Crowdlending«Wer Geld braucht, wird über unsere Plattform fündig»
Marianne Siegenthaler
26.2.2019
Crowdfunding boomt in der Schweiz. Noch weniger etabliert, aber auch spannend ist das Crowdlending, der sogenannte Schwarmkredit. Ein Fachmann erklärt, wie diese neuartige Beschaffung von Geld funktioniert.
Früher gingen Firmen für Kredite zur Bank. Heute gibt es eine Alternative: Unternehmen können ohne Finanzinstitut direkt bei Investoren Fremdkapital beschaffen. Diese so genannte Peer-to-peer-Finanzierung wird durch eine unabhängige Plattform vermittelt.
Crowdlending (aus dem Englischen «crowd» für Masse und «lending» für ausleihen) ist eine neue Form für Finanzgeschäfte, man spricht auch von «Direct Lending» oder «Marketplace Lending». Angebot und Nachfrage in finanziellen Belangen werden über Online-Marktplätze abgewickelt und machen die Geschäfte einfacher, transparenter und effizienter für alle Beteiligten.
Einer der Pioniere dieser Art Online-Kreditvermittlung ist Alwin Meyer, Co-Gründer von Swisspeers. Der Finanzexperte erklärt im Interview mit «Bluewin», wie das konkret funktioniert und wer davon profitieren kann.
Herr Meyer, was halten Sie vom Schuldenmachen?
Ein gesundes Mass an Fremdkapital hilft jedem Unternehmen, schneller vorwärts zu kommen. Der private Konsum hingegen soll meines Erachtens aus dem eigenen, bereits verdienten Geld finanziert werden. Denn es gilt immer zu unterscheiden zwischen Investition, die der Wertvermehrung dient, und dem Konsum, der dieses Ziel nicht verfolgt.
Sie vermitteln Kredite an KMU mit Finanzierungsbedarf bis zu einer Million Franken. Wie funktioniert das genau?
Wir bringen über unsere Online Plattform www.swisspeers.ch Unternehmen, die Geld benötigen, mit Investoren zusammen, die Geld anlegen möchten. Investoren können sowohl Private wie auch Grossanleger, also zum Beispiel Stiftungen sein.
Was unterscheidet Sie als Kreditvermittler von einer Bank?
Wir vermitteln das Geld transparent und direkt zwischen Investoren und Unternehmen. Es ist immer klar, wer wem Geld schuldet.
Wie hoch sind die Kredite von Swisspeers?
Wir vermitteln Firmenkredite ab 50‘000 Franken oder Euro.
Wie gehen Sie vor, wenn ein KMU Geldbedarf hat und an Sie gelangt?
Erst stellen die Unternehmen online einen Kreditantrag und erhalten sofort eine Preisindikation. Wir prüfen diesen Antrag sorgfältig und schreiben ihn auf dem Online-Marktplatz zur Finanzierung aus. Schliesslich wird das Darlehen nach erfolgreicher Auktion an das Unternehmen ausbezahlt.
Wie geht es weiter?
Mit dem aufgenommenen Fremdkapital tätigt das Unternehmen die geplante Investition. Die Firma eröffnet beispielsweise einen zusätzlichen Standort oder stellt weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein. Über die Laufzeit bezahlt das Unternehmen in monatlichen Raten den Kreditbetrag mit Zinsen zurück. Wir als Plattformbetreiber verteilen die Rückzahlungen anteilsmässig an die Investoren.
Welche KMU haben gute Chancen auf einen Kredit, welche nicht?
Die Firma muss zwei volle Jahre im Geschäft sein und in der Lage, das aufgenommene Darlehen über die gewählte Laufzeit zurückzuzahlen. Zudem prüfen wir sorgfältig, ob die Unternehmer vertrauenswürdig sind und auch willens, den Kredit zurückzuzahlen.
Im Grunde sind ja die Banken für Kredite zuständig. Inwiefern profitieren KMU, wenn sie sich an Swisspeers statt an Banken wenden?
Zwei Drittel der Schweizer KMU finanzieren sich ohne Bank. Innerhalb des bankfinanzierten Drittels sind 75 Prozent der Unternehmen vollständig abhängig von einer einzigen Bank. Darüber hinaus haben gemäss einer SECO-Studie rund 35'000 Unternehmen unbefriedigten Finanzierungsbedarf. Um überhaupt an eine Finanzierung zu gelangen oder um die Abhängigkeit von einer alleinigen Finanzierungsquelle zu verringern, besteht also eine grosse Nachfrage an alternativen, modernen Finanzierungsquellen.
Sind Sie eine Konkurrenz für die Banken oder füllen Sie eine Nische?
Wir füllen eine Lücke, in welcher die Banken grundsätzlich nicht operieren. Entweder sind die Kreditbeträge für eine profitable Abwicklung zu klein, oder die Bank kann beziehungsweise will das Risiko nicht eingehen.
Als Investor kann sich jeder registrieren, der einen gewissen Anlagebetrag zur freien Verfügung hat, diesen sinnvoll investieren will und einen Zins verdienen möchte. Das gilt für Private ebenso wie für institutionelle Anleger, also zum Beispiel Pensionskassen.
Wie läuft das konkret ab für Investoren, die Geld anlegen wollen?
Schreibt ein Unternehmen einen Kreditantrag aus, werden die Investoren informiert. Sie entscheiden, ob sie in das Kreditprojekt investieren wollen oder nicht. Alternativ definieren sie ihre Anlagekriterien, und unsere Plattform übernimmt die Gebotsabgabe. In jedem Fall gibt es zum Unternehmen und dem Kreditprojekt umfassende Informationen. Meist präsentieren sich die Unternehmen sogar mit ihrem Namen. Diese neue Transparenz erlaubt den Investoren, nach ihren eigenen Vorstellungen den Unternehmen Geld zur Verfügung zu stellen, die gemäss ihren persönlichen Vorstellungen wirtschaften.
Wie sicher ist Ihr Konzept für Investoren?
Die Investition in Unternehmenskredite ist nicht ohne Risiko und deshalb auch keine Alternative zu einem Sparkonto. Ich verdiene im Durchschnitt 5,5 Prozent Zins, weil ich das Risiko eines möglichen Konkurses übernehme. Der Investor muss also ein gewisses Mass an Risikofähigkeit mitbringen. Allerdings relativiert sich das Risiko eines Verlusts, wenn man den Anlagebetrag auf viele Kreditprojekte verteilt, um vom Problem einer einzelnen Firma nicht zu stark betroffen zu sein.
Wenn die KMU Konkurs geht, verliert der Investor sein Geld aber trotzdem, oder?
Das kommt drauf an: Verteilt der Investor seine Anlage auf mehrere Unternehmen, verliert er nur einen Teil seines Geldes. Setzt er hingegen auf ein einziges Unternehmen, das Konkurs geht, ist der Verlust grösser. Es spielt aber in beiden Fällen eine Rolle, wann der Konkurs eintritt: Je mehr Zeit seit der Kreditvergabe verstrichen ist, desto kleiner ist der Verlust, weil die KMU ja allmonatlich Rückzahlungen tätigen muss.
Zur Person: Alwin Meyer
Alwin Meyer, 46, hat an der Universität St. Gallen Banking studiert und war im Risikomanagement für Finanzinstitute in einer global tätigen Softwarefirma tätig. 2015 gründete er zusammen mit Andreas Hug und Stefan Nägeli das in Winterthur ansässige Unternehmen Swisspeers. Seit dem Marktstart Mitte 2016 wurden über 180 Projekte erfolgreich finanziert.
Coco – der Engel aus Bern, den die Welt nicht verstand
Coco – der Engel aus Bern, den die Welt nicht verstand
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Bild: Olivier G. Fatton, «Coco», Edition Patrick Frey, 2019
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Bild: Olivier G. Fatton, «Coco», Edition Patrick Frey, 2019
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Bild: Olivier G. Fatton, «Coco», Edition Patrick Frey, 2019
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Bild: Olivier G. Fatton, «Coco», Edition Patrick Frey, 2019
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