Allein unter Pärchen Plötzlich wieder Single – was geschieht mit den Freunden?

Sabine Maurer, dpa

8.5.2019

Eine Trennung betrifft nie nur das Paar alleine, sondern auch Freunde und Familie.
Eine Trennung betrifft nie nur das Paar alleine, sondern auch Freunde und Familie.
Bild: Getty Images

Es macht sich bezahlt, wenn man in der Partnerschaft seinen eigenen Freundeskreis hegt und pflegt. So steht man nach einer Trennung vom Partner nicht alleine da. Denn im gemeinsamen Freundeskreis geht oft einiges kaputt.

Wenn ein Paar sich trennt, betrifft das letztlich nicht nur die beiden –sondern auch den gemeinsamen Freundeskreis. Die Trennung wirbelt einiges durcheinander. «Das ist ein sehr komplexes Problem. Der Freundeskreis muss sich erst neu justieren», erklärt Hans Onno Röttgers, leitender Psychologe an der Marburger Universität. Das ist anstrengend und unangenehm. Wenn es schlecht läuft, steht der Betroffene plötzlich ohne Freunde da.

Mögliche Gründe hierfür gibt es viele. Zum einen müssen sich die Freunde erst einmal klar darüber werden, mit wem von beiden sie befreundet bleiben wollen. Im Idealfall kann zwar die gute Beziehung zu beiden fortgeführt werden, das ist jedoch selten. «Dies hängt auch davon ab, wie sich das Ex-Paar verhält», erklärt Röttgers.

Platzt die Party, wenn beide eingeladen werden? Waschen sie dreckige Wäsche und fordern von ihren Freunden, das Verhalten des Ex-Partners zu verurteilen? Oder hören sie mit dem Jammern gar nicht mehr auf und erwarten dauerhaftes Mitleid? Dies alles macht es dem Freundeskreis schwer bis unmöglich, die gute Beziehung aufrechtzuerhalten. «Sie sind damit überfordert», so Röttgers.

Allerdings gibt es häufig auch das umgekehrte Phänomen: Freunde, die ungefragt den Therapeuten oder Richter spielen. «Solange man nicht selbst betroffen ist, haben Trennungen einen Sensationswert», sagt Heike Blümner, Mitautorin des Buchs «Schluss jetzt. Von der Freiheit, sich zu trennen». Die Ex-Beziehung wird bis ins Kleinste analysiert, alle sind plötzlich Spezialisten. Schliesslich lenkt das Scheitern von anderen von den eigenen Unzulänglichkeiten gut ab.

Ferien von Freunden nehmen

Doch das Gemeine daran: Das Drama bei dem Ex-Paar wird dadurch nur noch verstärkt. Die Autorin rät daher, von solchen Freunden «ein paar Monate Ferien» zu nehmen. Das Gleiche gelte für Freunde, die nicht auf Einladungen reagieren oder «vergessen», einen etwa zum Geburtstag einzuladen. Der Fachmann Röttgers sieht das jedoch anders. Er empfiehlt, was Psychologen wohl für alle schwierigen zwischenmenschlichen Situationen raten: miteinander reden.

Heike Blümner ist Mitautorin des Buchs «Schluss jetzt. Von der Freiheit, sich zu trennen».
Heike Blümner ist Mitautorin des Buchs «Schluss jetzt. Von der Freiheit, sich zu trennen».
Bild: dpa

Wenn das Gespräch von beiden Seiten offen und ehrlich geführt wird, kommen die Gründe für den Rückzug ans Tageslicht. Zum Beispiel, dass sich die Freunde nicht einmischen wollen. Sie Angst haben, sich auf eine Seite zu schlagen, wenn sie nur einen Teil des Ex-Paares einladen. Sie befürchten schlimme Szenen auf der Party, wenn beide kommen. Fühlen sich generell bei der Situation unsicher. Oder sie sind einfach zu bequem, um sich möglichen Ärger ins Haus zu holen.

«Wenn man nicht mehr eingeladen wird, sollte man im Gespräch mit den Freunden nur Feststellungen treffen und keine Unterstellungen», rät die Psychologin Julia Scharnhorst . Möglich sind etwa die Sätze: «Ich habe gehört, ihr habt gefeiert. Sonst war ich doch auch eingeladen. Was ist denn los?»

Singles stellen eine Bedrohung dar

Schwierig wird es allerdings mit der Ehrlichkeit, wenn sich der Freundeskreis – bewusst oder unbewusst – mit den Gefühlen Neid und Eifersucht plagt. Der neue Single wird beneidet, weil er frei ist und tun kann, was er will. Oder man steckt selbst in einer nicht so tollen Partnerschaft und beneidet jeden, der diesen Angst einflössenden Schritt geschafft hat.

Hinzu kommt: Der andere ist nun Single und damit eine potentielle Bedrohung für die eigene Partnerschaft. Das spricht zwar nicht für ein grosses Vertrauen in die Freundschaft, ist aber nach Auskunft der Experten ein häufiger Grund für den Rückzug von Freunden.

VIele Menschen glauben nach einer Trennung, nichts mehr wert zu sein. Das macht die Situation für die Beteiligten schwierig.
VIele Menschen glauben nach einer Trennung, nichts mehr wert zu sein. Das macht die Situation für die Beteiligten schwierig.
Bild: Getty Images

Auch ansonsten hat so mancher seine Probleme, mit einem Single umzugehen. Je nach Wohnort und Bildungsschicht wird auf Singles ohnehin mit Argwohn geblickt, das Leben ohne Partner ist dort gesellschaftlich nicht erwünscht.

Zudem kommt auch hier wieder das Thema Unsicherheit. Manch einer stellt sich die Frage, ob er den Freund oder die Freundin auf eine Geburtstagsfeier einladen kann, zu der ansonsten nur Paare kommen. Zudem befürchtet er, dass er sich um ihn oder sie auf der Feier besonders kümmern muss. Auch hier hilft wieder das Gespräch zwischen den Betroffenen.

Das fällt umso leichter, je mehr Selbstbewusstsein der frisch Getrennte hat. «Wenn er verlassen wurde, sich nicht komplett fühlt und es ihm davor graut, alleine zu sein, steht ihm diese Selbstunsicherheit quasi auf der Stirn geschrieben», erklärt Röttgers. Zudem würden viele Menschen nach einer Trennung glauben, nichts mehr wert zu sein. Das alles macht die Situation für die Beteiligten schwierig. Ganz anders tritt ein überzeugter Single auf. Er hat positive Erwartungen, die meist erfüllt werden. Die Chancen, dass er seinen Freundeskreis behält, sind viel höher als diejenigen eines pessimistischen Zwangs-Singles.

Pflege von Freundschaften lohnt sich

Wenn es jedoch trotzdem schiefläuft und man sich entfremdet, ist derjenige in einer guten Position, der während der Partnerschaft seinen eigenen Freundeskreis gepflegt hat – was auch aus anderen Gründen empfehlenswert ist. Ansonsten müssen neue Freunde gefunden werden. Das fällt allerdings mit zunehmendem Alter immer schwerer. «Früher besuchte man dieselbe Schule, später dieselbe Uni. Man hatte die gleichen Lebensumstände», erklärt Scharnhorst.

Doch dann entwickelt sich jeder auf seine Art fort. Ein weiteres Problem ist oft die knappe Freizeit. «Das Sinnvollste ist einfach, sich ein Hobby zu suchen», rät Scharnhorst. Und zwar am besten eines, in dem relativ schnell Bekanntschaften entstehen.

Ungeeignet sind etwa Theaterbesuche oder der Fitnesskurs bei lauter Musik, nach dem alle wieder schnell ihrer Wege gehen. Dagegen ist zum Beispiel der Besuch von Sprachkursen empfehlenswert oder das Joggen in einer Laufgruppe: Hier duzen sich sofort alle, man sieht sich regelmässig, kann sich unterhalten und hat ein gemeinsames Erlebnis.

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