Vogelschau Gans hautnah erleben – wildes Naturschauspiel am Niederrhein

Bernd F. Meier, dpa

27.12.2019

Wenn es kalt wird, fühlen sie sich hier zu Hause. 100'000 arktische Wildgänse überwintern im deutschen Naturschutzgebiet Düffel. Doch es gibt dort noch viel mehr zu bestaunen. 

Nieselregen hängt über dem Flachland. Grau in Grau zeigt sich die Düffel an diesem Wintersonntag. «Der Regen stört die Gänse nicht, es sind ja Wasservögel», sagt Andrea Schulze, Natur- und Landschaftsführerin. Ihren Gäste zeigt sie am unteren Niederrhein bei Kleve ein besonderes Naturschauspiel: arktische Wildgänse.

Die Düffel ist ein 3'800 Hektar grosses Naturschutzgebiet am Rhein. Die Landschaft mit ihren Kuhweiden, Mais- und Getreidefeldern gilt als Hotspot für allerlei Federvieh: Grau-, Saat- und Weisswangengänse, vor allem aber arktische Blässgänse fallen hier seit Jahrzehnten in schöner Regelmässigkeit Anfang November zum Überwintern ein.

Ausserdem beobachten lassen sich Möwen, Grau- und Silberreiher, Weissstörche und einst aus Volieren ausgebüxte Nil- und eingewanderte Kanadagänse, die links und rechts des Niederrheins ganzjährig zu Hause sind.

Winterquartier am Niederrhein

Andrea Schulze ist mit Naturschützerin Mona Kuhnigk in der Düffel unterwegs – und mit rund 50 Busreisenden. «In unserem Gebiet können es bis zu 80'000 Blässgänse sein, in Nordrhein-Westfalen insgesamt etwa 200'000», schätzt Kuhnigk von der Nabu-Station in Kleve.

Die Tiere sind friedlich, auch wenn das Geflatter ein wenig an einen Hitchcock-Thriller erinnert.
Die Tiere sind friedlich, auch wenn das Geflatter ein wenig an einen Hitchcock-Thriller erinnert.
Bild: Roland Schwark/Nabu-Naturschutzstation Niederrhein/dpa

Die Gänseschar findet beste Bedingungen vor, etwa ruhige Schlafplätze in Altrheinarmen und ehemaligen Kies- und Sandgruben. «In diesen stehenden Gewässern sind sie vor ihren Feinden, beispielsweise dem Fuchs, ziemlich sicher», erklärt Schulze.

Futtern nach der Fernreise

Die Blässgänse haben bei ihrer Ankunft am Niederrhein innerhalb von drei Monaten eine Flugstrecke von etwa 5'000 Kilometern zurückgelegt und sind entsprechend ausgezehrt. Im Winterquartier wird das watschelnde Federvieh wieder rund und satt.

«Unsere Gänse fressen täglich ein Drittel ihres Körpergewichts», sagt Schulze. «Auf zwei bis drei Kilo Gans kommen 800 bis 1'000 Gramm Gras. Das ist eine ganze Menge Grünzeug.»



Das Jahr der Blässgänse verläuft im Drei-Monats-Rhythmus: Von November bis Februar sind sie am Niederrhein. Drei Monate dauert der Flug zum Sommerquartier auf der subarktischen Taimyrhalbinsel in der sibirischen Region Krasnojarsk. Dort folgen drei Monate Brutperiode und Nachwuchs-Aufzucht, dann erneut drei Monate Flug zum Niederrhein.

Ein bedrohliches Gewässer

Natur und Kultur, beides wird während der Bustour vermittelt. Im Dörfchen Niel lassen Schulze und Kuhnigk die Gäste vor der Pfarrkirche Sankt Bonifatius aussteigen.

Einfach mal abschalten: Das klappt im Naturschutzgebiet Düffel garantiert.
Einfach mal abschalten: Das klappt im Naturschutzgebiet Düffel garantiert.
Bild: Thomas Chrobock/Nabu-Naturschutzstation Niederrhein/dpa

«Schon die Römer haben Teile der Düffel trockengelegt, Holländer machten im 13. Jahrhundert die Auenlandschaft nutzbar», sagt Schulze. «Sie zogen Entwässerungsgräben, und Bauern konnten sich ansiedeln.» Doch bis heute gelten die Düffel und das benachbarte Naturschutzgebiet Salmorth als vom Hochwasser bedroht.

Störche und Huftiere

Über schmale Landstrassen kurvt der Bus nach Zyfflich, dem Storchendorf am Niederrhein. Hier brüten seit 1995 ausgewilderte Weissstörche. An die 40 Storchenpaare sollen es Schulze zufolge am Niederrhein mittlerweile wieder sein.



Hinüber geht es nach Holland zu einem Spaziergang über den haushohen Deich der Millingerwaard. Das 700 Hektar grosse Naturschutzgebiet ist nicht nur Rückzugsort von Gänsen und Wasservögeln, sondern auch Lebensraum der seit einigen Jahren angesiedelten Galloway-Rinder und halbwilden Konik-Pferden. Von Millingen geht es zurück nach Kleve.

Auch Firmen buchen Naturexkursionen. Die Teilnehmer kommen den Gänsen dabei noch näher als die Bustouristen: Im Anschluss geht es manchmal in ein Restaurant zur Weihnachtsfeier – mit Gänsebraten.

Natürlich nicht von den Wildgänsen.

Noch mehr Informationen

Beste Reisezeit: Dezember bis Februar. Die Nabu-Gänsetouren im Bus finden jeweils am Sonntagnachmittag statt.

Informationen:  Tourismus Stadt Kleve und Nabu-Naturschutzstation Niederrhein.

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