Presseschau zum Nati-Entscheid «Ein fauler Kompromiss» – «Das Ja zu Yakin ist auch ein Nein zu Tami»

Von Luca Betschart

29.11.2023

Pierluigi Tami und Murat Yakin arbeiten bis mindestens zur EM-Endrunde gemeinsam.
Pierluigi Tami und Murat Yakin arbeiten bis mindestens zur EM-Endrunde gemeinsam.
Bild: Keystone

Der Schweizer Fussballverband hält trotz einer durchzogenen EM-Qualifikation an Trainer Murat Yakin fest. So ordnen die Schweizer Medien den Entscheid ein. 

Von Luca Betschart

29.11.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Früher als ursprünglich geplant gibt der Schweizerische Fussballverband am Dienstag bekannt, mit Murat Yakin als Trainer an die Europameisterschaft nach Deutschland zu fahren. 
  • «Murat hat uns mit konkreten Lösungsansätzen aufgezeigt, wie er das Team und den Staff weiter voranbringen will. Er hat uns überzeugt, weiterhin der richtige Mann für den Posten des Nationaltrainers zu sein», begründet Nati-Direktor Pierluigi Tami. 
  • In den Schweizer Medien wird der Entscheid unterschiedlich aufgefasst, wobei auch die Rolle von Tami Fragen aufwirft.

Die Rufe wurden lauter und die Stimmen zahlreicher. Zu viel ging in jüngster Vergangenheit schief, weshalb Murat Yakin in seiner Rolle als Schweizer Nationalcoach immer kritischer beäugt wurde. Die Zukunft des 49-Jährigen an der Seitenlinie der Nati schien auf wackligen Beinen zu stehen.

Doch der Verband lässt sich davon nicht beirren und gibt am Dienstag bekannt, dass Yakin auch für die EM-Endrunde im kommenden Sommer in Deutschland «weiterhin der richtige Mann» ist. Nati-Direktor Pierluigi Tami lässt verlauten: «Murat hat uns mit konkreten Lösungsansätzen aufgezeigt, wie er das Team und den Staff weiter voranbringen will.»

So reagieren die Schweizer Medien auf den Entscheid und dessen Begründung:

Tages-Anzeiger: «Was für ein fauler Kompromiss!»

«Der Schweizer Fussballverband schenkt dem Nationaltrainer das Vertrauen bis zur EM 2024 – und schleppt mit diesem Entscheid eine ganze Reihe von Problemen mit.

Diese Zeitung, nicht die einzige, sah nach dem Einbruch beim 1:1 gegen Israel vor zwei Wochen keine Zukunft mehr mit Murat Yakin. Und am Ende war es sogar Pierluigi Tami als Direktor der Nationalteams, der seinen Trainer in der Luft hängen liess.

Yakin darf zumindest an die EM, aber danach ist alles wieder offen, alles wird wieder analysiert und erneut bewertet. So liest sich ein fauler Kompromiss, wie er nicht nur für die nette Schweiz steht, sondern eben auch für zaudernde Fussball-Funktionäre.»

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NZZ: «Mission «Zusammenraufen»: Der SFV bestätigt Murat Yakin als Nationaltrainer»

«Der Entscheid zugunsten von Yakin überrascht insofern nicht, als SFV-Funktionäre gelegentlich gerne vorrechnen, wie wenige Nationaltrainer in den letzten zwei Jahrzehnten beschäftigt worden seien: nur deren vier, Köbi Kuhn, Ottmar Hitzfeld, Vladimir Petkovic und Yakin. Der SFV glaubt Kraft zu schöpfen aus dieser Trainer-Treue – aber womöglich hofft er dieser Tage noch viel mehr, dafür auch belohnt zu werden.

Die Mission EM 2024 wird auch eine Mission «Zusammenraufen». Yakin und Xhaka sollten nicht an die Endrunde reisen ohne das eine oder andere klärende Gespräch geführt zu haben, ebenso Yakin und Tami, der seinem Trainer noch letzte Woche nicht mehr üppig viel Vertrauen entgegenzubringen schien. Nicht zu vergessen: andere Spieler, etwa der Abwehrchef Manuel Akanji, der in Bukarest nach dem Spiel nicht verstanden hatte, was Yakin im Mannschaftskreis gesagt hatte – und wie er es dem SRF-Reporter sagte, wirkte Akanji so, als würde er Yakins Botschaft auch nicht gross vermissen.»

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Blick: «Die Problemlösung wird vertagt»

«Am Ende ging alles schnell. Nachdem SFV-Präsident Dominique Blanc (72) und Nati-Direktor Pierluigi Tami (62) noch in Bukarest von einer grossen Analyse im Dezember gesprochen hatten, sind die SFV-Verantwortlichen nun innerhalb weniger Tage zum Schluss gekommen, dass Murat Yakin (49) auch für die Endrunde in Deutschland der Richtige ist.

Die mittelfristige Zukunft ist damit zwar geklärt, wie es aber mit der Nati ab Sommer weitergehen soll, bleibt offen. Denn die gross angekündigte Analyse findet nun erst nach der EM statt. Damit vertagt der Verband die Problemlösung. Die Diskussionen der vergangenen Wochen werden bei erster Gelegenheit wieder ausbrechen, diejenigen über die Zukunft werden Trainer und Team vor und während des Turniers in Deutschland begleiten.»

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Luzerner Zeitung: «Das Ja zu Yakin ist auch ein Nein zu Tami»

«Trotzdem wurde in einzelnen Medien über Yakin gerichtet, als würde er die Nati gerade gegen die Wand fahren. Dabei hat die Schweiz noch nie einen Trainer nach erfolgreicher Endrunden-Qualifikation entlassen. Yakin indes aber wurde durch den medialen Fleischwolf gedreht. Und das hat viel mit seinem Vorgesetzten Pierluigi Tami zu tun.

Statt seinem Trainer Rückendeckung zu geben, hat der Nati-Direktor erst nur zugeschaut und später mit zweifelhaften Äusserungen die Yakin-Kritiker weiter mit Nahrung versorgt. Beispielsweise, als er vor den letzten drei Quali-Spielen orakelte, es könnte auch sein, dass Yakin keine Lust mehr habe. Damit suggerierte er, Yakin sei energie- und ratlos geworden.

Auch hat Tami nie das Bild vom angeblich zerrütteten Verhältnis zwischen Yakin und seinem Captain Granit Xhaka korrigiert. Er hat einfach nur tatenlos zugeschaut, wie diese Geschichte medial eine Eigendynamik angenommen hat, ohne je dazwischen zu gehen. Und zuletzt hat er kaum noch Zweifel daran gelassen, den Trainer auswechseln zu wollen. Kurz: Die Trainerdiskussion ist auch aufgekommen, weil Tami sie zugelassen hat.

Vielleicht ist Tami der Verlierer in diesem Spiel. Und weil der Verband immer wieder betont, die bestmöglichen Voraussetzungen für die EM zu schaffen, sollte man nun Tami auf den Prüfstand stellen. Derzeit ist es jedenfalls schwer vorstellbar, dass der Direktor den von ihm gekappten Draht zu seinem Trainer reparieren kann.»

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24 Heures: «Der fehlende Mut des SFV»

«Der Verband betont, dass Yakin die Lösungen haben wird, um eine Mannschaft weiterzuentwickeln, die seit seiner Amtszeit im Spiel, in ihren Gewissheiten und in ihren Resultaten immer weiter zurückgefallen ist. Kurzum, sie schwört, dass Muri der richtige Mann ist, um die Schweiz zur EM 2024 zu führen, obwohl er das Kunststück vollbracht hat, das schlechteste Team zu führen, das sich für die EM qualifiziert hat.

Was lässt das alles vermuten? Dass der SFV, sein Präsident Dominique Blanc und sein Direktor der Nationalmannschaften Pierluigi Tami nicht den Mut hatten, die Entscheidung zu treffen, die für das Wohl und die Ruhe des Schweizer Fussballs notwendig gewesen wäre. Sie blieben rational und zogen es vor, den Vertrag zu erfüllen, anstatt die Vernunft siegen zu lassen: Es gibt einen Bruch zwischen der Schweizer Nationalmannschaft und ihrem Publikum, Murat Yakin ist die Ursache dafür, und der SFV kümmert sich nicht darum.»

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