Iran Nach Flugzeugabsturz mit mehr als 170 Toten: Viele Fragen noch offen

dpa/SDA/afp/tsha

8.1.2020

Nachdem am Mittwoch bei einem Flugzeugabsturz im Iran mehr als 170 Menschen ums Leben gekommen sind, soll nun die Blackbox der Maschine untersucht werden. Experten rätseln, wie es zu der Katastrophe kommen konnte. 

Inmitten der politischen Krise zwischen den USA und dem Iran stürzte am Mittwochmorgen eine ukrainische Passagiermaschine in der Nähe des Imam-Chomeini-Flughafens der iranischen Hauptstadt Teheran ab, mehr als 170 Menschen starben.

Auch viele Stunden nach dem Absturz ist noch völlig unklar, weshalb die Maschine von Ukraine International Airlines kurz nach dem Start zu Boden stürzte. Ob es einen Zusammenhang mit der politischen Lage in der Region gibt, ist offen.

Der US-Aussenminister Mike Pompeo Pompeo sprach den Angehörigen der 176 Todesopfer sein Beileid aus. Die USA würden den Fall weiter «genau verfolgen» und seien bereit, der Ukraine «jede mögliche Hilfe» anzubieten, versicherte Pompeo.

Ausserdem riefen die USA zu einer «vollständigen Zusammenarbeit» bei sämtlichen Ermittlungen zur Unglücksursache auf, erklärte Pompeo am Mittwoch, ohne den Iran direkt zu nennen. Die Behörden in Teheran hatten sich zuvor geweigert, die Flugschreiber zur Auswertung an die USA zu übergeben.



Der Präsident der Airline, Jewgeni Dychne, erklärte vor Journalisten in Kiew, es habe sich bei der Unglücksmaschine um «eines unserer besten Flugzeuge, mit einer ausgezeichneten zuverlässigen Mannschaft» gehandelt. Die Maschine sei erst seit 2016 für das Unternehmen im Einsatz, das 1992 gegründet wurde und seither noch keine grossen Unglücke hatte.

Die Boeing des Typs 737-800 NG sei erst am Montag überprüft worden – ohne Probleme, wie die Fluggesellschaft beteuert.

Jewgeni Dychne, Präsident von Ukraine International Airlines, sprach am Mittwoch zur Presse. 
Jewgeni Dychne, Präsident von Ukraine International Airlines, sprach am Mittwoch zur Presse. 
Bild: Keystone

Was genau in den letzten Minuten von Flug PS 752 von Teheran nach Kiew geschah, darauf könnte die Blackbox mit den Flugdaten Antworten geben. Sie wurde nach iranischen Angaben zwischen den Trümmern gefunden. 

Die Blackbox eines Flugzeugs besteht aus einem Flugdatenschreiber und einem Stimmaufzeichnungsgerät. Im Fall eines Unglücks helfen die von ihr aufgezeichneten Informationen dabei, den Unfallhergang aufzuklären. Damit die Blackbox einen Absturz übersteht, ist sie extrem widerstandsfähig konstruiert und im Heck des Flugzeugs untergebracht.

Streit um die Blackbox

Die Maschine hatte der Airline zufolge nach dem Start bereits eine Höhe von 2'400 Metern erreicht, bevor es zum Absturz kam. «Die Wahrscheinlichkeit für einen Fehler der Besatzung ist minimal», meint der Vizepräsident der Fluggesellschaft Igor Sosnowski.

Die iranischen Behörden haben recht schnell eine mögliche Ursache präsentiert: Die Luftfahrtbehörde sprach Medienberichten zufolge von einem technischen Defekt. Auf welcher Grundlage diese Einschätzung beruhte, blieb offen. Wie die «Frankfurter Allgemeine» unter Berufung auf die iranische Nachrichtenagentur Mehr berichtet, will die Luftfahrtbehörde des Landes die Blackbox selbst auswerten und «nicht dem Hersteller und den Vereinigten Staaten» übergeben.

Bestimmungen der internationalen Zivilluftfahrtorganisation würden das so vorsehen. Man lade allerdings Ermittler aus der Ukraine ein, an den Untersuchungen mitzuwirken.

In der Ukraine selbst weckt der Absturz Erinnerungen an den Abschuss der malaysischen Passagiermaschine MH17 im Jahr 2014 über der Ostukraine. Damals wurden 298 Menschen unter bis heute nicht völlig geklärten Umständen durch eine Luftabwehrrakete plötzlich in den Tod gerissen.

«Alle möglichen Versionen prüfen»

«Wir müssen alle möglichen Versionen prüfen», liess der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zur aktuellen Katastrophe über seinen Pressedienst mitteilen. Den Generalstaatsanwalt wies er an, ein Strafverfahren einzuleiten. Alle Massnahmen werde Selenskyj persönlich kontrollieren. Dazu beendet er auch seinen Aufenthalt im Sultanat Oman auf der arabischen Halbinsel, das sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Krisenherd befindet.

Derweil haben der Flugzeugabsturz und die Krise in Nahost auch Auswirkungen auf Airlines, die die Region normalweise an- oder überfliegen. Fluggesellschaften wie die Lufthansa und die französisch-niederländische Air France-KLM umfliegen seit Mittwochmorgen sicherheitshalber die Region.

Die US-Luftfahrtbehörde FAA untersagte Airlines aus ihrer Heimat, überhaupt noch über Irak, Iran, den Persischen Golf und den Golf von Oman zu fliegen.

Auch die Swiss meide den irakischen und iranischen Luftraum, sagte eine Sprecherin am Mittwoch. Betroffen seien in erster Linie Flüge in den Oman und nach Indien. Ob die Fluggäste mit Verspätungen rechnen müssten, sei allerdings noch unklar. Die Swiss beobachte gemeinsam mit den zuständigen nationalen und internationalen Behörden die Entwicklung in der Region laufend und bewerte sie entsprechend neu.

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