Super League Schweizer Transfermarkt droht nach fetten Jahren die grosse Dürre 

SB10/sda

5.5.2020

Im Schweizer Fussball finden – wenn überhaupt – demnächst nur Geisterspiele statt.
Im Schweizer Fussball finden – wenn überhaupt – demnächst nur Geisterspiele statt.
Bild: Keystone

Das Geschäftsmodell der Schweizer Profi-Klubs geht nur auf, wenn sie regelmässig Spieler zu potenteren Klubs transferieren können. Durch die Coronakrise sinkt der Wert der Spieler, was für viele Super-League-Klubs zum finanziellen Fiasko zu werden droht. 

Die Sportchefs in der Schweiz und anderswo sind derzeit nicht zu beneiden. «Die Planung ist sehr schwierig, weil man nicht weiss, wie es weitergeht. Es ist klar, dass die Klubs ihre Kader verkleinern müssen», befürchtet Teleclub Fussball-Experte Rolf Fringer in der Sendung «90 Minuten – Fussball, wie weiter?».

In der Super League sind die Verträge in der Regel jeweils auf Ende Juni terminiert. Während nur wenige Profis bei einer Fortsetzung des Spielbetriebs noch auf einen grossen Transfer hoffen können, sieht es für viele Spieler mit auslaufenden Verträgen düster(er) aus.

«Ich bin 32, Familienvater, mein Vertrag läuft im Sommer aus, und ich habe praktisch seit einem Jahr nicht mehr von Anfang an gespielt. Ich kann ja auch eins und eins zusammenzählen», sagt etwa FCSG-Profi Moreno Costanzo gegenüber «Blick». Der frühere Schweizer Nationalspieler fühlt sich zwar noch «fit genug für zwei, drei Jahre Super League», doch er wisse, «dass es für den Profifussballer Costanzo in der Zukunft schwierig werden wird».



Der Mittelfeldspieler kam in der laufenden Saison beim aktuellen Leader nur als Joker zum Einsatz. Er glaubt, dass nun die Super League-Klubs immer stärker auf junge Talente setzen werden, da sie unter dem Strich wenig kosten: «Den Teenagern, die oftmals noch zu Hause wohnen, kann man so eine tolle Plattform und leistungsbezogene Verträge mit einem tieferen Fixum und höheren Prämien offerieren.» Das Fazit von Costanzo: «Ich gehe davon aus, dass es Fussballer über 30 künftig schwer haben.»

Auch die Prognose von YB-Sportchef Christop Spycher geht in die gleiche Richtung: «Wir werden sicher nicht die gleichen Transfersummen haben wie vor einem Jahr. Es wird alles sehr reduziert ablaufen.» Der 42-Jährige ist gespannt auf die weitere Entwicklung in den Top-Ligen, was ein wesentlicher Faktor sei. «Die Krise wird Auswirkungen, so etwa bei Sponsorengeldern, über Jahre hinaus haben», warnt Spycher. «Im Schweizer Spitzensport allgemein fehlen derzeit 30 bis 50 Prozent der Einnahmen.» 

YB-Sportchef Christoph Spycher befürchtet schwierige Zeiten für den Schweizer Sport.
YB-Sportchef Christoph Spycher befürchtet schwierige Zeiten für den Schweizer Sport.
Bild: Keystone

Viele arbeitslose Fussballer

Während die Einbussen bei den grossen Klubs, Spitzenverdienern und Agenten wohl vielerorts für eine gewisse Genugtuung – oder gar Schadenfreude – sorgen, trifft es aber auch die Mittleren und Kleinen der Branche. Die Löhne dürften durchs Band weg sinken, auch bei Profis, die keine 5'000 Franken im Monat verdienen. «Die Lohnstruktur ist in der Schweiz total vernünftig. Man darf das nicht mit den internationalen Löhnen vermischen», hält Fringer fest.

Die Vereine rechnen jedenfalls bei einer Fortsetzung mit Geisterspielen mit einem grossen Defizit: Basel-Präsident Bernhard Burgener bezifferte die Kosten auf 300'000 Franken Kosten pro Spiel, FCZ-Präsident Ancillo Canepa 
rechnete für die Liga einen Gesamtverlust von rund 20 Millionen Franken aus. Einige Klubs, die in Schieflage geraten, werden wohl auch Spieler trotz laufender Verträger entlassen müssen.

Deshalb müsse der Staat einspringen, so der einhellige Tenor. Der Bund hat grundsätzlich positive Signale für eine allfällige Unterstützung gesendet. Die genauen Rahmenbedingungen sind aber (noch) nicht festgelegt.

Die Schweizer Klubs sind in der Ausbildungsliga auf Transfers angewiesen, um ein meist strukturelles Defizit auszugleichen. In der Super League wird seit Jahren viel Geld mit dem Verkauf von Spielern verdient. Fast alle Schweizer Topvereine konnten in den letzten Jahren auf dem Transfermarkt einen positiven Saldo erwirtschaften, das heisst, sie haben teurer verkauft als eingekauft.

GC und Lausanne als «Krisengewinner»?

Diese Einnahmen tragen wesentlich zum Budget bei. Die Basler haben in den letzten fünf Jahren mit Verkäufen brutto ein Plus von über 90 Millionen Franken erwirtschaftet, die Young Boys eines von rund 40 Millionen Franken. Und dem FC Thun verhalfen die Zusatzeinnahmen im letzten Sommer, sein Budget 2019 einigermassen ausgeglichen zu gestalten. Dabei profitierten die kleineren Klubs auch davon, dass die grösseren ihre Spieler ins Ausland verkauften und in der Super League Ersatz fanden.

GC und Lausanne (hier Veroljub Salatic und Christian Schneuwly) können auf Schnäppchenjagd gehen.
GC und Lausanne (hier Veroljub Salatic und Christian Schneuwly) können auf Schnäppchenjagd gehen.
Bild: Keystone

Nun droht dieser Mechanismus ins Stocken zu geraten. Spielervermittler Christoph Graf prophezeit: «Für die Schweizer Spieler dürfte es recht schwierig sein, ins Ausland zu gehen.» Dies weil bis auf Weiteres die Matches – wenn überhaupt – ohne Zuschauer stattfinden und die Spieler so nicht mehr im Stadion beobachtet werden können. «Die entscheidenden Bewertungen werden aber in der Regel live gemacht», meint Graf, der auch die Vereinigung der Fussball-Agenten präsidiert.

Für ihn ist aufgrund der Rahmenbedingungen klar, dass die Schweizer Klubs zurückhaltend sein werden, wenn es wieder darum geht, Spieler zu verpflichten. «Mit Ausnahme von GC und Lausanne, falls sie aufsteigen.» Die beiden Challenge-League-Klubs mit ihren reichen Besitzern könnten die Impulsgeber auf dem Schweizer Markt werden.

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