Kolumne Einbahnstrasse Akku-Auto

Von Herbie Schmidt

9.8.2019

Da schafft man sich ein Elektroauto an und ist in der glücklichen Lage, dafür einen Platz in der heimischen Tiefgarage zu haben. Bleibt nur noch die Frage offen: Wo kann man den  Stromflitzer aufladen?
Da schafft man sich ein Elektroauto an und ist in der glücklichen Lage, dafür einen Platz in der heimischen Tiefgarage zu haben. Bleibt nur noch die Frage offen: Wo kann man den  Stromflitzer aufladen?
Bild: Getty Images

Sie haben sich ein Elektroauto angeschafft und wollen es prompt daheim aufladen? Gemach. So einfach ist das nicht.

Da schafft man sich ein Elektroauto an und ist in der glücklichen Lage, dafür einen Platz in der heimischen Tiefgarage zu haben. Man geht natürlich auch fest davon aus, dass man den Wagen an der Steckdose laden kann – und mit ein bisschen Planungsgeschick hat man sogar bereits eine rot-weisse 400-Volt-Dose an der Wand. Jetzt noch eine Wallbox kaufen – die kostet zwischen 500 und 1'000 Franken –, der freundliche Elektriker wird sie dann fachmännisch installieren. 

Alles gut soweit?

Mitnichten: Denn meistens fehlt in der Hausanlage eine entsprechende Fehlerstrom-Schutzschaltung für den Fall, dass es Probleme bei der Schnittstelle zwischen Ladestation und Auto gibt. Also her damit. Man will ja nicht das ganze Haus lahmlegen und als totaler Ego dastehen, nur damit der Stromflitzer vollgeladen ist. Klar, das alles kostet extra, und dies nicht zu knapp. 

Doch ist wenigstens dann alles gut?

Ist es nicht: Das dicke Ende heisst «Lastabwurfschaltung» und muss auch noch zuhause installiert werden. Warum? Der Stromversorger will schlicht damit verhindern, dass zu viele Stromfresser den Saft aus dem Netz saugen – und für einen Engpass sorgen.

Es kann also sein, dass einmal eine ganze Reihe Elektroautos etwa nachts aufgeladen werden sollen. Aus Sorge um all die Kühlschränke, Waschmaschinen und Klimaanlagen, die ebenfalls die Nacht durchlaufen sollen und keine Stromunterbrüche gebrauchen können, wirkt dann die Lastabwurfschaltung. Auch diese kostet natürlich extra, die Installation der Wallbox ist sogar teurer als das Teil selbst.

Und wer nennt all das Unsinn? Es ist Tarak Mehta, der Chef Elektrifizierung bei ABB. Im NZZ-Interview sagt er: Wenn das Laden keine Einbahnstrasse mehr wäre, sondern bidirektional, könnte man auf solche Lastabwurfschaltungen getrost verzichten. Was es brauche, seien smarte Stromnetze, in denen Elektroautos auch als Stromlieferanten genutzt werden können. Natürlich so, dass noch genügend Batterieladung im Auto bliebe.

Das geht, und zwar schon lange. Nissan hat seit Jahren solche Anlagen im Einsatz und füttert schon seine Frankreich-Zentrale mit Elektroautos. Also los, raus aus der Einbahnstrasse. Sharing is caring.

An dieser Stelle gibt es an jedem Freitagmorgen eine Autoren-Kolumne –abwechselnd zu den Themen Mode, Essen, Digitales Leben und Mutter. Heute: Digitales Leben.

Herbie Schmidt, 57, leitet bei der NZZ den Bereich Mobilität und treibt sich privat auch noch auf Rennstrecken herum – meist am Steuer sitzend. In seiner Vita stehen sechs Jahre beim Sauber-F1-Team und 13 Jahre als Autojournalist.

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