Seit letztem Herbst arbeitet Belinda Bencic mit Dimitri Tursunow zusammen. Eine erfolgversprechende Kooperation, wie der Sieg in Adelaide gezeigt hat. Liegt nun sogar der erste Grand-Slam-Sieg drin?
Als Spieler schaffte es Dimitri Tursunow selber bis auf Rang 20 der Weltrangliste. Ganz solid, aber für die grossen Titel hat es dem Russen während seiner Aktiv-Karriere nie gereicht. Dafür sei er einfach zu wenig hungrig gewesen, wie er in einem Interview mit «Tennis Majors» festhält.
Anders sieht das heute als Trainer aus. Der 40-Jährige hat bereits verschiedene Spielerinnen an die Weltspitze geführt. Zu ihnen zählen Aryna Sabalenka, Anett Kontaveit und zuletzt die britische Überfliegerin Emma Raducanu. Seit Oktober letzten Jahres coacht Tursunow nun Belinda Bencic. Die Schweizerin hat ihn unmittelbar nach den US Open kontaktiert und dabei offensichtlich das richtige Timing erwischt.
Zu diesem Zeitpunkt war sich Tursunow nicht sicher, ob er mit Raducanu weiterarbeiten wollte. Er befürchtete, dass er seinen Job nicht wie bis anhin weiterführen kann, weil ihm durch den ganzen Erfolg zu viele Leute hereinreden würden. Anders sah das bei Belinda Bencic aus. «Belinda ist sehr entschlossen. Sie weiss nicht, ob es mit mir klappt. Ich könnte ihr Spiel komplett vermasseln. Aber sie vertraut mir. Es ist ein sehr gutes Zeichen bei einer Spielerin, wenn sie das Risiko eingeht und zu ihrer Entscheidung steht.»
«Es wird nicht der letzte Titel sein»
Das Risiko hat sich für Belinda Bencic bereits ausbezahlt. Bei ihrem Sieg letzte Woche in Adelaide hinterliess die Schweizerin einen bestechenden Eindruck. Im Final fertigte sie die Weltnummer 8, Daria Kasatkina gleich mit 6:0 und 6:2 ab. «Ich bin wirklich glücklich über diesen Titel. Es ist der erste mit meinem neuen Team», sagte sie in Richtung ihres neuen Coaches. «Es wird sicher nicht der letzte sein.»
Ob schon an den Australian Open der nächste folgen wird, werden die nächsten Tage und Wochen zeigen. Am Dienstag startet Belinda Bencic gegen Viktoriya Tomova (WTA 91) aus Bulgarien ins Turnier.
Weniger Druck und ein Plan B
Tursunow wird Bencic auch für dieses Turnier perfekt vorbereiten. Nicht zuletzt, weil er im Coaching seine Passion gefunden hat. «Coaching ist eine konstruktive Sache, zu spielen eher destruktiv, weil man den anderen schlagen muss. Ich mag es, Dinge zu kreieren, einer Spielerin zu helfen, ihr Spiel zu verbessern. Es ist, als würde man ein Auto tunen, indem man bessere Reifen nimmt, einen grösseren Motor einbaut oder bessere Bremsen.»
Bencic lässt sich auf all das ein. Durch die Arbeit mit Tursunow hat sie so auch eingesehen, dass sie sich insbesondere bei Grand Slams oft zu sehr unter Druck gesetzt habe, wie der «Tages Anzeiger» schreibt. Ausserdem will Tursunow ihr bewusst machen, dass sie nicht immer nur auf Plan A vertrauen kann, sondern manchmal auch einen Plan B braucht. «Ich ändere etwas an einer etablierten Spielerin, und wenn ich dabei versage, fällt das auf mich als Trainer genauso zurück wie auf sie.»
Der auf dem Papier erste wirkliche Gradmesser erwartet Bencic frühstens im Achtelfinal, wo sie auf die Weltranglisten-Fünfte Aryna Sabalenka treffen könnte. Zum Glück kennt Tursunow die Stärken und Schwächen seiner ehemaligen Schülerin aber nur zu gut, sodass einem nächsten Exploit von Bencic in Melbourne nichts im Wege stehen dürfte.