohne dass der Schiedsrichter dies explizit anzeigen muss.


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