Ökonom kann es nicht glauben Studie liefert Grundlage für Zoll-Hammer – doch Trump liest sie falsch

Samuel Walder

8.4.2025

US-Präsident Donald Trump spricht während einer Veranstaltung zur Ankündigung neuer Zölle im Rosengarten des Weissen Hauses.
US-Präsident Donald Trump spricht während einer Veranstaltung zur Ankündigung neuer Zölle im Rosengarten des Weissen Hauses.
Mark Schiefelbein/AP/dpa

Ein falscher Rechenschritt mit Milliardenfolgen: Ein renommierter US-Ökonom wirft Präsident Trump vor, seine wissenschaftliche Arbeit grob falsch interpretiert zu haben – mit fatalen Folgen für Verbraucher, Unternehmen und die Weltwirtschaft.

Samuel Walder

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • US-Ökonom Brent Neiman wirft Donald Trump vor, seine Forschung falsch interpretiert und dadurch unnötig hohe Zölle verhängt zu haben.
  • Statt realistischer 95 % Weitergabe der Zölle an US-Konsumenten rechnete Trumps Team mit nur 25 %, was zu viermal höheren Zollsätzen führte.
  • Die Folge sind rekordhohe US-Zölle seit über 100 Jahren, die laut Neiman vor allem amerikanische Verbraucher und Unternehmen belasten.

Ein falscher Rechenschritt mit gigantischen Folgen: Der renommierte US-Ökonom Brent Neiman, ehemaliger Vize im amerikanischen Finanzministerium, wirft Präsident Donald Trump in einem Gastbeitrag für die New York Times vor, seine wissenschaftliche Arbeit grob falsch interpretiert zu haben. Und somit Zölle verhängt zu haben, die viermal so hoch sind wie nötig. 

Neiman und sein Team untersuchten, wie stark ausländische Firmen auf US-Zölle reagieren. Ihr zentrales Ergebnis: Fast 95 Prozent der Zölle werden an amerikanische Importeure – und damit indirekt an die Konsumenten – weitergegeben.

Das heisst: Wenn etwa ein 20-Prozent-Zoll auf chinesische Waren erhoben wird, steigen die Preise in den USA um etwa 19 Prozent. Das belastet direkt die US-Verbraucher – und nicht, wie oft behauptet, die chinesischen Exporteure.

Trump-Team rechnet mit Fantasiewerten

Doch genau diesen Punkt, so Neiman, habe das Trump-Team ignoriert – oder schlicht missverstanden: Statt mit dem realistischen Wert von 95 Prozent Weitergabe rechnete Trumps Regierung mit nur 25 Prozent. Das Ergebnis: Viel zu hohe Zölle. Dazu sagt Neiman: «Trump liegt falsch, sehr falsch.»

Brent Neiman ist Professor für Wirtschaft an der Universität Chicago Booth School of Business.
Brent Neiman ist Professor für Wirtschaft an der Universität Chicago Booth School of Business.
chicagobooth.edu

Neiman rechnet vor: Wären die Berechnungen korrekt gewesen, dürften die aktuellen Strafzölle höchstens ein Viertel so hoch sein, wie sie nun ab Mittwoch in Kraft treten – mit teils 34 Prozent Aufschlag für China, 26 Prozent für Indien und 20 Prozent für die EU.

Zollrekord wie seit 100 Jahren nicht mehr

Die Konsequenz: Die durchschnittlichen US-Zollsätze steigen auf ein historisches Hoch – den höchsten Stand seit über einem Jahrhundert. Und das, so warnt Neiman, gefährde nicht nur die globale Handelspartnerschaft, sondern schade vor allem der US-Wirtschaft selbst: Konsumenten zahlen mehr, Unternehmen leiden unter höheren Importkosten.

«Eine ungenaue Methodik kann verheerende wirtschaftliche Folgen haben», mahnt Neiman. Und: «Woher die Zahl von 25 Prozent stammt, ist völlig unklar. Vielleicht dachte das Weisse Haus, sie hätten unsere Arbeit verstanden – aber sie haben es nicht.»

Ein peinlicher Rechenfehler mit potenziell billionenschweren Folgen – und ein weiteres Beispiel dafür, wie politisches Wunschdenken ökonomische Realität verzerren kann.


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Eines muss man Donald Trump lassen: Der Mann hat Nerven. Erst schwingt er den Zoll-Hammer und lässt damit die Börsen abschmieren. Dann geht er in aller Ruhe und findet noch die Zeit, zwei Spendengalas auszurichten.