San FranciscoStinkende Dauergäste – und seit 30 Jahren höchst willkommen
Von Barbara Munker, dpa
20.1.2020
Als Erstes hört man das Bellen, danach riecht man den Gestank: Die Seelöwen am Pier 39 von San Francisco locken seit nunmehr 30 Jahren Millionen Schaulustige an. Und das Jubiläum wird gross gefeiert.
Sie machen Krach, stinken und übergeben sich – und sind dennoch gern gesehen. Sogar eine Jubiläumsfeier hat San Francisco seinen beliebten und beleibten Dauergästen am Wochenende ausgerichtet.
Im Januar 1990, vor 30 Jahren, hatten gerade die ersten Seelöwen einen Bootssteg im Hafen der Westküstenstadt erobert. Der Spitzname des ersten: Flea Collar, also Flohhalsband – wegen einer Fischerleine, die sich um seinen Hals gewickelt hatte.
«Wir sind ihm ewig dankbar, dass er damals auf ein Dock kletterte, aus welchen Gründen auch immer», erklärt Hafenmeisterin Sheila Chandor. «Andere folgten ihm, wie ein Dominoeffekt, doch niemand glaubte, dass sie sich 30 Jahre später hier immer noch breitmachen würden.»
Der grösste Touristenmagnet
Chandor war damals am Pier 39, im Hafen der Fisherman's Wharf, für Boote zuständig. «Meeressäugerbetreuung stand nicht in meinem Vertrag», sagt die rothaarige Hafenmeisterin lachend. Jetzt sieht sie sich längst als Sprecherin der Seelöwen. «Sie sind unsere grösste Touristenattraktion».
Nur ein paar Meter vor den Augen Hunderter Schaulustiger ziehen die bis zu 400 Kilo schweren Tiere ihre Show ab. Auf schwimmenden Holzdecks tanken sie Sonne, kämpfen brüllend um die besten Plätze, wälzen sich übereinander hinweg und stossen sich mitunter gegenseitig von den Stegen. Den Gestank alter Fischreste nimmt man als Zuschauer gerne in Kauf.
«Die Seelöwen gehören in San Francisco einfach zum Programm», begeistert sich Christina Malik. «Zu süss, wenn sie sich necken und streiten, das ist einfach lustig anzusehen», meint die Urlauberin aus dem Raum Stuttgart, die mit Freundinnen Kalifornien bereist. «Überwältigend, statt im Zoo einfach so in der freien Natur», pflichtet Lucie Laas bei.
Es hätte auch ganz anders kommen können. San Francisco erholte sich gerade von den Folgen des schweren Erdbebens im Oktober 1989, als sich die Seelöwen im Hafenbecken buchstäblich breitmachten. Die Zahl wuchs schnell auf mehrere Hundert Tiere an. Bootseigentümer regten sich über den Lärm und den Gestank auf. Die Stege waren nicht mehr zugänglich.
Erst unerwünscht, nun umjubelt
«Es gab völlig verrückte Vorschläge, um sie loszuwerden», erinnert sich Hafenmeisterin Chandor. Die Piers mit Glasstücken auslegen, Elektroschockanlagen installieren, sogar eine ferngesteuerte Hai-Attrappe, um die Tiere abzuschrecken, war im Gespräch. Doch die ungebetenen Gäste wurden schnell zur kostenlosen Attraktion. Geschäfte und Restaurants auf dem Ausflugspier freuten sich über jeden Besucher.
Statt der Seelöwen wurden die Boote umquartiert, die Holzstege verstärkt, weitere Docks kamen im Laufe der Jahre hinzu. Helfer patrouillieren im Boot im Hafenbecken, Stege müssen repariert und alle paar Wochen mit einem starken Wasserstrahl gesäubert werden. Für kranke oder verletzte Tiere rufen die Pier-Betreiber das Marine Mammal Center, eine Klinik für Meeressäuger, zur Hilfe. Ein Seelöwe mit einer Schusswunde direkt durchs Auge sei kürzlich erfolgreich behandelt und wieder im Meer ausgesetzt worden, erzählt Chandor.
Nur wenige Orte entlang der kalifornischen Küste bereiten Seelöwen einen netten Empfang. Für Fischer sind sie verhasste Konkurrenten, die Fische aus den Netzen stehlen. Mit ihren massigen Körpern beschädigen sie Stege und Boote. Doch der Abschreckung sind Grenzen gesetzt. Kalifornische Seelöwen stehen unter Schutz und dürfen per Gesetz nicht gewaltsam vertrieben werden.
«Sie gehen Menschen aus dem Weg»
Angriffe auf Badende im Wasser sind selten. «Sie gehen Menschen aus dem Weg, und das ist gut so, denn es sind wilde Tiere, die beissen können», erklärt Chandor. Umgekehrt ist das anders. «Wir haben schon verrückte Dinge erlebt. Ein Besucher sprang auf ein Dock und musste von uns gerettet werden. Ein anderer wollte ihnen Hundefutter geben.»
Die Zahl der Tiere am Pier schwankt mit der Verfügbarkeit von Futter. Sind die Fischbestände in der Bucht der Westküstenstadt gering, folgen die Seelöwen grösseren Fischschwärmen entlang der Pazifikküste.
So drängte sich im Herbst 2009 eine Rekordzahl von 1'700 Tieren Flosse an Flosse auf den Docks, im Winter waren die meisten wieder weg. 2014 tauchten die Meeressäuger auf einen Schlag alle ab, kehrten aber zur Freude der Pier-Betreiber schnell wieder zurück.
Kein Wunder, verglichen mit den rauen Felsen vor der Küste bietet der Stammplatz im Hafenbecken vor Feinden wie Haifischen und Orcas Schutz. Die Docks sinken und steigen mit Ebbe und Flut, die Sonnenanbeter können sich bequem im Trockenen aalen.
Kunstinstallation erinnert an das Jubiläum
Zum 30. Jubiläum ist es allerdings ungewöhnlich ruhig, nur etwa hundert Meeressäuger haben die schwimmenden Pontons in Beschlag genommen. Die Betreiber helfen mit künstlichen Seelöwen nach. Künstler haben 30 lebensgrosse Statuen bunt angemalt, die ein Jahr lang in San Francisco aufgestellt werden. Zudem bietet das Pier-Aquarium Führungen mit Experten an.
Nicht alle Fragen der langlebigen Hafenbesetzung sind restlos geklärt, doch der deutschen Touristin Christina Malik ist das egal. «Die Hintergründe wissen wir nicht ganz genau. Aber ich denke, denen gefällt es einfach, sonst wären sie nicht schon 30 Jahre hier».
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