Events, Badis und Co. Nach Corona-Notlage: Das müssen Sie über die grosse Öffnung wissen

Von Jennifer Furer

27.5.2020

Wegen der tiefen Neuansteckungszahlen ist es so weit: Der Bundesrat präsentierte am Mittwoch den letzten der drei Öffnungsschritte. Auch die ausserordentliche Lage beendet er am 19. Juni.

Grosses Aufatmen nach einer langen Durststrecke: Genau einen Monat nach der ersten Lockerung des Lockdowns ist nun die dritte und letzte grosse Öffnung in greifbarer Nähe. Am 6. Juni sollen auch die verbliebenen Lebensbereiche wieder zur Normalität zurückkehren. Möglich ist dies nur, weil sich die Anzahl an Neuansteckungen täglich auf tiefem Niveau befindet.

Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga sagte am Mittwoch vor den Medien, dass die «ausserordentliche Lage» ergriffen wurde, als die Schweiz über 1'000 Neuansteckungen pro Tag hatte, heute seien es noch 15. «Die Schweiz ist in den letzten Tagen aufgeblüht», sagte sie.

Es liege nun in der Eigenverantwortung, die Neuansteckungen tief zu halten. Das schrittweise Vorgehen habe sich bewährt. Das solle auch so bleiben, so Sommaruga.

300 Personen dürfen an Veranstaltung

Am Mittwoch verkündete der Bundesrat denn auch einige weitere Lockerungen. Einer, der besonders viele Menschen betrifft: Ab dem 6. Juni können alle privaten und öffentlichen Veranstaltungen mit bis zu 300 Personen wieder durchgeführt werden.

Dazu gehören etwa Familienanlässe, Messen, Konzerte, Theatervorstellungen oder Filmvorführungen – aber auch politische und zivilgesellschaftliche Kundgebungen.



Für Sportveranstaltungen gelten dieselben Regeln wie für alle anderen Veranstaltungen. Der Trainingsbetrieb ist für alle Sportarten ab dem 6. Juni ohne Einschränkung der Gruppengrösse wieder erlaubt.

Dies gilt auch für Sportaktivitäten, in denen es zu engem Körperkontakt kommt – beispielsweise Schwingen, Judo, Boxen oder Paartanz. In diesen Sportarten müssen die Trainings aber in «beständigen Teams» stattfinden, so der Bundesrat – und es müssten Präsenzlisten geführt werden.

Und wann werden es 1'000 Personen?

Auch andere Betriebe müssen die Nachverfolgung von Kontakten sicherstellen – so etwa Restaurant. Der Bundesrat führte am Mittwoch aus, dass sie bei Gruppen von mehr als vier Personen verpflichtet sind, die Kontaktdaten eines Gastes pro Tisch aufzunehmen.

Denn: In Gastronomiebetrieben wird ab dem 6. Juni die Beschränkung der Gruppengrösse auf vier Personen aufgehoben – und auch Aktivitäten wie Billard oder Livemusik sind wieder möglich. Weiterhin bestehen bleibt der  Mindestabstand von zwei Metern zwischen den Tischen.



Alle Lokale müssen allerdings um Mitternacht schliessen. Dies gilt auch für Discos und Nachtclubs, die ebenfalls ab dem 6. Juni wieder öffnen dürfen. Bei diesen sind Präsenzlisten Pflicht und pro Abend sind nicht mehr als 300 Eintritte möglich.

Auch spontane Versammlungen mit maximal 30 Personen sind ab dem 30. Mai wieder erlaubt, so der Bundesrat. Wie es jedoch mit Veranstaltungen über 1'000 Personen weitergeht, ist noch nicht entschieden. Der Bundesrat stellte in Aussicht, am 24. Juni über das weitere Vorgehen zu kommunizieren. Grossveranstaltungen mit mehr als 1'000 Personen bleiben daher weiterhin bis am 31. August untersagt.

Grund zur Freude haben hingegen Freizeitbetriebe. Sie dürfen ab dem 6. Juni wieder öffnen – genau wie alle touristische Angebote. Das betrifft etwa Badis, Bergbahnen, Campingplätze, Rodelbahnen oder Seilparks.

Ebenso öffnen dürfen die Casinos, Freizeitparks, Zoos und botanische Gärten sowie Schwimmbäder und Wellnessanlagen. Ab dem 6. Juni können auch Erotikbetriebe und Angebote der Prostitution wieder öffnen.

Gute Neuigkeiten hatte der Bundesrat am Mittwoch auch für Grosseltern: «Ältere Menschen können sich wieder um ihre Enkelkinder kümmern», sagte Gesundheitsminister Alain Berset. Und weiter: «Viele sind nun lange daheim geblieben. Aber jetzt können auch ältere Menschen wieder am öffentlichen Leben teilnehmen.» Vorsichtig, aber voller Freude.

Ausserordentliche Lage beendet

Der dritte Öffnungsschritt tangiert auch den Präsenzunterricht in Mittel-, Berufs- und Hochschulen. Dieser ist ebenfalls ab dem 6. Juni wieder erlaubt. Wie der Unterricht vor Ort wieder aufgenommen wird, entscheiden die Kantone oder die Bildungsinstitutionen. 

Auch Lager und Ferienangebote sind ab dem 6. Juni wieder möglich. Kinder und Jugendliche sollen die Tage allerdings möglichst in gleichbleibenden Gruppen verbringen. Für Lager gilt eine Obergrenze von 300 Teilnehmenden, zudem müssen auch hier Präsenzlisten geführt werden.



Weiter verkündete der Bundesrat am Mittwoch, dass Unterschriftensammlungen im öffentlichen Raum ab dem 1. Juni wieder zulässig sind. Bis Ende Mai gilt noch der Fristenstillstand bei eidgenössischen Volksbegehren.

Für alle, die von den Lockerungen betroffen sind, gilt die Bedingung: Schutzkonzepte müssen vorhanden sein, so der Bundesrat. Zudem müssen die Hygiene- und Abstandsregeln weiterhin eingehalten werden. Können die Distanzregeln nicht eingehalten werden, muss die Nachverfolgung enger Personenkontakte (Contact Tracing) sichergestellt sein – eben etwa mit Präsenzlisten.

Auch zum Homeoffice äusserte sich der Bundesrat: Er empfiehlt weiterhin, wo möglich im Homeoffice zu arbeiten – auch um Spitzenauslastungen im öffentlichen Verkehr zu vermeiden. 

Last but not least hat der Bundesrat am Mittwoch verkündet, dass er per 19. Juni die ausserordentliche Lage nach Epidemiengesetz beenden will. Parallel dazu bereitet er die Überführung der relevanten Covid-Bestimmungen in ein dringliches und befristetes Covid-19-Gesetz vor, das voraussichtlich am 19. Juni in die Vernehmlassung geschickt werden soll.

Schweiz will Grenzen öffnen

Der Bundesrat äusserte sich am Mittwoch auch zu weiteren Lockerungen der Einreisebeschränkung und Grenzöffnungen. Wegen der positiven Entwicklung wird die Grenze zu den Nachbarstaaten Frankreich, Deutschland und Österreich ab dem 15. Juni veranlasst. Damit wird die Reisefreiheit und die Personenfreizügigkeit zwischen diesen vier Ländern wieder vollständig hergestellt.

Noch offen bleibt, wann die Grenzen zu Italien geöffnet werden. Italien hat die Aufhebung zu seinen Nachbarstaaten auf den 3. Juni angekündigt. Dies sei für die Schweiz angesichts der Lage in Italien noch zu früh, sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter an der Pressekonferenz am Mittwoch.

Ein Entscheid, wann die Grenzen wieder geöffnet werden, falle erst in den nächsten Wochen. «Unsere Behörden bleiben dazu in Kontakt», versicherte Keller-Sutter. Sie fügte an: «Der Bundesrat rät von Reisen nach Italien ab, solange die Grenzen geschlossen sind.»



Auch über weitere Lockerungen der Einreisebeschränkungen gegenüber Drittstaaten wird der Bundesrat erst zu einem späteren Zeitpunkt und in Abstimmung mit den Schengen-Staaten entscheiden, hiess es am Mittwoch weiter. Geplant ist aber eine vollständige Öffnung ab dem 6. Juli. Damit diese vollzogen werden kann, müsse die epidemiologische Lage dies allerdings erlauben.

Weiter entschied der Bundesrat, dass ab dem 8. Juni alle Gesuche von Erwerbstätigen aus dem EU/EFTA-Raum wieder bearbeitet werden sollen. Zudem können Schweizer Unternehmen wieder Arbeitskräfte aus Drittstaaten anstellen, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt oder sie diese dringend benötigen.

Studierende wieder zugelassen

Gleichzeitig hat der Bundesrat am Mittwoch beschlossen, die vorübergehend ausgesetzte Stellenmeldepflicht wieder zu aktivieren, damit inländische Stellensuchenden bei der Bewerbung einen zeitlichen Vorsprung haben.

Weiter, so der Bundesrat an der Pressekonferenz, ist der Familiennachzug wieder für alle Personen mit einer Niederlassungs-, Aufenthalts- und Kurzaufenthaltsbewilligung sowie für vorläufig aufgenommene Personen unter den üblichen Bedingungen möglich.

Auch dürfen Schülerinnen und Schüler sowie Studierende ab dem 8. Juni unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft wieder einreisen, um ihre Aus- und Weiterbildung zu beginnen, weiterzuverfolgen oder abzuschliessen. Davon ausgenommen sind allerdings Aus- und Weiterbildungen, die weniger als 90 Tage dauern. 

Der Bundesrat entschied zudem, dass für bestimmte Personengruppen, die aus Risikostaaten einreisen, Temperaturmessungen, Gesundheitsfragebögen oder Quarantänemassnahmen angeordnet werden können. Gleichzeitig wird die Kanalisierung von Passagierflügen aus dem Ausland an den Flughäfen Zürich, Genf und Basel aufgehoben.

Zudem bearbeiten die Kantone wieder Gesuche, um eine Kurzaufenthaltsbewilligung von Personen, die eine Ehe oder eingetragene Partnerschaft mit einer Schweizerin, einem Schweizer oder einem ausländischen Staatsangehörigen mit einer Aufenhalts- oder Niederlassungsbewilligung eingehen wollen. 

Keine Angst vor zweiter Welle?

Wenn all die Lockerungen betrachtet werden, stellt sich die Frage, ob man denn keine Angst vor einer zweiten Welle hat. Diese Frage beantwortete Daniel Koch am Mittwoch vor den Medien. «Selbstverständlich werden die neuesten Ansteckungszahlen streng beobachtet und überwacht. Im Moment zeigt die Kurve immer noch nach abwärts», sagt er. Das ermutige für weitere Öffnungsschritte.

Die Leute seien aufgrund der Jahreszeit momentan nicht verschnupft, deshalb sei es aktuell einfach, die Corona-Fälle zu finden – und auch zurückzuverfolgen. «Schwieriger könnte es dann im Herbst werden, wenn allgemein die Anzahl der erkälteten Menschen wieder ansteigt.»

Dann allerdings wird Daniel Koch – auch «Mr. Corona» genannt – nicht mehr Corona-Delegierter des Bundes sein. Der 65-Jährige geht in Pension. An seiner letzten Medienkonferenz am Mittwoch sagte er: «Es war mir eine Ehre.»


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