Die KolumneDie Wohnung als Spiegel unserer Seele: Deswegen tut Aufräumen gut
Kerstin Degen
7.10.2018
Ein Zuhause erzählt viel über seine Bewohner und deren Gemütszustand. So leben die einen im organisierten Chaos, bei den anderen herrscht akribische Ordnung, wieder andere scheren sich einen Dreck um Regale, Kleiderbügel und andere Ordnungshilfen.
Sind Sie schon mal durch Ihre Wohnung gelaufen und haben sich gefragt, welche Gegenstände Sie wirklich glücklich machen? Wahrscheinlich nicht, denn auf den ersten Blick mutet dieses Gebärden etwas befremdlich an. Und doch wurde aus dem Glücksgefühl, welches Besitztümer in uns auslösen – oder eben nicht, eine globale Welle des Aufräumwahns.
Ich persönlich liebe es ja, Dinge zu ordnen und zu sortieren. Schon bevor ich über «Das grosse Magic Cleaning Buch» der Japanerin Marie Kondo gestolpert bin, standen die Bücher in meinem Regal nach Farben geordnet. Auch die Legosteine meiner Kinder sind meinem Sortierwahn zum Opfer gefallen, gelb zu gelb, grün zu grün, Steinchen für Steinchen haben wir uns gemeinsam durch eine riesige Kiste gewühlt. Glücklich und zufrieden betrachteten wir nach getaner Arbeit unser Werk.
Während meine Tochter und ich uns noch am Anblick der in Regenbogen-Manier angeordneten Klötzchen ergötzten, stand mein Mann nur kopfschüttelnd daneben.
Ob jemand die Ordnung oder das Chaos bevorzugt, bleibt am Ende wohl eine Frage des Charakters. Doch der Trend zum Minimalismus macht auch vor der Schweiz nicht halt. Decluttering - entschlacken - lautet das Motto, welches unserem Leben Struktur, Ruhe und vor allem Seelenfrieden bringen soll.
Aufräumen für die Seele
Und das Bedürfnis nach Ruhe und Zufriedenheit ist allgegenwärtig. Eine Tatsache, die Marie Kondo und ihrer zertifizierten KonMari-Methode zu Weltruhm verhalf. Was aber steckt dahinter?
Die Methoden der japanischen Aufräumkönigin sind simpel, alles was nicht benutzt wird, seit Jahren herumliegt oder es nur in die Kategorie «irgendwann» schafft, wird entsorgt. Nicht im Keller, nicht auf dem Estrich, sondern endgültig.
Dabei beginnt sie immer beim Kleiderschrank, dann folgen Bücher, Magazine, Kleinkram und Alltagsgegenstände. Erst ganz am Ende kommen die Erinnerungsstücke, von denen sich zu trennen uns am schwersten fällt.
Nun ist es aber nicht jedermanns Sache, sich mit einem Ratgeber aus der Buchhandlung vor den Kleiderschrank zu setzen und dem Ausmisten zu widmen. Auch da weiss Marie Kondo Rat, denn ihre Methoden können in Seminaren erlernt werden, weltweit gibt es also zertifizierte professionelle Aufräum-Coaches, die Menschen, denen der Antrieb fehlt, zur Hand gehen können.
Zusammen macht es auch einfach mehr Spass, sagt die Thalwiler Aufräumexpertin Karine Paulon, Ordnungscoach und Gründerin von à jour, auf ihrer gleichnamigen Homepage. Zu ihren Kunden zählen Menschen jeglichen Alter und Geschlechts, die meisten von Ihnen befinden sich im Umbruch. Sie brauchen mehr Platz in der Wohnung, weil der Freund oder die Freundin einzieht, sind es leid, den Kindern alles hinter herzuräumen oder sie wagen gerade einen Neustart und wollen sich auf das Wesentliche konzentrieren.
Klar, die Arbeit ist zeitaufwendig, ob alleine oder mit Beratung. Die Resultate sprechen aber für sich. So bestätigt auch die Klientele von Frau Paulon ein anhaltendes Glücksgefühl und der Aufräumcoach selbst sagt: «Ja, Ausmisten entlastet die Seele. Wir gehen mit jedem Gegenstand, ob nun bewusst oder unbewusst, eine 'Beziehung' ein. Wenn das Gefühl, welches dieser in uns weckt nun negativ ist, belastet uns das. Wir haben ein schlechtes Gewissen, es macht uns traurig, etc... Verschwinden nun all diese Sachen aus unserem Leben - nachdem wir uns damit auseinandergesetzt haben - können wir leichter und entspannter weitermachen. Wir wissen dann was wir wollen und was uns guttut.»
Von Materialismus zu Minimalismus
Daneben vermittle das Entrümpeln auch ein Gefühl von Freiheit. Man merke, wie sehr unser Alltag von materiellen Dingen gesteuert wird. Der Vorher-Nachher Effekt sei zudem so beeindruckend, dass kein Kunde mehr zum alten Zustand zurückkehren möchte. Denn dank der vorherrschenden Ordnung und der Beschränkung auf das Wesentliche fallen viel weniger Aufräumarbeiten im Alltag an, das schafft Zeit für neue Projekte oder dafür, einfach mal die Seele baumeln zu lassen. Und noch ein positiver Effekt soll nicht unerwähnt bleiben. Wer weiss, was er will und sich auch in Zukunft genau überlegt, was er wirklich braucht, kann durchs Aufräumen auch noch Geld sparen.
Zugegeben, manche Praktiken der Japanerin sind gewöhnungsbedürftig, beispielsweise habe ich mich noch nie bei einem Gegenstand für seine Dienste bedankt, bevor ich ihn ins Sperrgut geschmissen habe. Dennoch gefällt mir ihr Konzept, sich auch im Haushalt auf das Wesentliche zu beschränken. Und ganz nebenbei lernen Sie noch, ihre Unterhosen auf Streichholzschachtelgrösse zu falten.
Sinn oder Unsinn - dieses Urteil dürfen Sie selber fällen. Mir persönlich bereitet der Anblick meines Post-KonMari-Kleiderschrankes tagtäglich Freude und ich habe auch schon eine ganze Menge Leute damit angesteckt.
«Die Kolumne»: Ihre Meinung ist gefragt
In der Rubrik «Die Kolumne» schreiben Redaktorinnen und Redaktoren von «Bluewin» regelmässig über Themen, die sie bewegen. Leserinnen und Leser, die Inputs haben oder Themenvorschläge einreichen möchten, schreiben bitte eine Mail an: redaktion2@swisscom.com
Bräuche zur Weihnachtszeit: Wie lange hast du an das Christkind geglaubt?
Der Samichlaus, das Christkind und der Weihnachtsmann spielen eine grosse Rolle in der Adventszeit. Doch wie lange hast du daran geglaubt? blue News stellt diese Frage und noch mehr an die Passanten in Zürich.
10.12.2024
Nadia Brönimann: «Deswegen wird sie in der Trans-Community angefeindet»
Eine Netflix-Doku erzählt die Transformation-Geschichte des Zehnkampf-Olympiasiegers Bruce Jenner. Transfrau Nadia Brönimann hat sich «Untold: Caitlyn Jenner» angeschaut und erklärt, was sie von der öffentliche Inszenierung hält.
04.10.2021
«Es gibt Armut in der Schweiz, das wollen viele nicht wahrhaben»
Die Armut ist hierzulande kaum sichtbar. Aber es gibt sie. Betroffene haben oft das Gefühl, von einer ansteckenden Krankheit befallen zu sein. «blue News»-Redaktor Bruno Bötschi besuchte eine Abgabestelle der Lebensmittel-Hilfe Tischlein deck dich.
13.09.2021
Hüfthoch in den Fluten – Feuerwehr: Schutz von Leib und Leben hat Prämisse
Augsburg/Pfaffenhofen an der Ilm , 02.06.2024: Es sind erschreckende Bilder aus dem Süden Deutschlands. Hüfthoch stehen Menschen in den Fluten.
In Teilen Bayerns spitzt sich die Hochwasserlage zu: In mehreren Orten sind Menschen aufgefordert worden, sich in Sicherheit zu bringen.
Ein 42 Jahre alter Feuerwehrmann ist laut Landratsamt bei einem Einsatz in Oberbayern in Pfaffenhofen an der Ilm verunglückt.
Unterdessen ist nun auch die Bundeswehr im Hochwassereinsatz. Im Landkreis Dillingen a.d. Donau unterstützten nach Angaben der dortigen Behörden rund 70 Soldaten beim Befüllen von Sandsäcken.
Und der Deutsche Wetterdienst erwartet weiteren Regen. Die Unwetter der vergangenen Tage haben mancherorts binnen 24 Stunden mehr Regen fallen lassen, als im Durchschnitt in einem Monat erwartet wird.
In Baden-Württemberg atmen unterdessen die ersten Einsatzkräfte vorsichtig auf. Ein ICE, der im Schwäbisch Gmünd wegen eines Erdrutsches in der Nacht engleiste, soll im Laufe des Mittags geborgen werden. Verletzt wurde niemand.
In Bayern ist die Lage weiter angespannt. Ein Vertreter der Feuerwehr sagt, im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm herrsche aktuell ein unberechenbares Hochwasser, das man so auch noch nie verzeichnen habe. Die Prämisse laute nun: Schutz von Leib und Leben.
03.06.2024
Dress Up & Dye: Ein Mantel in Camel, drei Looks
Der camelfarbene Mantel ist ein unerlässliches Kleidungsstück in unserer Garderobe und noch dazu gerade sehr angesagt. Im Video zeigen wir den Camel Coat in drei Styling-Varianten.
25.02.2021
Bräuche zur Weihnachtszeit: Wie lange hast du an das Christkind geglaubt?
Nadia Brönimann: «Deswegen wird sie in der Trans-Community angefeindet»
«Es gibt Armut in der Schweiz, das wollen viele nicht wahrhaben»
Hüfthoch in den Fluten – Feuerwehr: Schutz von Leib und Leben hat Prämisse