Nach seiner Niederlage gegen Alexander Zverev am Samstag im Halbfinale des Masters hat Roger Federer nun offiziell Ferien. An der Pressekonferenz analysiert der Baselbieter das Spiel und zieht Bilanz seiner Saison.
Roger Federer über ...
... seine heutige Leistung
«Ich fühlte mich während des gesamten Spiels oft nicht sehr wohl. Ich hatte Probleme mit dem ersten Aufschlag von Sascha, ich hätte es definitiv besser machen können. Und als ich endlich das Break geschafft habe, kassierte ich umgehend das Re-Break, was enttäuschend war ... Es erinnerte mich ein wenig an das Match gegen Nishikori. Ich hatte ganz allgemein das Gefühl, dass ich besser spielen kann. Vielleicht hatte das ja auch mit seinem Spiel zu tun. Vielleicht konnte ich ihn auch nicht genug in Bedrängnis bringen.»
... den Vorfall mit dem ungeschickten Balljungen
«Natürlich hat mich die Szene beeinflusst, ich kassierte danach ein Ass. Aber das ist jetzt hypothetisch, wie es sonst herausgekommen wäre. Es war heikel, ich hätte vielleicht weiter gespielt. Ausser der Ball wäre ins Feld gekullert. Ich stelle aber ich keinster Weise Saschas Fairness in Frage. Am Ende war es die Entscheidung des Schiedsrichters, wie es weitergeht. Ich fragte den Balljungen, ob er den Ball fallen gelassen hat. Er antwortete mit ‹Ja›. Also ist es okay. So ist das Leben, so ist der Sport.»
... den 19. Februar 2018, als er mit 36 Jahren und 195 Tagen zur ältesten Nummer 1 in der ATP-Geschichte geworden ist
«Das war ein riesiger Moment in meiner Karriere, denn die Nummer 1 war ein Traum, von dem ich nicht gedacht hätte, dass ich ihm nochmals nahe kommen würde. Es war deshalb eine historische Saison.»
.... seine Saisonbilanz 2018
«Insgesamt bin ich glücklich. Wie schon Pete Sampras einst sagte: ‹Wenn man einen Grand Slam gewinnt, ist die Saison ein Erfolg.› Ich habe in Australien offensichtlich sehr gut gespielt und ich freue mich darauf, in zwei Monaten wieder dorthin zurückzukehren. Die zweite Saisonhälfte hätte besser sein können. Ich habe kürzlich in Paris, in Wimbledon, einige sehr enge Partien verloren. Deshalb bin ich auch heute enttäuscht, was normal ist. Aber so nah dran zu sein, macht mich glauben, dass ich weitermachen kann und dass ich immer noch gewinnen kann.»
... ob er in der zweiten Saisonhälfte zum Teil zu passiv war?
«Ich will nicht immer wieder auf die Hand zu sprechen kommen. Das soll keine Entschuldigung sein. Aber ich hatte diese Probleme mit, und deshalb hatte ich sicher manchmal Mühe mit dem Rhythmus. Gegen die Besten kann dich das schon in entscheidenden Momenten durcheinander bringen. Ich spürte die Hand lange, sogar hier in London immer noch ein wenig. Auch wenn es immer besser geworden ist und ich immer mehr wieder auf meine Vorhand zählen konnte. Ich hoffe, dass die Beschwerden nach den Ferien endlich ganz weg sind. Positiv ist sicher, dass ich durchspielen konnte und keine grösseren Probleme hatte.»
...die Chancen von Zverev, auch gegen Djokovic zu gewinnen?
«Natürlich hat er alle Chancen zu gewinnen. Es gibt nur noch ein Spiel und er ist einer der fünf besten Spieler der Welt. Er hat das Zeug dazu, alle zu schlagen.»
... sein verpasstes Jubiläum (100. Titel)
«Ich brauche keinen hundertsten Titel. Ich freue mich jetzt besonders darauf, mit meiner Familie Ferien zu machen. Ich werde in den kommenden Wochen mit meinen Mitarbeitern über meinen Zeitplan entscheiden müssen, aber ich treffe diese Entscheidungen gerne. Der Plan ist, nächstes Jahr zu spielen und meiner Familie, Mirka, meinen Trainern und allen anderen einen guten Kalender anzubieten.»
... seinen Fokus bei der Vorbereitung auf die neue Saison?
«Ich möchte an meinem Tennis arbeiten, noch öfter den Weg ans Netz suchen und auch die Vorhand wieder richtig durchpeitschen. Dazu kommt der Konditionsbereich. Ich muss anders arbeiten als vor 5 oder 15 Jahren, um wieder mein Potenzial auszuschöpfen oder sogar neues zu finden. Sicher wird auch der Entscheid, ob ich wieder auf Sand spielen werde, eine Rolle spielen.»
... ob die Pausen, die er immer wieder macht, neben dem Körper auch für den Kopf wichtig sind?
«Es ist sehr wichtig, dass ich mein Leben durchleuchte. Aus der Sicht meiner Frau, der Familie, meiner Mannschaft, dem Physio oder dem Konditionstrainer. Wie viel Zeit wende ich wofür auf? Ich würde am liebsten nur Zeit meiner Familie und dem Tennis spielen widmen. Aber der Physio, der Coach, der Konditionstrainer und viele andere wollen auch etwas von mir. Ich habe kein Problem damit zu trainieren, egal ob Tennis oder Kondition. Aber es muss jedes Puzzleteilchen stimmen. Manchmal ist es auch besser, mehr zu spielen. In Schanghai hatte ich extrem Muskelkater. Vielleicht habe ich davor zu wenig gespielt. In Basel war es schon besser, und hier in London ging es mir körperlich am besten. Das heisst, ich muss auch genug spielen, um im Rhythmus zu sein. Und ich muss im Training ans absolute Limit gehen, um für die Matches bereit zu sein. Oder darüber hinaus. Denn der Stress des Matchsituationen fällt da ja weg.»