Brienz GR wird zum Geisterdorf Die Flucht vor dem grossen Rutsch

Von Christian Thumshirn und Gil Bieler, Brienz

12.5.2023

Brienz wird zum Geisterdorf: Die Flucht vor dem grossen Rutsch

Brienz wird zum Geisterdorf: Die Flucht vor dem grossen Rutsch

Noch wenige Stunden, dann wird Brienz zum Geisterdorf: Alle müssen das Bündner Bergdorf bis am Freitagabend verlassen haben, ehe der Felssturz kommt. Rundgang durch ein Dorf im Ausnahmezustand.

11.05.2023

Noch wenige Stunden, dann wird Brienz zum Geisterdorf: Alle müssen das Bündner Bergdorf bis am Freitagabend verlassen haben, ehe der Felssturz kommt. Rundgang durch ein Gebiet im Ausnahmezustand. 

Von Christian Thumshirn und Gil Bieler, Brienz

12.5.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die Frist für die Evakuierung von Brienz läuft aus: Bis Freitag um 18 Uhr müssen alle Bewohner*innen das Dorf verlassen haben.
  • Ab dann ist das Bündner Bergdorf Sperrgebiet, die Bevölkerung darf nur noch tagsüber und auf Anmeldung kurz hinein.
  • Die Geologen erwarten, dass sich in den nächsten Tagen oder Wochen bis zu zwei Millionen Kubikmeter Felsmasse oberhalb Brienz lösen. Ein Ausharren im Dorf wäre viel zu gefährlich.
  • Am Donnerstag durften Medienschaffende aus dem In- und Ausland einen vorerst letzten Augenschein in Brienz nehmen.
  • Mehr zur Entwicklung erfährst du im Ticker.

Schneller als erwartet müssen die Kühe den Hof von Georgin und Annette Bonifazi verlassen: Die Transporter fahren vor, um die Tiere in ihre vorübergehende Unterkunft in Cazis zu bringen. Das war eigentlich erst in der «Phase Rot» des Evakuierungs-Plans und damit zu einem späteren Zeitpunkt vorgesehen.

Für die vielen Fragen der Medienschaffenden, die an diesem Donnerstagnachmittag durch Brienz geführt werden, hat das Landwirtepaar kaum Zeit. Verständlicherweise. Die Evakuierung ist in vollem Gang, und es gibt noch viel zu tun.

Die Bevölkerung von Brienz lebt im Ausnahmezustand. Bis am Freitagabend um 18 Uhr müssen alle das Dorf im Bündner Albulatal verlassen haben – ohne zu wissen, für wie lange. Eine enorme Belastung, die sich zuweilen in frustrierten Äusserungen gegenüber den Journalisten und Kamerafrauen entlädt.

Aus der Schweiz, aus Deutschland und Frankreich sind sie angereist, um sich noch einmal im beschaulichen Dorf umschauen zu können. Dieser Medienrummel ist manchen der noch im Dorf Verbliebenen zu viel. Auch das: verständlich. 

Nur wenige Stunden bleiben noch, dann wird Brienz zum Geisterdorf. Nur noch Tage, maximal wenige Wochen, bis ein guter Teil des bedrohlich rumorenden Berghanges am Dorfeingang niedergeht. So schätzen es die Geologen. Wann genau es zum Felssturz kommt, wissen aber auch sie nicht. Genauso wenig, wie viel Gestein am Ende talwärts donnert. Doch es könnten bis zu zwei Millionen Kubikmeter Gestein sein. Ein Bergsturz. Ausrichten kann der Mensch da nichts mehr. Ausser das Weite suchen.

Letzte Eindrücke von Brienz kurz vor Ablauf der Evakuierungsfrist gibt dir die Videoreportage oben.

So geht es in Brienz weiter

  • «Phase Orange: Diese gilt seit dem 9. Mai. Ein Felssturz droht innert einer bis drei Wochen. Die Bevölkerung muss das Dorf bis spätestens Freitag um 18 Uhr verlassen haben – samt Katzen und Hunden, Nur Grossvieh bleibt in den Ställen. Alle Zufahrtsstrassen sind gesperrt, Ausnahmen gibt es nur für Bewohner*innen.»
  • Phase Rot: Ein Felssturz droht in vier bis zehn Tagen. Ab jetzt gilt ein generelles Betretungsverbot für das gesamte Dorf, auch das Grossvieh wird aus dem Dorf geholt.
  • Phase Blau: Ein Felssturz steht unmittelbar bevor. Jetzt wird auch die Kantonsstrasse zwischen Tiefencastel und Vazerol gesperrt, genauso die Albulalinie der RhB unterhalb des Dorfes und die daran entlangführende Landwasserstrasse. Auch die beiden westlichsten Häuser von Surava werden evakuiert.

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