Europas Staats- und Regierungschefs bekräftigten am Donnerstag in Sofia, sie wollten an dem von Washington aufgekündigten Atomabkommen mit dem Iran trotz Defiziten festhalten. Auch bei den drohenden US-Strafzöllen auf Stahl und Aluminium blieb die EU bei ihrer Strategie, ohne dauerhafte Ausnahme keine Gespräche über Handelserleichterungen zu führen - sie lockte Trump aber auch mit einem Angebot.
«Alle in der Europäischen Union teilen die Meinung, dass das (Atom-)Abkommen nicht vollkommen ist», sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der bulgarischen Hauptstadt. Die Staats- und Regierungschefs seien sich aber einig, «dass wir in diesem Abkommen bleiben sollten». Auf dessen Basis könne dann über andere Probleme zum Iran gesprochen werden.
US-Präsident Donald Trump hatte vergangene Woche den Ausstieg aus dem Atomabkommen verkündet. Es war 2015 vereinbart worden und soll den Iran über internationale Kontrollen am Bau von Atomwaffen hindern. Im Gegenzug wurden die Wirtschaftssanktionen schrittweise aufgehoben.
EU wollen das Atomabkommen erhalten
Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten am Mittwochabend in Sofia eine gemeinsame Position zu dem Abkommen festgelegt. Demnach will die EU an dem Atomabkommen festhalten, solange dies auch der Iran tut. Gleichzeitig soll aber auch die von Trump kritisierte Rolle des Iran in Syrien und im Jemen sowie die Entwicklung ballistischer Raketen durch Teheran angesprochen werden.
Die EU wolle das Abkommen «unabhängig von der amerikanischen Entscheidung erhalten», sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Er hält aber «ein breiteres Abkommen» für «unerlässlich», auch wenn er den Atomvertrag offenbar nicht aufschnüren, sondern «ergänzen» will.
Österreichs Kanzler Sebastian Kurz sagte, die EU habe nun «einige Wochen Zeit», das Abkommen zu retten. Ob dies gelinge, sei offen.
Der Iran hatte den Europäern 60 Tage Zeit gegeben, um «Garantien» für die Fortführung der Vereinbarung abzugeben. Dabei geht es insbesondere um einen Ausgleich für wieder in Kraft gesetzte US-Wirtschaftssanktionen. Damit europäische Unternehmen weiter im Iran tätig sein können, will die EU nun nach Wegen suchen, um sie vor den Auswirkungen der US-Sanktionen zu schützen.
Dazu gehört auch eine EU-Verordnung von 1996. Sie würde es europäischen Firmen verbieten, sich an die US-Sanktionen zu halten, und soll sie vor einem Vorgehen der US-Behörden schützen. Bei Verlusten würden sie entschädigt.
«Die EU wird nicht mit einer Pistole am Kopf verhandeln»
Dies würde aber voraussichtlich nur Unternehmen helfen, die nicht auch in den USA tätig sind. Der französische Energieriese Total hatte am Mittwoch mitgeteilt, er werde sein geplantes Gas-Projekt im Iran einstellen, wenn er von der US-Regierung keine Ausnahme bekomme.
Bei den US-Strafzöllen auf Stahl und Aluminium, bei denen für die EU noch bis 1. Juni eine vorläufige Ausnahme gilt, bekräftigte der Gipfel die Grundstrategie. Ziel sei weiter «eine unbefristete Ausnahme», sagte Merkel. Danach sei die EU aber «bereit, darüber zu sprechen, wie wir reziprok die Barrieren für den Handel reduzieren».
«Die EU wird nicht mit einer Pistole am Kopf verhandeln», fasste dies ein EU-Vertreter zusammen. Die Europäer machten Trump aber nun ein Angebot und skizzierten mögliche Bereiche für Verhandlungen. Dazu gehörten eine Verbesserung des Marktzugangs bei Industrieprodukten einschliesslich Autos sowie eine Liberalisierung bei öffentlicher Beschaffung. Die Europäer schlagen auch Zugeständnisse bei der Lieferung von Flüssiggas vor.
Am Donnerstag kamen die Staats- und Regierungschefs mit ihren Kollegen aus den sechs Ländern des Westbalkans zusammen, die eine EU-Mitgliedschaft anstreben. Beschlüsse zu den EU-Perspektiven stehen jedoch nicht an. Im Zentrum steht die Unterstützung der EU beim Ausbau der Infrastruktur in der Region.
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