Kampf der Spieleplattformen Warum zeigen Gamer dem Epic Store den Mittelfinger?

Martin Abgottspon

8.4.2019

Etliche Steam-Nutzer rufen weiterhin zum Boykott des Epic Stores auf.
Etliche Steam-Nutzer rufen weiterhin zum Boykott des Epic Stores auf.
Bild: Steam

Der Angriff der «Fortnite»-Macher auf Steam wird ernst. Die Spieler reagieren mit Boykott und negativen Kommentaren. Doch das dürfte Epic kalt lassen.

Als Epic ankündigte, mit einer eigenen Spieleplattform den Platzhirschen Steam zu attackieren, hatten viele PC-Spieler nur ein müdes Lächeln dafür übrig. Steam ist inzwischen einfach zu gross geworden. Videospieleliebhaber kaufen ihre Spiele kaum noch beim örtlichen Händler. Stattdessen laden sie sich die neusten Titel zentral bei Steam runter und haben damit ihre Game-Bibliothek inklusive Freundesliste, Markplatz und Errungenschaften zentral an einem Ort.



Wenn der Epic Store nun an diesem Konstrukt rütteln will, kommt einem das ein bisschen so vor wie damals, als Google Plus in den Ring stieg, um Facebook herauszufordern. Wie die Geschichte für Google endete, ist bekannt. Im Gegensatz zu Google hat Epic Games beim eigenen Angriff aber klare Pläne und eine Strategie, wie das Quasi-Monopol aufzubrechen ist.

Mit der Gunst der Entwickler

Das Fundament dabei ist die hauseigene Preispolitik. Epic fordert von den Spieleherstellern nur zwölf Prozent Gewinnbeteiligung. Bei Steam-Betreiber Valve sind es 30 Prozent. Die Rechnung ist aus Sicht der Entwickler schnell gemacht. Wenn Epic Games zusätzlich auch noch mit garantierten Verkaufszahlen lockt, überlegen selbst die grossen Spielestudios nicht mehr, ob Steam aufgrund seiner Reichweite vielleicht trotzdem interessanter wäre.



So hat es Epic in den letzten Monaten geschafft, gleich mehrere Exklusiv-Verträge für Top-Games abzuschliessen. «Anno 1800» wird genauso nur im Epic Store zur Verfügung stehen wie «Borderlands 3». Andere grosse Titel wie «Metro Exodus» oder «The Divison 2» sind bereits im Katalog. Die Liste wird von Woche zu Woche länger, ohne dass Steam bisher reagiert hätte.

Epic kann es nur recht sein. CEO Tim Sweeney zieht zumindest eine zufriedene Zwischenbilanz und macht auch keinen Hehl um seine aggressive Strategie: «Es ist hoffnungslos, einen dominanten Store zu verdrängen, indem man ein paar mehr Features oder eine etwas einfachere Installation umsetzt. Diese Schlachten werden auf der Basis von Spiele-Verfügbarkeit, Preisen und Umsatzbeteiligung für Entwickler entschieden», sagt er in einem Interview mit MCV.

Woher der ganze Hass?

Nun könnte man eigentlich davon ausgehen, dass diese Entwicklung im Endeffekt auch den Spielern zugute kommt. Schliesslich belebt Konkurrenz das Geschäft. Für den Endkunden bedeutet dies in der Regel tiefere Preise und bessere Produkte und Services. Davon ist aber noch wenig zu spüren, und aus diesem Grund ist der Epic Store vielen Spielern ein Dorn im Auge. Viele rufen zum Boykott auf und posten Hasskommentare, wo es sich gerade anbietet. Doch woher kommt diese ausgeprägte Antipathie gegenüber dem neuen Herausforderer?

Mit negativen Kommentaren auf Steam zeigen die Nutzer, was sie vom Epic Store halten.
Mit negativen Kommentaren auf Steam zeigen die Nutzer, was sie vom Epic Store halten.
Bild: Steam

Theorien dazu gibt es mehrere. Es fängt an mit verschwörerischen Gerüchten um Spyware, welche die Nutzerdaten im Epic Store abgreifen sollen und endet mit der fehlenden Review-Funktion, wohinter einige Spieler eine Art Zensur sehen. Für einige ist die Abneigung gegenüber «Fortnite» schlicht so gross, dass sich das auch auf Epic Games überträgt. Im Grossen und Ganzen ist die Ablehnung aber wohl eher auf ein ähnliches Phänomen zurückzuführen, wie man es etwa auch bei der Streaming-Fehde von Netflix und Apple kennt, gepaart mit der Tatsache, dass sich die meisten Menschen mit Neuerungen eher schwer tun.

Doch so langsam sinkt die Zahl der Kritiker. Denn es ist doch nicht jeder bereit, über seinen Schatten zu springen, wenn die Fortsetzung eines Lieblingsspiels nur im Epic Store angeboten wird. Und so wird man sich darauf einstellen müssen, dass in Zukunft eben mindestens zwei grosse Plattformen um die Gunst der PC-Spieler buhlen. Irgendwann werden die Spieler dadurch sicher auch direkt profitieren.

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