Mitgift, Gottheit oder Nutztier Eine kraftvolle Hommage an die Kuh

Kerstin Degen

12.3.2019

Das Rind spielte in unserer Gesellschaft schon immer eine tragende Rolle. Werner Lampert erzählte Kühen von seinem ersten Liebeskummer und las ihnen Gedichte vor. Diese innige Bindung, die er seit Lebzeiten zu den Paarhufern hegt, zeigt sich auch in seinem Bildband.

«Ganze Weltalter voll Liebe werden notwendig sein, um den Tieren ihre Dienste und Verdienste an uns zu vergelten», diesen Satz von Christian Morgenstern zitiert Werner Lampert in seinem beeindruckenden Sammelwerk Die Kuh – Eine Hommage. So wird dem Betrachter schnell klar: Es handelt sich um ein echtes Herzensprojekt des österreichischen Bio-Unternehmers.

Der Mann, der seit 45 Jahren auf die Entwicklung, Erzeugung und Vermarktung nachhaltiger Bio-Produkte und Konsumgüter spezialisiert ist, zählt Kuh und Rind seit Kindestagen zu seinen treuesten Gefährten. «Ja, es gibt eine Verbindung zwischen Mensch und Kuh», so der Autor in seinem Vorwort. «Und über dieses Band berichtet dieses Buch in Bildern und Texten. Es berichtet über die Seele der Rinder, über die Freude der Menschen an Rindern und über das, was zu verlieren gehen droht.»

Afrikanische Gottheiten im Wallis

Bis zur Pfahlbauerkultur anno 4'000 vor Christus führt die Spurensuche nach den Vorfahren der Rinder, die heute in den Deutschschweizer Voralpen heimisch sind. Den Walliser Kühen werden gar afrikanische Wurzeln nachgesagt. Eine nubische Gottheit, namentlich der Apis-Stier, soll Vorfahre der im Wallis ansässigen Eringer und Evolèner Kühe sein.

Inmitten von Kühen fühlte er sich stark und behütet. Werner Lampert begründet in seinem Bildband, warum unsere religiöse, kulturelle und gesellschaftliche Entwicklung ohne Rinder so nicht möglich gewesen wäre.
Inmitten von Kühen fühlte er sich stark und behütet. Werner Lampert begründet in seinem Bildband, warum unsere religiöse, kulturelle und gesellschaftliche Entwicklung ohne Rinder so nicht möglich gewesen wäre.
Bild: Peter Meyer

Die Eringer haben die schwarze Färbung der ägyptischen Gottheit, die Evolèner tragen den weissen Stern auf der Stirn, den Stiere nach altem Glauben tragen mussten, um als Reinkarnation auserwählt zu werden. 

Neben Herkunft, Mythen und Verbreitung der Rinderarten auf unserer Welt, bringt der Bildband auch Fakten, die wohl den wenigsten Lesern wirklich bewusst sein dürften: Bison und Wisent sind eigentlich auch nur Kühe, in Indien gibt es Kühe, die nach einer Mischung aus Basset Hound und Ziege aussehen, und das Horn eines Texas Longhorn kann, von einer Spitze zur anderen gemessen, über 2,50 Meter messen.

Lässt man wiederum hierzulande die Ballungszentren hinter sich, fährt man unweigerlich früher oder später an grasenden Kühen vorbei. Die Kuh und ihr träges Glockengebimmel ist in der Schweiz beinahe allgegenwärtig. Umso mehr erstaunt die Tatsache, dass einige der Kühe, die unser Land besiedeln, äusserst selten sind und gar vom Aussterben bedroht. Der Bestand an Rätischem Grauhvieh und besagten Evolènern beläuft sich bereits auf unter 500 Tiere.

Höchste Zeit, dem Rind die ihm gebührende Aufmerksamkeit zukommen zu lassen – mit diesem gelungenen Sammelwerk und ein paar Ausflügen in die Natur.


Bibliografie: Die Kuh - Eine Hommage von Werner Lampert, erschienen bei teNeues, 480 Seiten, 230 Farbfotografien und 18 Illustrationen, ISBN: 978-3-96171-178-9, ca. 69.90 Fr.

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