Schnell, schneller, SennaDas schnellste Strassenauto aller Zeiten: McLaren Senna
dpa
7.8.2018
Der neue McLaren Senna ist so ziemlich der schärfste Supersportwagen, den man für Geld und gute Worte kaufen kann. Doch wer ihn fahren will, muss fast genauso schnell sein wie das Auto selbst. Denn mehr als 500 Exemplare werden nicht gebaut. Ein Fahrbericht.
Die Fahrer von Ferrari und Lamborghini sehen harten Zeiten entgegen. Denn aus England kommt jetzt ein Supersportwagen, der auch den schärfsten Italienern die Schau stiehlt. Der neue McLaren Senna im Test.
Niemand geringerer als die Formel-1-Legende Ayrton Senna stand Pate für das neueste Modell der McLaren Ultimate Series, das in diesem Sommer an den Start geht.
Wer dabei am Steuer sitzen will, muss allerdings nicht nur gut fahren können und bei einem Preis von fast einer Million Schweizer Franken über ausreichend Geld verfügen, sondern auch besonders schnell sein. Denn McLaren baut nur 500 Exemplare, und die waren schon vor der Messepremiere in diesem Frühjahr in Genf mehrfach überzeichnet.
Der Star auf Strassen und Strecken
Wer einen der raren Renner ergattert, wird auf jeder Strasse zum Star und auf jeder Strecke zum uneinholbaren Helden. Auf dem Boulevard der Eitelkeiten ist der Überflieger ein Blickfang, weil kein anderer Sportwagen so eine aufwendige Aerodynamik und deshalb einen so grossen Spoiler hat - von den schräg nach oben öffnenden Türen mit den doppelten Fenstern und dem spektakulär inszenierten Auspuff ganz zu schweigen.
Aber der Senna liefert nicht nur eine Show: Er ist ein waschechter Rennwagen, der nur mühsam ins Korsett der Strassenzulassung gezwängt wurde.
Schnell, schneller, Senna
Die Form folgt deshalb allein der Funktion, und neben Eitelkeiten geht es hier auch um Eiligkeiten: Schnell, schneller, Senna lautet die Devise. Und das Datenblatt lässt daran keinen Zweifel: Der V8-Motor hinter den Sitzen holt aus seinen 4,0 Litern Hubraum 597 kW/800 PS hervor und schleudert das Coupé mit bis zu 800 Nm dem Horizont entgegen.
Damit sind die ersten 100 km/h nach 2,8 Sekunden erreicht, die «200» flimmert nach 6,8 Sekunden über das digitale Cockpit, das sich auf der Rennstrecke aus dem Blickfeld klappt. Tempo 300 ist nach insgesamt 17,5 Sekunden erreicht. Wer den rechten Fuss stehen lässt, fliegt mit bis zu 340 km/h über die Start-Ziel-Gerade - ein Verkehrsflugzeug hat da längst schon abgehoben.
Gefühlsecht bei jedem Gasstoss
Schon in der Theorie ist das aufregend. Doch wenn man das am Steuer erlebt, verschlägt es einem tatsächlich den Atem. Allein die Fliehkraft presst einem die Luft aus den Lungen und die Augen verschwinden beim Kickdown tief in den Höhlen - so schnell schiesst der Senna davon.
Und als wäre das noch nicht intensiv genug, haben die Briten auch noch auf fast alle Isolation verzichtet. Wo die Motoren sonst wie in Watte gepackt sind, darf der V8 hier die enge Kabine mit Schall und Vibration fluten.
Und zwar nicht, um den Fahrer zu quälen, sondern um ihn zu einem Teil der Maschine zu machen. Man muss gar nicht mehr ablesen, wie hoch der Motor dreht und wie schnell das Auto fährt, sondern man hat es buchstäblich im Gefühl.
Kampfjet in Karbon
Dabei sitzt man in einem Karbon-Cockpit wie ein Pilot auf Flughöhe Null: Der Ausblick ist dank der grossen Panorama-Scheibe und den Gucklöchern auf Kniehöhe perfekt.
Die wenigen Schalter in den Dachhimmel gerückt, das Ambiente radikal aufs Allernötigste reduziert, die Schalensitze eng wie Schraubstöcke und die Sechs-Punkt-Gurte fest vor dem Bach gespannt – so muss sich Tom Cruise in Top Gun gefühlt haben. Und warum das Auto eine Strassenzulassung braucht, will man da auch nicht verstehen. Denn länger als ein paar Kilometer hält das am Stück ohnehin keiner aus.
Im Rausch des Rasens
Entsprechend intuitiv treibt man den Senna über die Strecke und fährt bald wie in Trance. Der Reiz des Rasens ist so gross, dass er zu einem Rausch wird und man in lichten Momenten einen schweren Kater fürchtet. Doch der bleibt in diesem Auto aus.
Der McLaren ist brutal, kompromisslos und kennt keine Grauzone. Jeder noch so kleine Dreh am Lenkrad reisst ihn herum, jeder Hauch mehr Gas führt zu einer Explosion an Vortrieb, das Fahrwerk bietet kaum mehr als eine Illusion von Komfort.
Und wenn man auf die Bremse steigt, hat man den Eindruck, der Senna schiebt den Asphalt vor seinen Rädern auf, so ultimativ ist die Verzögerung. Doch offenbar gibt es für dieses Auto keine physikalischen Gesetze. In Kurven verlässt eher den Fahrer der Mut als das Auto der Grip. Egal wie spät man vor einer Schikane bremst, am Ende ist man immer schon viel zu langsam.
Fazit: Fahren wie in der Formel 1
Radikal und brachial, aber dabei in jeder Hinsicht berechenbar – so verdient sich der McLaren den Namen Senna zu Recht. Denn viel näher kann man der Formel 1 mit einem Strassenauto nicht kommen.
Selbst wenn der Bugatti schneller und der eine oder andere Italiener stärker ist, fährt der McLaren Senna in einer eigenen Liga und lässt alle anderen hinter sich. Genau wie der Held, der für dieses Auto Pate stand.
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