«Das Pöschtli war eine Heimat für viele»Traditionsbeiz schliesst nach über 130 Jahren für immer
Samuel Walder
11.12.2024
Im Sommer versammelten sich durstige Besucher*innen auf der Terrasse. Jetzt muss das Pöschtli in Agasul schliessen.
Google Maps
Das Pöschtli in Agasul war weit mehr als eine Beiz – es war ein Ort voller Geschichten und Heimatgefühle. Mit der Schliessung endet ein Kapitel, das das Dorf seit 1885 prägt.
Mitten in der ländlichen Idylle von Agasul, einer Aussenwacht von Illnau-Effretikon, steht das markante Gebäude des Pöschtli. Eine Ära endet – und mit ihr schliesst sich ein Kapitel Dorfgeschichte, das bis ins Jahr 1885 zurückreicht, wie der «Landbote» schreibt.
Über dem Kachelofen der Wirtschaft hängt eine Kuhglocke mit der Gravur: «Dorffest Agasul – Wappenweihe 1987». Ein Symbol, das Heimatgefühl verkörpert. «Die Glocke wird im Dorf bleiben», versichert Jasmin Berger, Tochter der kürzlich verstorbenen Wirtin Heidi Berger. «Das wäre auch im Sinn meiner Mutter gewesen.»
Eine Beiz wie aus einer anderen Zeit
Das Pöschtli ist wie ein Relikt aus vergangenen Tagen. Dunkles Täfer, vergilbte Fotos, ein Buffet aus den 60ern – und Speisekartenpreise, die in ihrer Bescheidenheit fast nostalgisch anmuten: 18.50 Franken für ein Halbeli Fendant, 16.40 Franken für ein Kotelett mit Salat. Hier scheint die Zeit stillzustehen, doch spätestens seit dem plötzlichen Tod von Heidi Berger im Oktober 2023 spürt man, dass Veränderung bevorsteht.
Heidi Berger wurde nur 69 Jahre alt. Ein Herzinfarkt, so plötzlich wie tragisch, riss sie aus dem Leben – eine Parallele zu ihrer eigenen Mutter. Ihre Tochter Jasmin erzählt bei einem Kaffee am roten Resopaltisch: «Mama wollte mit 70 aufhören und das Haus verkaufen. Jetzt verkaufen wir es ohne sie.»
Die vier Berger-Geschwister entschieden, den Stammgästen die Nachricht persönlich zu überbringen. Noch am Montag nach dem Todesfall öffneten sie die Beiz ein letztes Mal. «Es war extrem emotional – für uns und die Gäste», erinnert sich Jasmin.
Ein Ort voller Erinnerungen
Das Pöschtli war weit mehr als eine Beiz. Es war ein Zuhause, eine erweiterte Wohnstube für die Stammgäste, ein Treffpunkt für Wanderer und Busreisende – und ein Schauplatz unzähliger Geschichten. Berger erinnert sich: «Als Kinder haben wir die Singles in der Jukebox ausgetauscht. Unser Grosi war gar nicht begeistert.»
Das Haus selbst hat eine lange Geschichte. 1944 brannte es bis auf die Grundmauern nieder und wurde von Bergers Urgrossvater Albert Baltensperger im gleichen Stil wieder aufgebaut. Der ursprüngliche Name Wiesenthal wich, als 1902 ein Postlokal im Nebenraum eröffnet wurde, der Wirtschaft zur Post. Über Generationen hinweg prägte die Familie Baltensperger-Berger das Dorfleben.
Das Vermächtnis der Wirtin
Heidi Berger führte das Pöschtli mit Herzblut, doch sie machte ihren Kindern nie Druck, in ihre Fussstapfen zu treten. «Mama wollte nicht, dass wir uns das antun», sagt Jasmin. Auch die Verbindung zu den Stammgästen war einzigartig: «Das Pöschtli war eine Heimat für viele. Selbst die Jasser, obwohl bei uns keiner wirklich jassen konnte.»
Dass die Wirtschaft nun schliesst, schmerzt, doch die Berger-Geschwister nehmen es mit Fassung. «Jetzt leeren wir den Keller in Gedenken an Mama», sagt Jasmin. Am Freitag, 19 Uhr, lädt die Familie zur Abschiedsparty – einer «Ustrinkete», die das Ende einer Ära würdig zelebriert.
Heidi Bergers Vermächtnis wird bleiben: ein Ort, der Agasul geprägt und seinen Bewohnern Heimat bot. Der Flyer zur Abschiedsparty fasst es treffend zusammen: «Stosst mit uns an auf ein schönes Stück Agasuler Geschichte und läutet mit uns diese Ära aus.»
Der Redaktor hat diesen Artikel mithilfe von KI geschrieben.
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