Zeit für den KaderschnittZeit für den Kaderschnitt – Teil 4: Welche Spieler sorgen die nächsten Jahre für Ruhe im Abwehrzentrum?
Syl Battistuzzi
8.7.2018
Das Kapitel «WM 2018» ist für die Schweiz abgeschlossen, das Resultat bekanntermassen ernüchternd. Nun wird es Zeit für einen sanften Umbruch. Einige ältere Spieler müssen sich zurückziehen, um Platz für talentierte Junge zu schaffen. Denn was bei einem verpassten Kaderschnitt passiert, ist bei Titelverteidiger Deutschland zu sehen. Deshalb hier eine Vision für die nächste Mission. Heute nehmen wir die Innenverteidiger unter die Lupe.
Innenverteidger
Aktuell im WM-Kader:
Manuel Akanji (22)
Der Dortmunder war wahrscheinlich übers ganze WM-Turnier gesehen der stärkste Schweizer Feldspieler. Wirklich überraschend waren seine abgeklärten Leistungen dennoch nur für Fussballlaien, zu auffällig war der elegante Wiesendanger in den vergangenen Monaten. Die 25 Millionen Franken, welche der BVB an Basel überwies, dürften rückblickend eher ein besseres Trinkgeld gewesen sein. Trotz des Abgangs von Sokratis zu Arsenal hat Akanji intern grosse Konkurrenz. Doch er verkörpert bereits jetzt internationale Klasse und wird sich problemlos durchsetzen. Die Schweiz hat hoffentlich mit Akanji das grosse Los gezogen, der die Nati für die nächste Dekade hinten dicht macht.
Johannes Djourou (31)
Die gute Nachricht für Johan Djourou ist: An ihm lag es nicht, dass die Schweiz gegen Schweden den Kürzeren gezogen hat. Die schlechte: Seine Zukunft in der Nati ist trotzdem unsicher. Nach Jahren als Stammspieler hat ihm Akanji kurz vor der WM den Rang abgelaufen. In seinem Klub Antalyaspor fand er sein Glück nicht, weshalb erneut eine Luftveränderung ansteht. Egal, wo der ehemalige Arsenal-Profi landet, der grosse Hoffnungsträger für die Schweiz ist er nicht (mehr). Djourou darf froh sein, wenn er in nächster Zeit weiterhin aufgeboten wird.
Nico Elvedi (21)
Der kopfballstarke Zürcher spielte zwar bisher bei Gladbach meist als Rechtsverteidger. Doch dort planen die Verantwortlichen, spätestens nach dem Zuzug von Natikollege Michi Lang, mit Elvedi im Zentrum. Falls Jannik Vestergaard nicht noch auf die Insel wechselt, dürfte es zu einem Dreikampf mit Weltmeister (2014) Matthias Ginter kommen. Doch der «Eisvogel» ist abgeklärt genug und wird sicher auf genügend Spielzeit kommen. Auch in der Nati ist der polyvalente Elvedi Gold wert und dürfte in den nachsten Jahren fix im Aufgebot der SFV-Auswahl stehen. Elvedi wird also bald erster Ersatz hinter dem momentanen Startduo Akanji/Schär sein.
Fabian Schär (26)
Wo immer Fabian Schär auch landet, sein neuer Klub darf sich glücklich schätzen. Mit seiner Spieleröffnung und Ruhe bringt der Wiler überall viel Qualität rein. Dies hat Schär auch bei der WM einmal mehr unter Beweis gestellt. Die Vereinskarriere von Schär stand dafür bis jetzt nicht unter einem glücklichen Stern. So spielte er auch bei seinem aktuellen Klub Deportivo La Coruña phasenweise nur eine Nebenrolle. Umso erstaunlicher, dass er in der Nati jeweils ohne Vorlaufszeit seinen Job erledigt. Obwohl Schär nicht der schnellste Spieler auf dem Platz ist, darf die Schweiz um so einen modernen Abwehrspieler beneidet werden. Fast wünschen wir ihm, dass es auch bei seiner neuen Station harzt. Das Szenario «Klub pfui – Nati hui» hat bei ihm bis jetzt einfach zu gut funktioniert.
Mögliche Alternativkandidaten:
Jasper van der Werff (19)
Wer bei einem der besten Ausbildungsklubs unter Vertrag genommen wird, muss über das gewisse Extra verfügen. Obwohl er in St. Gallen – auch aufgrund Verletzungen – nicht sehr viele Partien bestritt, wird sich RB Salzburg schon seine Gedanken gemacht haben. Die Schnelligkeit und der saubere Spielaufbau zeichnen ihn bereits jetzt aus. Dafür muss er noch körperlich zulegen, wenn er sich beim österreichischen Ligakrösus durchsetzten will. Dann dürfte auch van der Werff, der bei der Schweizer Nachwuchs-Auswahlen meist übergangen wurde, im A-Team ein Thema werden.
Jean-Pierre Rhyner (22)
Der Schweiz-Peruaner ist seit Kindesbeinen GC-Fan. Er spielte früher weiter vorne auf dem Feld, entschied sich dann aber bei der U-16 von GC für die Innenverteidigung. Im Fanionteam kam Rhyner dann nicht richtig zum Zug, so machte er den Schritt zurück und wechselte zu Schaffhausen in die Challenge League. Dort hielt sein damaliger Trainer Murat Yakin grosse Stücke auf ihn und nahm Rhyner gleich wieder mit zu den Hoppers. Seitdem überzeugt er bei GC mit seiner Spieleröffnung und seiner Kopfballstärke. Wenn man der Prognose von Yakin vertrauen darf, ist seine Entwicklung noch längst nicht abgeschlossen.
Stefan Knežević (21)
Zum Höhenflug des FC Luzerns im letzten Halbjahr hat auch Stefan Knežević einen wichtigen Beitrag beigesteuert. Das Eigengewächs stabiliserte mit seiner Robustheit und Ruhe am Ball den Verteidigungsblock. Kein Wunder, wenn man Sergio Ramos als Vorbild hat. Im jungen FCL-Team muss er sich nun unter Trainer René Weiler beweisen. Falls Knežević bei den Innerschweizern weiterhin glänzt, dürfte er in naher Zukunft einen Transfer ins Ausland anstreben.
Silvan Hefti (20)
Wer in seinem zarten Alter bereits über 7000 Minuten in der Super League absolviert hat, muss etwas richtig gemacht haben. Silvan Hefti debütierte bei den St.Gallern als Rechtsverteidiger, spielte danach aber häufiger im Zentrum. Mit seiner Zweikampfstärke und seinem Speed bringt er viel Schwung beim FCSG rein. Kein Wunder, soll auch der FC Basel sein Interesse signalisiert haben. Mit 1,84 Meter verfügt der ruhige Zeitgenosse zwar für einen Innenverteidiger nicht unbedingt über Gardemass, mit einem grossgewachsenen Partner neben sich lässt sich dieser Faktor leicht beheben. Mit seiner polyvalenten Art und dem grossen Erfahrungsschatz wäre es (fast) zu schade, wenn wir Hefti noch lange auf einheimischen Plätzen sehen würden.
Im Blickfeld:
Eray Cümart (20)
Der körperlich starke Cümart hat trotz seines jungen Alters schon eine kleine Schweiz-Odyssee hinter sich. So liess sich der beim FC Basel ausgebildete Rheinfelder bereits nach Lugano und Sion ausleihen. Wenn er nicht verletzt war, überzeugte Cümart jeweils mit soliden Leistungen. Nun hat ihn der FCB zurückgeholt. Beim Stammklub muss er sich gegen Fabian Frei, Marek Suchy und Éder Balanta durchsetzen. Falls er an den renomierten Namen vorbeikommt und regelmässig zum Einsatz kommt, könnte Cümart auch für die Nati interessant werden.
Noah Loosli (21)
Der bei GC ausgebildete Loosli konnte in der letzten Winterpause dem gut dotierten Angebot von Lausanne nicht widerstehen und wechselte in die Romandie. Die Verantwortlichen bei den Grasshoppers liessen den zweikampfstarken Loosli nur ungern ziehen. Bei den Waadtländern kam er aber in ein Team, wo die Chemie nicht stimmte und dehalb folgerichtig abstieg. Loosli muss seine Qualitäten jetzt in der Challenge League unter Beweis stellen. Falls er mit Lausanne bald wieder im Oberhaus anzutreffen ist, ist dem fleissigen Loosli einiges zuzutrauen.
Fazit:
Mit Akanji/Schär hat die Schweiz für die kommenden Jahre ein spielstarkes Duo vorzuweisen, welches sich auch international nicht verstecken muss. Mit Elvedi steht ausserdem valabler Ersatz bereit. Dahinter ist die Leistungsdichte leider nicht mehr so gross. Wünschenswert wäre es für den SFV, wenn einige von unseren einheimischen Talenten den Weg ins Ausland finden würden.