Unsichere Sommerferien So sieht die Situation bei Fluggesellschaften und Reisebüros aus

Von Jennifer Furer

22.4.2020

Check-in bei Ferienbeginn letztes Jahr: Ob Airlines auch dieses Jahr Sommerdestinationan anfliegen können, ist alles andere als klar.
Check-in bei Ferienbeginn letztes Jahr: Ob Airlines auch dieses Jahr Sommerdestinationan anfliegen können, ist alles andere als klar.
Keystone

Bald sind sie da: die Sommerferien. Doch fallen sie dieses Jahr wegen der Corona-Krise ins Wasser? Das sagen Fluggesellschaften und Reisebüros dazu.

Die Massnahmen zum Schutz gegen das Coronavirus werden nach und nach gelockert. Die Menschen treibt es nach draussen, der Ruf nach Freiheit wird grösser. Umso stärker drängt sich deshalb nun die Frage auf: Ist es möglich, in die Sommerferien zu reisen?

Zwei Akteure sind bei der Beantwortung dieser Faktoren entscheidend: die Reisebüros und die Fluggesellschaften. Letztere haben ihren Flugbetrieb aufgrund der Covid-19-Pandemie stark zurückgefahren und mussten Teile ihrer Flugzeugflotte grounden.

Mehdi Guenin, Sprecher der Helvetic Airways, sagt, dass nach wie vor unklar sei, wann die Kapazitäten hochgefahren werden könnten. «Die Situation in der Flugbranche ist sehr dynamisch, weshalb eine genaue Planung äusserst schwierig ist.»

Es sei zwar angedacht, dass die Helvetic Airways ihren Flugbetrieb bald wieder aufnehme, so Guenin, aber: «Es ist unrealistisch, jetzt zu sagen, in welchem Monat und an welchem Tag dies geschehen wird.»

Billig-Fluggesellschaften drücken Preise

Die Fluggesellschaft sei im Grunde genommen bereit dafür, in die Normalität zurückzukehren. «Doch wann wir loslegen können, hängt von vielen Faktoren ab», sagt Guenin. Beispielsweise davon, wann Länder ihre Reisebeschränkungen aufheben und wann Hotels wieder öffnen würden.

Im Moment habe die Helvetic Airways zwei Flugzeuge in Belp und vier in Dübendorf geparkt. Sieben weitere Maschinen befänden sich in Zürich. «Trotz des derzeitigen Betriebsunterbruchs halten wir drei Flugzeuge für mögliche Rückholaktionen von Schweizern im Ausland und für Sonderflüge bereit», so Guenin. Die restlichen vier in Zürich stationierten Flugzeuge könnten innert 24 Stunden in Betrieb genommen werden.

Wie ebendieser Betrieb nach Corona und dem Lockdown punkto Hygiene- und Distanzregeln durchgeführt werden wird, werde derzeit analysiert. «Wir halten uns momentan an die Vorschriften des Bundesamtes für Gesundheit. Die Crew verfügt über Desinfektionsmittel und trägt an Bord Masken», sagt Guenin.

Derzeit sei es bei Helvetic Airways noch nicht der Fall, dass jeweils ein Sitz zwischen den Passagieren frei bleibe. «Wir prüfen intern, was diesbezüglich möglich ist», versichert Guenin. «Es stellt sich dabei die Frage, ob eine Fluggesellschaft wirtschaftlich rentabel fliegen kann, wenn nur die Hälfte der Kapazitäten nutzbar ist.»

Bei den momentan stattfindenden Rückholaktionen laute die Devise ausserdem: So viele Schweizerinnen und Schweizer pro Flug wie möglich in die Schweiz zurückzubringen. «Es macht keinen Sinn, in die Kanaren zu fliegen und mit einem halb leeren Flugzeug wieder zurückzukehren», so Guenin.

Die Frage nach der Wirtschaftlichkeit beschäftigt die Flugbranche derzeit in einem noch nie vorhandenem Ausmass. Während einige Fluggesellschaften Hilfe vom Staat erhalten, habe die Helvetic Airways genügend Liquidität sichergestellt, so Guenin. «Wir müssen und wollen keine Staatshilfe beantragen.»

Dennoch stelle sich die Frage, ob Airlines wie die Helvetic Airways nach der Corona-Krise auf ökonomischer Ebene mit Billig-Fluggesellschaften wie Easyjet, Ryanair oder Eurowings mithalten könnten. Letztere setzten in diesen Zeiten auf Preissenkungen.

«Wir können jetzt noch nicht sagen, wie sich die Preise in der Zukunft gestalten werden, auch hier ist die Situation sehr dynamisch», sagt Guenin. Einen Vorteil habe Helvetic Airways gegenüber anderen grossen Airlines allerdings: die Grösse der Flugzeuge. Helvetic hat in ihrer Flotte Flugzeuge des Typs Embraer E190-E1 (104 und 112 Plätze) und Embraer E190-E2 (110 Plätze). «Wir haben die richtigen Fluggeräte für die Zeit nach der Corona-Krise», so Guenin.

Eine Embraer E190-E1.
Eine Embraer E190-E1.
Eine Embraer E190-E2.
Eine Embraer E190-E2.
Keystone

Weil sie nicht all zu gross seien, sei es viel wahrscheinlicher, diese gut füllen zu können. «Andere Gesellschaften, die den Airbus A320 als kleinstes Flugzeug einsetzen, werden diesbezüglich grössere Mühe haben, weil sie pro Flug 180 Plätze besetzen müssen. Das wird schwierig.»

Ein Grossteil des Helvetic-Geschäfts kommt von Aufträgen der Swiss. Die Helvetic fliegt im sogenannten Wet-Lease-Verfahren für die grösste Schweizer Airline. Diese Verträge seien letztes Jahr erneuert worden. Trotzdem ist laut Guenin noch nicht klar, wie sie nach der Corona-Krise weitergeführt werden. «Wir stehen im engen Austausch mit der Swiss, um die Nach-Corona-Zeit zu planen.»

Bei der Swiss heisst es, dass eine sukzessive Wiederaufnahme des Flugbetriebes geplant sei. Sprecherin Sonja Ptassek sagt, derzeit würden verschiedene Szenarien hinsichtlich des Zeitpunktes der Wiederaufnahme, prioritärer Strecken und der Anzahl sowie Grösse der einzusetzenden Flugzeuge geprüft. «Ein definitiver Entscheid ist noch nicht gefallen und hängt auch von der weiteren Entwicklung – beispielsweise der Lockerung in der Schweiz und Einreisebestimmungen in den Zielländern – ab.»

Momentan biete die Swiss einen minimalen Flugplan an, der bei rund fünf Prozent des Normalbetriebs liege. «Das Ziel ist es, diesen Minimalflugplan so lange wie möglich aufrechtzuerhalten», sagt Ptassek. Die Auslastung der Flüge liege «sehr deutlich» unter derjenigen, welche die Swiss in regulären Zeiten verzeichne.

Zur Wirtschaftlichkeit einzelner Flüge gibt die Swiss keine Auskunft. Ptassek sagt aber, man erwarte keine schnelle Rückkehr der Luftverkehrsindustrie auf das Niveau vor der Corona-Krise – auch bei den Flugbewegungen nicht. «Nach unserer Einschätzung wird es Monate dauern, bis die globalen Reisebeschränkungen vollständig aufgehoben sind und Jahre, bis die weltweite Nachfrage nach Flugreisen wieder dem Vor-Krisen-Niveau entspricht.»

Die Swiss wird trotz weniger Einnahmen auf die Preissenkungen in der Airline-Branche reagieren. Sprecherin Ptassek dazu: «Aufgrund der krisenbedingt niedrigeren Nachfrage sind attraktive Angebote möglicherweise länger als üblich verfügbar.»

Auch bei den Schweizer Reisebüros stellt die Planbarkeit eine grosse Hürde dar. Bianca Gähweiler, Sprecherin von Hotelplan Suisse, sagt, die Frage nach der Planung der Sommerferien sei schwierig. «Sie ist abhängig davon, wie sich die Lage weiterentwickeln wird.»

Zum einen spiele es eine Rolle, ab wann die Fluggesellschaften die verschiedenen Destinationen wieder anfliegen könnten. Zum andern sei entscheidend, wie sich die Situation – zum Beispiel betreffend Einreisebestimmungen – in den verschiedenen Ländern gestalten werde.

Die Swiss hat derzeit einige ihrer Flugzeuge in Dübendorf parkiert. Wann diese wieder eingesetzt werden, bleibt offen.
Die Swiss hat derzeit einige ihrer Flugzeuge in Dübendorf parkiert. Wann diese wieder eingesetzt werden, bleibt offen.
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Stark von der weiteren Entwicklung abhängig sei zudem, wo Sommerferien überhaupt möglich seien. «Bleiben die Grenzen geschlossen, wird es nicht möglich sein, die eigenen Ferien im Ausland zu verbringen. Sommerferien in der Schweiz werden höchstwahrscheinlich möglich sein», so Gähweiler.

Hotelplan Suisse bietet mit der Schwesterfirma Interhome Vermittlungen von Ferienwohnungen an. Die Buchungen würden sich allerdings noch auf tiefem Niveau befinden. «Aufgrund unserer bisherigen Erfahrungen gehen wir jedoch davon aus, dass – je nachdem, wie sich die Situation entwickelt – diese Ferienbuchungen in der Schweiz – oder für die Franzosen in Frankreich, für die Deutschen in Deutschland – zunehmen werden», sagt Gähweiler.

Hotelplan Suisse selbst verzeichne momentan täglich Buchungen, die hauptsächlich im Herbst und Winter angesiedelt seien. «Die Produkte, die wir verkaufen, sind kunterbunt gemischt – von Badeferien am Mittelmeer sowie Langstreckenzielen bis zu Kreuzfahrten, Rundreisen und Städtereisen.»

Wer bereits schon im Sommer Ferien am Meer plane und eine Pauschalreise bei Hotelplan Suisse buche, diese aber aufgrund der aktuellen Situation nicht stattfinden könnten, erhalten den gesamten Reisepreis zurückerstattet, so Gähweiler.

Kreta, Südtürkei und Mallorca

Bei Kuoni würden die Verkaufsstellen des Unternehmens Neubuchungen für Reisen nur unter der Voraussetzung entgegennehmen, dass die Einreisebestimmungen und die Verfügbarkeit der gewünschten Dienstleistungen die Reise nach aktuellem Stand ermögliche, sagt Sprecher Markus Flick. «Das gilt selbstverständlich auch für die Sommerferien.»

Zwar könne Kuoni derzeit für keine seiner Reisen in diesem Sommer eine Garantie dafür aussprechen, dass sie in der gebuchten Form stattfinden könnten. «Wir werden unsere Kunden aber so schnell wie möglich darüber informieren, ob die gebuchte Reise stattfinden kann, oder andernfalls die vom Kunden gewünschte Kompensation des bezahlten Pauschalreisepreises vornehmen», so Flick.

Bianca Schmidt, Sprecherin von Tui Suisse, sagt: «Wer definitiv in die Sommerferien fahren möchte, bucht seine Reise am besten bei einem Reiseveranstalter, der sich auch in Krisenzeiten kümmert.» Dazu zählt sie auch Tui. «Wir beobachten die Situation mit einem 24/7 Krisenteam ständig sehr genau und treffen gewisse Massnahmen, wenn nötig. Sollten die Empfehlungen des Bundes noch bis in den Sommer anhalten, kümmern wir uns um die Sommerferien unserer Kunden.»

Doch auch bei Tui würden die Sommerferien aktuell nur sehr verhalten gebucht. Weiterhin gefragt seien aber die Sommerferienlieblinge Kreta, Südtürkei und Mallorca. «Die meisten Kunden, welche jetzt nicht in die Frühlingsferien fahren konnten, verschieben ihre Ferien in Griechenland oder beispielsweise auf den Kanaren in den Herbst», so Schmidt. Der Sommer sei vielen noch zu unsicher.

Aktuell verzeichne Tui die meisten Buchungen für die Monate September und Oktober. «Das heisst, viele Kunden warten ab, wie sich die Situation entwickelt, hoffen aber stark auf einen gelungenen Herbst in Sachen Ferien», sagt Sprecherin Schmidt. «Ausserdem sehen wir, dass die meisten Kunden ihre Ferien nicht annullieren, sondern umbuchen.»


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