Whistleblower John Whistleblower John: «Der Fussball ist mittlerweile völlig ausser Kontrolle geraten»

pat

6.11.2018

Der Informant, der dem «Spiegel» seine Daten über die faule Fussballwelt überliess, nennt sich John.
Der Informant, der dem «Spiegel» seine Daten über die faule Fussballwelt überliess, nennt sich John.
Bild: Getty Images

John, der in Tat und Wahrheit anders heisst, ist ein Mann ohne Gesicht. Er hat dem «Spiegel» seit Februar 2016 Unmengen an Daten zugespielt, die die Fussballwelt erschüttern. Wer ist John? Und warum tut er das?

John hat nur eine Kontaktperson, Spiegel-Redakteur Rafael Buschmann. Niemand sonst in der Fussball-Branche kennt sein Gesicht, denn der Informant fürchtet um sein Leben und ist so vorsichtig, wie es nur geht. Verschiedene Klubs sollen Privatdetektive auf ihn angesetzt haben, er fühlt sich nicht sicher, bleibt nie länger als zwei Tage am selben Ort. Treffen mit Buschmann werden teils kurzfristig an einen anderen Ort verlegt. Sein Ziel als Whistleblower? «Transparenz und Gerechtigkeit. Die Fussballfans müssen verstehen, sie füttern da ein unkontrollierbares Monster.»

«Nur über eines reden sie nie: über die Fans. Über die Leute, die diesen Sport gross gemacht haben.»

Whistleblower John

Und woher kommen die Daten? «Seit 2015 haben wir tausende Gigabytes an Daten von verschiedenen Quellen bekommen. Wir wissen nichts über die genaue Herkunft der Informationen. Aber eines kann ich garantieren, wir sind keine Hacker», so John.

Was treibt John an?

John liebt den Fussball seit Kindestagen, doch es ekele ihn an, was das Geld mit und aus dem Fussball gemacht habe, sagt er bei einem ersten Treffen mit Buschmann. John zeigt dem Journalisten damals Unmengen an Dokumenten, die beweisen sollen, dass Korruption, Steuerhinterziehungen, schmutzige Deals von Beratern, Spielern und Funktionären allgegenwärtig sind. Geld und Profitmaximierung scheinen über allem zu stehen. «Nur über eines reden sie nie: über die Fans. Über die Leute, die diesen Sport gross gemacht haben», meint John.

Vor rund drei Jahren hatte er deswegen die Enthüllungsplattform «Football Leaks» gegründet und auf seiner Website vertrauliche Dokumente wie Spielerverträge oder Sponsorendeals öffentlich gemacht. Im Februar 2016 entschied er sich, dem «Spiegel» einen Grossteil der Daten zu übergeben. Das Nachrichtenportal hat seither gemeinsam mit dem Recherchenetzwerk EIC riesige Datenmengen ausgewertet und unzählige Geschichten veröffentlicht.

Dass John kein Verschwörungstheoretiker ist, beweist etwa die Tatsache, dass aufgrund der Daten schon unzählige Fussballer der Steuerhinterziehung schuldig gesprochen wurden. Die Weltfussballer Messi, Ronaldo und Modric, um nur einige zu nennen, mussten nach den Enthüllungen Millionen Straf- und Nachzahlungen in die Staatskassen leisten.

John: «Der Fussball ist völlig ausser Kontrolle geraten»

Doch John macht immer weiter, liefert dem «Spiegel» Anfang dieses Jahres neue brisante Daten. Auch Papiere über die geheimen Pläne einer europäischen Super League, die die nationalen Ligen und die Champions League bedrohen. «Das muss alles ans Tageslicht. Die Leute, die den Fussball so lieben und ständig dafür bezahlen, haben ein Recht darauf zu verstehen, wie diese Branche wirklich funktioniert. Der Fussball ist mittlerweile völlig ausser Kontrolle geraten. Die Super-League-Pläne machen doch deutlich, wer in dem Sport noch das Sagen hat: Reiche Investoren und einige wenige Topklubs tyrannisieren alle anderen», sagt John.

Ihm sei es egal, ob es eine europäische Super League gebe oder nicht. «Was mich stört, ist die Art von Geheimdeals, die die Superklubs abziehen. Alles passiert im Verborgenen, es gibt kaum Kontrolle, keine Transparenz – das ist doch der Nährboden für kriminelle Machenschaften!»

Bislang hat sich offenbar keines von Johns Dokumenten als gefälscht herausgestellt.

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