Der fünfte Geschmack Die besondere Würze: Was macht «umami» so lecker?

Inga Dreyer, dpa

8.9.2020

Bei «umami» denken viele an Sushi und Co. – und nicht an Erbsensuppe. Doch beim Kochen lässt sich mit einfachen Tricks experimentieren, um den fünften Geschmack zu zaubern.

Von süss, sauer, salzig und bitter haben wir konkrete Vorstellungen. Aber was ist mit «umami»? Dieser fünfte Geschmack ist weniger leicht zu fassen. Der Koch Heiko Antoniewicz, der ein Buch zu dem Thema herausgebracht hat, bezeichnet ihn gern als den «besonderen Lecker-Effekt».

Beim Wort «süss» haben wir sofort Assoziationen wie Zucker, Schokolade, Süssigkeiten oder Früchte, sagt die in New York lebende Kochbuchautorin Raquel Pelzel. Woran denken wir bei «umami»? Der Begriff werde beispielsweise als «fleischig», «käsig», «erdig» oder «rauchig» übersetzt.

Viel «umami» in getrockneten Pilzen, Parmesan, Oliven

Meist wird der Begriff mit der asiatischen Küche in Zusammenhang gebracht. Dort wird schon lange darauf geachtet, Gerichten Umami-Geschmack zu verleihen. Doch auch anderen Küchen ist er nicht fremd. «Jedes Lebensmittel hat einen bestimmten Umami-Gehalt», sagt Antoniewicz. Typische Umami-Träger sind getrocknete Steinpilze, Parmesan oder Oliven.

Die Beispiele deuten an, dass sich der «besondere Geschmack» auf verschiedene Art erzeugen lässt – etwa durch Trocknen, Fermentieren, Kochen, Schmoren oder Reifung. In der asiatischen Küche werden häufig würziger Sud oder Sosse verwendet – doch nicht nur dort. «Schon die Griechen und Römer haben Fischsossen zubereitet», so Antoniewicz.

Auch lange geköchelte Eintöpfe oder gereifter Schinken hätten einen hohen Umami-Gehalt. «Eine über Stunden gekochte Bolognese ist eine richtige Umami-Bombe.» Mit Zeit und Geduld lässt sich also viel erreichen. «Jeder weiss: Eine Erbsensuppe schmeckt nach dem dritten Aufkochen am besten», sagt der Koch. Selbst wenn sie beim zweiten Mal etwas anbrennt, trage das zum Geschmack bei. Denn auch Röstaromen sind Umami-Lieferanten.

Über die Fischsosse in Umami-Welt eingetaucht

Das bedeutet: Wir alle kennen «umami» als Geschmack, doch um ihn zu erkennen und zu unterscheiden, braucht es Übung. «Tiefer eingestiegen bin ich, als ich vor zehn Jahren zum ersten Mal Fischsosse hergestellt habe», erzählt Antoniewicz.

In Antoniewicz’ Buch erklärt ein Gastrosoph den Ursprung des Begriffs: Anfang des 20. Jahrhunderts erforschte der japanische Chemiker Kikunae Ikeda den Wohlgeschmack. Er extrahierte aus essbaren Algen kristallines Mononatriumglutamat und nannte die geschmacksverstärkende Wirkung «umami» – ein Kunstwort, zusammengesetzt aus den japanischen Begriffen für «köstlich» und «Geschmack».

Natriumglutamat, das Salz der Glutaminsäure, hat hierzulande einen schlechten Ruf. Zu Unrecht: «Ein wenig Glutamat im Essen schadet überhaupt nicht», betont Antoniewicz. Allerdings rät er, kein künstlich hergestelltes, sondern natürliches zu verwenden. Natürliches Glutamat ist etwa in Parmesan oder gereiftem Schinken enthalten.

Sojasosse verstärkt den Lecker-Faktor

Raquel Pelzel gibt in ihrem Buch Tipps, wie man mit einfachen Mitteln grosse geschmackliche Wirkung erzielen kann – etwa, indem man Rauchsalz über Bratkartoffeln streut oder selbst gemachtem Pesto einen Löffel Miso-Paste hinzufügt.

In ihrem Buch konzentriert sie sich auf vegetarische Gerichte. «Viele von uns wollen weniger Fleisch essen, aber viele Menschen, die zu Hause kochen, empfinden Gemüse als langweilig oder zu schlicht», erklärt sie. Deswegen habe sie eine Sammlung vegetarischer Gerichte kreieren wollen, die Menschen dazu verleitet, mehr Gemüse zu essen.



Laura Welslau und Jasmin Erler alias Minii gehen noch weiter. Die Autorin und die Kommunikationsdesignerin haben im Eigenverlag zwei illustrierte Kochbücher mit japanischen, veganen Gerichten herausgegeben.

Geschmack auch ohne tierische Produkte erzeugen

Sie haben zeigen wollen, dass man diesen Geschmack auch ohne tierische Produkte erzeugen kann, berichten die beiden Autorinnen. Im Laufe der Zeit fanden die beiden Varianten, die sie überzeugten – auch für die Fischbrühe Dashi, die vielen Gerichten Umami-Geschmack verleiht. Die beiden Autorinnen kochen sie mit getrockneten Shiitakepilzen und Algenblättern. Als Umami-Verstärker verwenden sie häufig Sojasosse.

Bibliografie

«Umami», Heiko Antoniewicz, erschienen im Tre Torri Verlag, ab 56 Franken

«Umami Bomb», Raquel Pelzel, erschienen bei Workman Publishing, ab 23.90 Franken

«Umami: Vegan Japanisch Kochen» und «Umami: Vegan Japanisch Kochen 2», Laura Welslau & Jasmin Erler, erschienen bei BoD – Books on Demand, jeweils ab 23.90 Franken

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