Missbrauch befürchtet Manche wittern Betrug – mehr Kontrolle bei Corona-Krediten

tafi/SDA

3.4.2020

Finanzminister Ueli Maurer befürchtet zwar keinen übermässigen Missbrauch der Corona-Hilfskredite für KMU. Die Politik will aber trotzdem kontrollieren, dass sich Unternehmen an die Regeln halten.
Finanzminister Ueli Maurer befürchtet zwar keinen übermässigen Missbrauch der Corona-Hilfskredite für KMU. Die Politik will aber trotzdem kontrollieren, dass sich Unternehmen an die Regeln halten.
KEYSTONE/ALESSANDRO DELLA VALLE

Weil viele Schweizer Unternehmen unkompliziert und schnell an zinslose Hilfskredite kommen, befürchten Politiker einen Missbrauch durch «schwarze Schafe». Die pauschalen Verdächtigungen gefallen nicht jedem, Kontrollen soll es nun aber trotzdem geben.

Der Bund unterstützt in der Coronakrise Betriebe in Liquiditätsnöten, indem er Gratisdarlehen verbürgt. Eine 20-Milliarden-Hilfe für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) kommt durch Bürgschaften des Bundes – das Geld muss zurückbezahlt werden. Oberstes Ziel von Finanzminister Ueli Maurer: «Sofort Liquidität zur Verfügung stellen, damit der Betrieb weiterläuft.»

Dass die Hilfskredite schnell und unkompliziert ausgereicht werden, ruft aber auch Kritiker auf den Plan. Sie befürchten einen Missbrauch durch «schwarze Schafe», weil es kaum Kontrollen gäbe, ob die Antragsteller auch berechtigt sind, die zinslosen Darlehen in Anspruch zu nehmen.

Jauslin befürchtet systematischen Betrug

FDP-Nationalrat Matthias Jauslin hält die Überbrückungskredite gar für eine Fehlkonstruktion, wie er auf Twitter schrieb. Sie «gehen an marode Firmen die auch ohne COVID in Notlage wären» behauptet er. Diese kämen ohne Sicherheiten an Gratiskredite, was im Endeffekt zu Lasten der Steuerzahler ginge. Für den FDP-Mann ein Unding: «Oder würden Sie einem Wildfremden gratis und franko einige Tausender ausleihen, in der Hoffnung in fünf Jahren das Geld wieder zu kriegen?»

Die Kritik Jauslins kommt nicht überal gut an. Finanzminister Ueli Maurer (SVP) hatte schon bei der Vorstellung des Finanzpakets gesagt: «Leute, die ihr ganzes Vermögen in die eigene Firma gesteckt haben, ziehen den Staat nicht über den Tisch.» Jeder Gesuchsteller versichere mit seiner Unterschrift, dass er bei Falschabgaben hafte. Bei Missbrauch drohe eine Busse bis zu 100'000 Franken.

Kritik an der pauschalen Kritik

Auch CVP-Chef Gerhard Pfister versteht die Pauschalverdächtigungen Jauslins nicht. «Wenn Du in der Lage bist, ‹marode Firmen› in nützlicher Frist zu definieren und auszusortieren, bevor die ersten gesunden Firmen kollabieren, gehörst Du zu den Genies der Krisenmanager», antwortete er seinem Nationalratskollegen auf Twitter.

Dabei ist sich die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) durchaus einiger Risiken bewusst ist. Das Hauptrisiko liege in der Selbstdeklaration, sagte EFK-Direktor Michel Huissoud kürzlich auf Anfrage zu einem Bericht der Tamedia-Zeitungen. Wer einen Kredit bis zu 500'000 Franken beantrage, müsse lediglich ein Formular ausfüllen. Die Richtigkeit der Angaben werde von der Bank nicht überprüft.

EFK: «Missbrauch möglich»

Die Möglichkeiten für Missbrauch sind laut Huissoud vielfältig. Zum Beispiel muss der Kreditnehmer unterschreiben, dass er nur bei einer einzigen Bank einen Kredit beantragt hat und er weder vom Bundesamt für Sport noch vom Bundesamt für Kultur ein Darlehen erhalten hat.



Das kann aber zum Zeitpunkt der Vergabe ebenso wenig überprüft werden wie der Grund für die Notlage, die Angaben zum Umsatz oder bezüglich hängiger Konkurs- oder Nachlassverfahren. Der Kredit darf nämlich höchstens zehn Prozent des Jahresumsatzes betragen und nur an grundsätzlich solvente Unternehmen vergeben werden. «Im schlimmsten Fall könnte der Kreditnehmer in allen Punkten fehlerhafte Angaben machen», sagte Huissoud.

Kontrollmassnahmen laufen an

Die EFK will daher möglichst schnell allfällige Problemfälle identifizieren. Huissoud kündigte an, dass die Angaben der Selbstdeklarationen durch die EFK mit verfügbaren Informationen abgeglichen würden. Das betrifft die Konkurse oder doppelte Anträge, aber auch den Vergleich mit den bei der Mehrwertsteuer-Abrechnung angegebenen Umsätzen.

Wie der «Blick» berichtet, habe auch das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) Massnahmen gegen den Missbrauch eingeleitet. Das Seco habe die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC beauftragt, alle Anträge durchzusehen, um zumindest Mehrfachanträge zu entdecken.

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