New Jersey Antisemitisches Motiv hinter Schiesserei befürchtet

AP/tafu

12.12.2019

Die Einsatzkräfte am Schauplatz der Schiesserei in einem koscheren Lebensmittelgeschäft, bei der mehrere Menschen getötet wurden. 
Die Einsatzkräfte am Schauplatz der Schiesserei in einem koscheren Lebensmittelgeschäft, bei der mehrere Menschen getötet wurden. 
Bild: Keystone

Stundenlang sind in Jersey City heftige Schusswechsel zu hören. Die Polizei rückt mit einem Grossaufgebot an. Am Ende sind sechs Menschen tot. Inzwischen gibt es Indizien für ein mögliches judenfeindliches Motiv.

Nach den tödlichen Schusswechseln im US-Staat New Jersey gibt es Hinweise auf ein mögliches antisemitisches Motiv der Angreifer. Nach der Auswertung von Aufnahmen aus Überwachungskameras sei klar, dass sie einen Supermarkt mit koscheren Produkten in Jersey City ins Visier genommen hätten, teilte Bürgermeister Steve Fulop am Mittwoch mit.

Die Gewalteskalation vom Vortag stufte er zudem als ein Hassverbrechen gegen Juden an, New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio und Gouverneur Andrew Cuomo äusserten sich ähnlich.

Doch betonten Ermittler auf Staats- und Bundesebene, dass das Motiv noch nicht feststehe. «Das Warum und die Ideologie und die Motivation - das ist, was wir untersuchen», sagte der Generalstaatsanwalt von New Jersey, Gurbir Grewal. Geprüft werde auch, ob noch andere Akteure in den Gewaltausbruch verwickelt gewesen seien.

Stundenlanger Schusswechsel

Bei den Schüssen in dem Geschäft und zuvor an einem Friedhof in Jersey City bei New York wurden am Dienstag insgesamt sechs Menschen getötet. Zunächst wurde an dem Friedhof ein 40-jähriger Polizist niedergeschossen, der sich nach Behördenangaben in den vergangenen Jahren darauf spezialisiert hatte, illegale Waffen von den Strassen zu holen.

Zwei Verdächtige fuhren dann laut den Behörden mit einem gestohlenen Mietwagen zum koscheren Markt, wo einer von ihnen sofort das Feuer mit einem Gewehr eröffnete. Es kam es zu einem Schusswechsel mit der Polizei, der mehr als eine Stunde dauerte.

Spezialeinheiten, Polizisten und FBI-Agenten durchkämmten die Gegend. Die Polizei entfernte nach eigenen Angaben auch einen Sprengsatz aus dem gestohlenen Mietwagen, den die Angreifer fuhren. Beamte hätten in dem koscheren Geschäft schliesslich die Leichen von zwei Verdächtigen und drei Unbeteiligten gefunden, erklärte der Polizeichef von Jersey City, Michael Kelly. Zwei weitere Polizisten wurden verletzt, jedoch später aus der Klinik entlassen.

Polizisten in Brooklyn sichern die Synagoge, in der die rituelle Trauerfeier für eines der Opfer der Schiesserei stattfindet. 
Polizisten in Brooklyn sichern die Synagoge, in der die rituelle Trauerfeier für eines der Opfer der Schiesserei stattfindet. 
Bild: Keystone

Die zwei Verdächtigen gelten auch als Tatverdächtige im Fall der Tötung eines Taxifahrers, dessen Leiche am vergangenen Wochenende im Kofferraum eines Autos in Bayonne im Staat New Jersey entdeckt wurde, wie Generalstaatsanwalt Grewal mitteilte.

Hasstiraden gegen Weisse und Juden

Ermittler gehen davon aus, dass die zwei Angreifer - offenbar ein Paar - sich in der Vergangenheit als Mitglieder der Black Hebrew Israelites ausgegeben hätten. Es handelt sich dabei um eine Bewegung, deren Anhänger mit Tiraden gegen Weisse und auch Juden aufgefallen seien, erklärte ein Beamter.

Zudem seien die Behörden auf Posts in sozialen Medien von mindestens einem der Schützen gestossen, die sich gegen die Polizei und gegen Juden gerichtet hätten. Am Mittwoch durchsuchte das FBI die im New Yorker Bezirk Harlem gelegene Zentrale der Israelite Church of God in Jesus Christ, wie die Black Hebrews formal heissen.

Bürgermeister Fulop twitterte, er sei selbst Jude, in Jersey City sei jeder willkommen. Dort hätten Antisemitismus und Hassverbrechen keinen Platz. Der koschere Supermarkt ist ein wichtiger Punkt für die wachsende jüdisch-orthodoxe Gemeinde in Jersey City.

Der Gruppe Anti-Defamation-League zufolge, die gegen die Diskriminierung und Diffamierung von Juden eintritt, gab es in den ersten sechs Monaten dieses Jahres in den USA 780 antisemitische Vorfälle. Dies sei nahe am Rekordniveau, erklärte sie. Im ersten Halbjahr 2018 seien 785 Fälle registriert worden.

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