Corona-Wissen Darf man jetzt eigentlich noch raus?

Von Uz Rieger und Gil Bieler

18.3.2020

Menschen sitzen am 15. März 2020, noch bevor der Bundesrat die Situation als «ausserordentliche Lage» gemäss Epidemiengesetz hochgestuft hat, in der Sonne am Zürichsee.
Menschen sitzen am 15. März 2020, noch bevor der Bundesrat die Situation als «ausserordentliche Lage» gemäss Epidemiengesetz hochgestuft hat, in der Sonne am Zürichsee.
Bild: Keystone

Wer aus dem Haus geht, kann sich wundern: Bei frühlingshaftem Wetter grillieren Jugendliche in Gruppen in Parks, ältere Menschen flanieren und gehen einkaufen, als ob nichts wäre. Ist das richtig und überhaupt noch erlaubt?

Der Bundesrat hat am Montag die «ausserordentliche Lage» erklärt und die Massnahmen gegen die Coronavirus-Pandemie drastisch verschärft. Das öffentliche Leben wurde auf ein Minimum heruntergefahren. Anders als etwa in Italien hat er jedoch noch keine generelle Ausgangssperre verhängt.

Dennoch gibt es Verbote und vor allem viele Empfehlungen zum Aufenthalt im öffentlichen Raum. Dies nicht zuletzt, um die besonders gefährdeten Menschen über 65 Jahren und Personen mit Vorerkrankungen vor einer Ansteckung zu schützen.

Damit die Verbreitung des Coronavirus verlangsamt wird, sind private und öffentliche Veranstaltungen inzwischen generell verboten. Das gilt in Räumen genauso wie im Freien. Aktivitäten wie Spaziergänge oder Joggen sind aber weiterhin möglich.

Die Coronavirus-Krise: Eine Chronologie

Eine Frage des gesunden Menschenverstandes

Wie mit Aktivitäten im Freien nun umzugehen ist, in dieser Frage wünscht sich Daniel Koch vor allem Augenmass und gesunden Menschenverstand.

«Es wäre am besten, wenn sich die Leute nun zurücknehmen und zu Hause bleiben würden», sagt der Leiter der Abteilung übertragbare Krankheiten beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) zu SRF. Wer trotzdem joggen gehen wolle, möge das allein tun oder allenfalls mit jener Person, mit der man ohnehin zusammenlebt. Joggen in der Gruppe dagegen sei besser zu unterlassen.

Auch rät Koch davon ab, sich mit Freunden zu einem Bier im Garten zu treffen, denn man solle «die Kontakte zwischen den Familien und Generationen derzeit nicht fördern». Das gelte ganz besonders für ältere Menschen und Risikogruppen. Auch sie dürften zwar noch aus dem Haus, sagt der Experte, für sie gelte aber besonders: «Abstand halten, Abstand halten, Abstand halten.»

Prinzipiell könnten auch Parks oder Spielplätze weiterhin offen bleiben, so  Koch. Das Virus sei nämlich nicht ortsgebunden, sondern werde durch Menschen untereinander weitergegeben. Weil die Kinder nicht Treiber der Epidemie seien, dürften sie deshalb weiterhin raus und auch untereinander spielen.

Problematischer Freiheitsdrang von Jugendlichen

Die Behörden empfehlen hier aber Gruppen von maximal fünf Kindern. Auch solle bei den Kleinen auf gängige Abstands- und Hygieneregeln geachtet werden. Für die betreuenden Erwachsenen gilt hingegen das übliche Abstandsgebot zu anderen Eltern. Auch sollten sie untereinander Körperkontakt vermeiden.

Als besonders problematisch erachtet Koch vor allem den Freiheitsdrang von Jugendlichen. Sie hätten sehr viel Kontakt untereinander und seien zudem sehr mobil. Sie würden deshalb auch am ehesten andere Leute anstecken. Er appelliert deshalb an die Jugend, sie sollte derzeit auf Feste mit Freunden verzichten und lieber zu Hause am PC spielen.

Viele Senioren unterschätzen die Gefahr

Doch nicht nur Teenager sind angesprochen: Auch Senioren sollten sich bewusst werden, dass sie ihren Alltag nun unbedingt anpassen müssen. Alt Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, die als Präsidentin von Pro Senectute amtet, findet, dass viele ältere Menschen die Schutzmassnahmen gegen das Virus unterschätzten.



Viele Ältere würden nur auf sich selbst schauen, übersähen dabei aber, dass sie auch eine Verantwortung gegenüber der ganzen Gesellschaft hätten, sagt Widmer-Schlumpf im Interview mit dem «Tages-Anzeiger». «Einige haben noch nicht realisiert, dass ihr Krankheitsfall womöglich unnötig ein Spitalbett besetzt.»

Stadtpolizei Zürich will durchgreifen

Die Stadtpolizei Zürich hat derweil bereits angekündigt, sie werde Personenansammlungen von Gruppen um die 15 Personen nicht mehr tolerieren. Treffe eine Polizeipatrouille auf eine solche Gruppe im öffentlichen Raum, werde man sie auffordern, «ihre soziale Verantwortung wahrzunehmen und sich freiwillig zu zerstreuen». Wer dieser Anordnung nicht Folge leistet, muss mit einer Wegweisung und einer Verzeigung rechnen.

Die Zürcher Polizei macht in ihrem Communiqué auch deutlich, dass es keine Rolle spiele, wo genau sich die Gruppe aufhalte: Ob sie auf einer Treppe oder am Seeufer sitze oder auch bei Lebensmittel- und Getränkeläden aufhalte, ist egal. 

Ob Teenager oder Senioren: Bisher bleibt es bei Mahnungen. Das Ziel ist klar: Durch weniger soziale Kontakte sollen die Zahl der Infektionen gesenkt, Menschen geschützt und der Kollaps des Gesundheitssystems verhindert werden. Daran sollte man sich halten, schönes Wetter hin oder her. Sonst folgt am Ende noch eine Ausgangssperre.

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