Knäbel analysiert unseren Gegner «Solange Bellingham noch zuckt, ist England nicht tot»

Michael Wegmann aus Stuttgart

4.7.2024

«Solange Bellingham noch zuckt, ist England nicht tot», sagt Fussball-Experte Peter Knäbel.
«Solange Bellingham noch zuckt, ist England nicht tot», sagt Fussball-Experte Peter Knäbel.
Martin Rickett/PA Wire/dpa

Fussball-Experte Peter Knäbel, er hat England bisher zweimal live im Stadion beobachtet, analysiert für blue Sport unseren Gegner. Sein Fazit darf uns für den Viertelfinal-Kracher Hoffnung machen.

Michael Wegmann aus Stuttgart

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  • Fussball-Experte Peter Knäbel hat unseren Viertelfinalgegner England zweimal live beobachtet. Leicht auszurechnen seien die Three Lions bisher gewesen, sagt er: «England spielt in einem soliden 4:2:3:1-System, bisher ohne taktische Überraschungen.»
  • Auf zwei Ausnahmekönner müsse das Team von Murat Yakin jedoch besonders achten, analysiert Knäbel. Auf Superstar Jude Bellingham («ein energetisch aussergewöhnlicher Anführer») und den 12. Mann («das englische Publikum ist fantastisch»).
  • Obwohl die Schweiz fussballerisch bisher viel mehr überzeugen konnte, für Knäbel bleibt das Mutterland des Fussballs im Viertelfinal-Kracher Favorit.

Man könne ihn schon England-Experten nennen, sagt Peter Knäbel (57), «zumindest was die EM angeht». Zweimal war er live vor Ort und hat das Team von Gareth Southgate beobachtet.

Für blue News analysiert der ehemalige technische Direktor des Schweizerischen Fussballverbands und heutige Fussball-Experte unseren Viertelfinalgegner. «Das Wichtigste vorneweg», sagt Knäbel, «wir spielen nicht gegen die Premier League, wir spielen gegen England.» Dies sei fürs Mentale wichtig, erklärt er, «weil wir nicht gegen eine Weltauswahl spielen, sondern gegen die besten Engländer».

Das Team von Gareth Southgate habe weniger Turnier-Erfahrung als die Schweizer und auch im diesjährigen Titelvergleich zwischen den einzelnen Spielern stünden wir nicht schlechter da, sagt Knäbel: «Ein defensives Fundament, wie wir es haben, mit Akanji, Xhaka und Sommer, einem englischen, einem deutschen und einem italienischen Meister, haben sie nicht.»

Bei den bisherigen Partien von England hat es den langjährigen Schalke-Sportvorstand nicht gerade vom Sitz gehauen. «Das sind hervorragende Einzelspieler, aber kein eingespieltes Team. Die Nati hat ein variables Spielsystem mit und gegen den Ball, bei England sehe ich das bisher nicht.»

Peter Knäbel war zwischen 2009 und 2014 Technischer Direktor der Schweizer Nationalmannschaft.
Peter Knäbel war zwischen 2009 und 2014 Technischer Direktor der Schweizer Nationalmannschaft.
Keystone

«Bellingham und die Fans sind herausragend»

Und dennoch haben die Three Lions ihre Waffen. Die grösste und gefährlichste heisst Jude Bellingham (21). Den Real-Star gilt es auszuschalten, will man England aus dem Turnier kicken.

Knäbel: «Bellingham ist ein sensationeller Spieler und ein energetisch aussergewöhnlicher Anführer des Teams. Um England zu besiegen, musst du Bellingham schlagen. Denn solange er noch zuckt, ist England nicht tot.» Dies hat er mit seinem herrlichen Fallrückzieher gezeigt, der die Engländer gegen die Slowakei in der 95. Minute in die Verlängerung rettete und schliesslich den Viertelfinaleinzug bedeutete.

Was tun? Einen Manndecker auf den Superstar abstellen? Für Knäbel der falsche Weg. «Jeder Schweizer muss mitmachen, jeder muss Bellingham im Blick haben. Vom Anpfiff bis Abpfiff.»

Auch Foden, Saka, Rice oder Kane seien alles grosse Fussballer, so Knäbel weiter, «aber bisher hatten sie alle ihre schwachen Momente im Spiel und waren leicht auszurechnen. Kane zum Beispiel bietet bisher kaum Tiefenläufe an, sondern setzt alles auf seine überragende Boxpräsenz. England spielt in einem soliden 4:2:3:1-System, bisher ohne taktische Überraschungen.»

Deshalb nennt er als weitere grosse Stärke die englischen Fans im Stadion. «Stimmungstechnisch ist es schon fantastisch, was das englische Publikum auf den Rängen abliefert. Von da kommt extrem viel Energie, aber ich bin mir sicher, dass die rote Wand dagegenhalten wird wie noch nie.»

«Wir müssen uns die Chance nicht herbeireden, sie ist da»

Ginge es um Spielsystem, mannschaftliche Geschlossenheit, das Spiel mit Ball und gegen den Ball, kurz: rein ums Fussballerische, hat das Team von Murat Yakin bisher die Nase vorn, sagt Knäbel. «Aber das grosse England ist gegen die Schweiz immer Favorit, das liegt in der Natur der Sache. Doch wenn es einen Moment gibt, das Mutterland des Fussballs zu schlagen, dann jetzt. Wir müssen uns die Chance nicht herbeireden, sie ist definitiv da.»

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