Der 24-fache Grand-Slam-Sieger Novak Djokovic steht wieder einmal im Wimbledon-Halbfinal. Nun will ihn Lorenzo Musetti stoppen. Was steckt hinter der Turnier-Überraschung aus Italien?
Nicht Jannik Sinner, sondern Lorenzo Musetti verlängert Italiens Hoch. Statt der Weltnummer 1 schaffte die unbekannte Weltnummer 25 den Vorstoss unter die letzten vier in Wimbledon. Musetti ist erst der vierte Spieler aus dem Belpaese nach Nicola Pietrangeli, Matteo Berrettini und Sinner, der dies schafft.
Im Viertelfinal bodigte der 22-Jährige den favorisierten Amerikaner Taylor Fritz (ATP 12), einen eigentlichen Rasenspezialisten. Nach dreieinhalb Stunden und fünf Sätzen musste sich der US-Amerikaner geschlagen geben.
Gewonnen hat an der Church Road noch nie ein Italiener. Auch für Musetti ist der Weg dazu noch steinig. Denn nun wartet der 24-fache Grand-Slam-Sieger Novak Djokovic. Gegen die Tennis-Legende hat der Toskaner – er kommt wie der Ex-Fussballer Gigi Buffon aus der kleinen Stadt Carrara, die für ihren Marmor berühmt ist – aber immerhin eine von sechs Partien gewonnen, letztes Jahr auf Sand in Monte Carlo, und vor gut einem Monat forderte er diesen bei den French Open fünf Sätze lang.
Djokovic die grösstmögliche Hürde
Der Serbe kam noch durch, bezahlte aber später mit einem kaputten Knie für unter anderem diesen Effort. Nach einer Operation wurde er so schnell wieder fit, dass er nun in Wimbledon nach seiner achten Krone greift.
Sein Wimbledon-Halbfinale am Freitag gegen Lorenzo Musetti dürfte für ihn eine machbare Aufgabe sein. Während Djokovic seinen 25. Titel bei einem der vier bedeutendsten Turniere der Sportart anstrebt, steht der 15 Jahre jüngere Italiener zum ersten Mal in einem Grand-Slam-Halbfinale.
«Er kennt den Belag und das Stadion wahrscheinlich besser als ich», sagte Musetti mit einem Lachen. «Spass beiseite, er ist überall eine Legende, aber besonders hier in Wimbledon.» Doch kampflos wird sich Musetti, der im März erstmals Vater wurde, nicht geschlagen geben. «Wir kennen uns gut, es waren immer grosse Fights. Das erwarte ich diesmal auch.»
Federer-Fan trägt Tennis-Liebe unter der Haut
Sein grosses Vorbild ist Roger Federer. «Ich hatte die Chance, ihn zu treffen und mit ihm im Training zu spielen», so Musetti. «Für mich war das etwas sehr Wichtiges und sozusagen das Erreichen eines Ziels und eines Traums.» Wie der Schweizer spielt er die Rückhand einhändig, sein Slice ist auf Rasen eine echte Waffe.
Der 22-Jährige fühlt sich auf allen Belagen wohl und ist ein typischer Allroundspieler. Zu den Schwächen gehört sein zweiter Aufschlag sowie manchmal die mentale Konstanz. «Ich bin leider nicht in jedem Spiel so konzentriert wie möglich. Damit bin ich nicht der Beste auf der Tour», gestand er kürzlich in einer Medienrunde.
Doch Tennis ist sein Leben. Auf seinem linken Arm hat er ein Tattoo machen lassen, welches seinen Herzschlag in Verbindung mit einem Tennisschläger zeigt. Sein Onkel, ein Kardiologe, zeichnete die Herzschlagfrequenz auf. Musetti erläuterte jüngst die Bedeutung dahinter : «Ich liebe diesen Sport. Schon als Kind hatte ich eine grosse Leidenschaft für Tennis. Ich träumte davon, ein Tennisspieler zu sein und die Nummer 1 der Welt zu werden.»