Zu viel Show? Djokovic legt sich mit dem Schiedsrichter an und wird dafür gefeiert

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19.5.2023

Novak Djokovic regt sich über die Selbstinszenierung des Schiedsrichters auf.
Novak Djokovic regt sich über die Selbstinszenierung des Schiedsrichters auf.
Bild: Imago

Beim Viertelfinal-Duell zwischen Novak Djokovic und Holger Rune legen sich gleich beide Spieler mit dem Schiedsrichter Mohamed Lahyani an. Die Fans schlagen sich auf die Seiten der Spieler.

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Holger Rune und Novak Djokovic standen diese Woche zwar auf gegenüberliegenden Seiten des Netzes in Rom, was sie an diesem Tag aber vereinte, war ihre Unzufriedenheit mit Schiedsrichter Mohamed Lahyani.

Rune verlor schon Ende des ersten Satzes seine Beherrschung. Er sah einen Ball von Djokovic bei Satzmitte klar im Aus und zeigte das gleich an. Lahyani beharrte allerdings darauf, dass der Ball die Linie berührt hätte. Weil auf Sand kein Hawk Eye kontaktiert wird, blieb es bei dem Entscheid. Rune verlor anschliessend das wichtige Game und geriet mit 2:5 in Rückstand. Wie Kamerabilder später zeigten, war der Ball tatsächlich zu lang.

Beim Seitenwechsel konnte Rune seinen Frust nicht länger für sich behalten: «Hör mal zu. Ich hatte dich schon drei- oder viermal als Schiedsrichter und du machst jedes Mal Fehler, wenn wir spielen», so der 20-Jährige zu Lahyani. «Du bist ein absoluter Witz, Mann.» Während Trainer Patrick Mouratoglou versuchte, den an Nummer 7 gesetzten Spieler von den Rängen aus zu beruhigen, war Rune noch nicht fertig. «Wirst du für solche Fehler eigentlich auch bestraft? Wir bekommen eine Busse. Alles, was ich will, ist etwas mehr Respekt für die Spieler.»

«Der Typ ist ein Witz!» — Rune rastet wieder aus

«Der Typ ist ein Witz!» — Rune rastet wieder aus

Holger Rune schlägt Novak Djokovic zwar mit 6:2, 4:6 & 6:2, lässt sich im 2. Satz aber zu scharfen Worten gegen den Referee hinreissen. Mit diesem scheint der Däne schon länger auf Kriegsfuss zu stehen.

17.05.2023

«Spielst du hier ein Theater oder was?»

Djokovic verfolgte den Disput wortlos mit. Im entscheidenden dritten Satz wurde es aber auch dem Serben zu bunt. Verwirrt über eine ausgesprochene Zeitstrafe wendet er sich an Lahyani, um sich über den Grund zu informieren.

Lahyani erklärt ihm, dass er den Spielstand immer erst auf italienisch und dann auf englisch ansage. Solange hätte Djokovic zu warten. «Aber was machst du für ein Drama, solange zwischen Englisch und Italienisch zu warten?», fragt Djokovic. «Spielst du hier ein Theater oder was? Warum sagst du den Spielstand 20 Sekunden lang? Sag einfach den Spielstand, um Himmels willen.»

Die Show wird zum Bumerang

Tatsächlich ist Lahyani als Showman auf der Tour bekannt. Oft verwendet er bei seinen Ansagen eine sehr melodiöse Sprache. Er macht so laute Ausrufe, dass Ballkinder sich erschrecken und setzt sich auch schon beim Münzwurf gerne mal in Szene.

Insofern erstaunt es auch nicht, dass die Fans und Experten jetzt Verständnis für die Spieler aufbringen. «Ich habe noch nie erlebt, dass ein Spieler Lahyanis Showeinlagen direkt kritisiert hat, aber das war überfällig. Gut von Novak», schrieb Tennis-Reporter Ben Rothenberg nach dem Vorfall auf Twitter.

Matteo Meloni sieht es ähnlich: «Ich habe vollstes Verständnis für Novak. Lahyani liebt das Drama. Er macht immer etwas, um sich in den Vordergrund zu spielen. Er sollte sich wie ein Schiedsrichter verhalten und nicht wie der Hauptdarsteller in diesem Stück.»

Rune gewann die Partie nach dem ganzen Pseudo-Drama schliesslich in drei Sätzen und erreichte damit sein zweites Halbfinal bei einem Masters-1000-Turnier. Für Djokovic, der in der kommenden Woche vom Spanier Carlos Alcaraz an der Spitze der Weltrangliste abgelöst wird, reist damit mit einer mageren Jahresbilanz von fünf Siegen und drei Niederlagen bei drei Sandplatz-Turnieren ans French Open in Paris, das übernächste Woche beginnt.