Grüne Säfte Smoothie-Hype: «Doch ist Sellerie für viele Allergien verantwortlich»

Von Sulamith Ehrensperger

28.10.2019

Ein halber Liter Selleriesaft pro Tag – der Gesundheitsbooster schlechthin, so wird es auf Instagram gepredigt. Doch Obacht: Sellerie ist für die meisten Allergien in der Schweiz verantwortlich. 

Es ist nicht jedermanns Geschmack. Doch Selleriesaft hat sich zum Trendgetränk gemausert, wie auch die Statistiken von Google Trends eindrucksvoll zeigen.

Besonders beliebt ist der Stangensellerie, der für die Green Smoothies – also Säfte mit grünem Gemüse – verwendet wird. Ein Trend, den der Leiter der Allergiestation am Universitätsspital Zürich merkt. Denn längst nicht alle vertragen das Gemüse. 

Herr Schmid-Grendelmeier, mögen Sie Smoothies?

Ab und zu schon. Aber nach einem habe ich genug.



Um Sellerie gibt es bei Instagram unzählige Posts. Stars wie die Schauspielerin Kim Kardashian oder Tennisspieler Novak Djokovic outen sich als Sellerie-Fans. Man hat den Eindruck, es müsse ein Wundermittel sein.

Sellerie ist natürlich etwas Feines – und für viele auch gesund. Aber man muss sich bewusst sein, dass er einer der häufigsten Auslöser für Nahrungsmittelallergien ist, bei uns in der Schweiz.

Warum ist es ausgerechnet der Sellerie?

Das hat damit zu tun, dass 20 bis 25 Prozent der Schweizer Bevölkerung unter Heuschnupfen leiden. Ganz viele reagieren auf Baumpollen – besonders auf jene der Birke und des Beifuss', die bei uns häufig vorkommen. Wer auf eine dieser Pollen allergisch ist, reagiert aufgrund einer Kreuzreaktion. Birkenpollen etwa beherbergen das gleiche Eiweiss wie der Sellerie. Auch Stein- und Kernobst, wie Äpfel und Kirschen, können relevante Quellen für solche Allergien sein.

Wie finde ich heraus, ob ich Sellerie tatsächlich nicht vertrage?

Manche merken, dass es im Mund juckt und kratzt. Es gibt aber auch solche, die reagieren heftig, etwa mit Nesselfieber, Schwellungen oder einem allergischen Schock. Wer weiss, dass er allergisch isst, verzichtet auf Selleriesalat. Aber Sellerie wird oft als Würze in Suppen oder Gewürzmischungen verwendet. Das macht es viel schwieriger, ihm aus dem Weg zu gehen.

Peter Schmid-Grendelmeier ist Leiter der Allergiestation, der Dermatologischen Klinik am Universitätsspital Zürich.
Peter Schmid-Grendelmeier ist Leiter der Allergiestation, der Dermatologischen Klinik am Universitätsspital Zürich.
Bild: zvg

Was ist zu tun, wenn ich unsicher bin?

Viele merken es, wenn sie sich selber beobachten. Im Zweifelsfall kann ein Hauttest beim Arzt die Allergene präzise nachweisen. Eine weitere Möglichkeit ist ein Bluttest, der Lebensmittel- wie Pollenallergien anzeigt.

Angenommen ich weiss nicht, dass ich auf Sellerie reagiere. Was passiert, wenn ich trotzdem weiterhin munter Selleriesaft trinke.

Speichel und Magensaft bauen das allergieauslösende Eiweiss ab. Auch das Kochen verändert die Struktur des Selleries – gekocht ist er weniger heikel als roh. Wer nicht allergisch ist, kann seine Smoothies unbedenklich weitertrinken. Wenn es beim Kribbeln im Mund bleibt, dann auch. Wer hingegen innert Minuten oder spätestens zwei Stunden später andere Symptome verspürt, muss wirklich aufpassen.



Wie behandeln Sie eine Sellerieallergie?

Wer an einer Lebensmittelallergie leidet, muss in erster Linie aufpassen, was auf den Teller kommt. Im Falle einer akuten allergischen Reaktion ist es für Betroffene ratsam, ein Antihistaminikum oder Notfallmedikamente dabei zu haben. Bei einer pollenassoziierten Lebensmittelallergie kann je nach Schweregrad auch eine Hyposensibilisierung ein Weg sein.

Merken Sie den Smoothie-Hype auf der Allergiestation?

Ja, das merken wir sehr. Nebst Sellerie sind auch Kern- und Steinobst häufige Auslöser für Allergien. Wir hatten mal einen Patienten, der täglich anderthalb Kilo Kiwi ass. Von solchen Mengen kriegt man auch Verdauungsprobleme, eine sogenannte Fruktosemalabsorption. Ich denke, den Fruchtsaft sollte man so nehmen, wie er ist: als etwas Gesundes und Gutes, aber auch als eine Art Genussmittel.

Weitere Informationen zu Kreuzreaktionen mit Nahrungsmitteln finden Sie auf diesem Merkblatt des Allergiezentrums Schweiz (aha). 

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