Beizenbesuch Die Schweiz isst noch zu Hause

Von Anna Kappeler

11.5.2020

Noch ist das Zürcher Restaurant Volkshaus an diesem ersten Mittag seit Wiedereröffnung etwas leer.
Noch ist das Zürcher Restaurant Volkshaus an diesem ersten Mittag seit Wiedereröffnung etwas leer.
Bild: Bruno Bötschi

Willkommen zurück, du weiteres Stück Alltag – heute durften auch die Restaurants wieder öffnen. Anlass genug, dem Homeoffice kurz den Rücken zu kehren für ein Auswärts-Mittagessen mit dem Arbeitsgspänli. Wie's gewesen ist?

Den Impuls, ihn zu umarmen, unterdrücke ich. Als hätte Arbeitskollege Bruno Bötschi meine Gedanken erraten, sagt er gleich zur Begrüssung unten vor seinem Haus: «Leute, die sich jetzt schon wieder umarmen, verhalten sich komplett fahrlässig. Also echt!»

Ich schlucke kurz, lasse mir aber nichts anmerken, und sage kombiniert mit dem nettesten Lächeln: «Hallo Bruno.»  

Ein weiteres Stück Normalität kommt mit der Wiedereröffnung der Restaurant heute zwar zurück, aber gleich eine Umarmung? Hat ja recht, der Kollege, wäre etwas reingeschossen gewesen. «Schön, dich zu sehen», sage ich weiter, und meine es so. 

«Es zieht nur langsam an»

In normalen Zeiten essen wir mehrmals pro Woche zusammen zu Mittag, das letzte gemeinsame Mahl ist corona- und dadurch Homeoffice-bedingt aber acht Wochen her. Jetzt schlendern wir über den Zürcher Helvetiaplatz, die «Bank» hat rausgestuhlt, mehrere ihrer Tische sind besetzt, dito vor dem «Campo» gleich nebenan. Wir betreten das Restaurant Volkshaus.

Die Plätze werden angewiesen im Volkshaus, eine der Schutzmassnahmen.
Die Plätze werden angewiesen im Volkshaus, eine der Schutzmassnahmen.
Bild: Bruno Bötschi

Gleich beim Eingang steht ein «Bitte warten»-Schild, eine der Schutzmassnahmen in Restaurants. Wir werden sofort freundlich begrüsst, und von der Kellnerin zum von Bruno reservierten Tisch geführt. Der Kollege macht gleich Gebrauch vom Desinfiziermittel, doch statt auf seine Hände spritzt dessen Inhalt auf Kopfhöhe in meine Richtung. Wir müssen alle lachen. 

Im Café- und Barbereich im vorderen Teil sind einige Tische besetzt, der Restaurant-Teil weiter hinten ist gähnend leer. «Ich habe etwa fünf Tischreservationen für heute Mittag, einige wurden aber auch storniert», sagt die Kellnerin.



Für den Abend erwarte sie bereits mehr Gäste, morgen Abend würden nochmals deutlich mehr Leute kommen. «Es zieht nur langsam an», sagt sie. Macht Sinn, arbeiten doch nach wie vor viele Leute daheim und bleiben so über Mittag den Restaurants fern.

«Auf Wunsch verteilen wir eine Karte auf Papier»

Es stehen weniger Tische im Restaurant als normalerweise, die zwei Meter Abstand werden grosszügig eingehalten. «Beruhigend», findet Bruno das. Speisekarten gibt's keine, das Essen sollen wir uns direkt über unsere Smartphones via Homepage aussuchen. «Auf Wunsch verteilen wir eine Karte auf Papier», diese müsse aus Hygienegründen nach Gebrauch aber vernichtet werden, erläutert die Kellnerin. 

Und, nein, wir werden gar nicht erst gefragt, ob wir unsere Personalien aufschreiben wollen, obwohl diese Schutzmassnahme im Vorfeld für heftige Diskussionen gesorgt hatte.

Die Zürichee Felchenfilets an Weissweinsause mit Rhabarbergemüse und blauen Kartoffeln schmecken vorzüglich. Auch wir halten den Sicherheitsabstand ein.
Die Zürichee Felchenfilets an Weissweinsause mit Rhabarbergemüse und blauen Kartoffeln schmecken vorzüglich. Auch wir halten den Sicherheitsabstand ein.
Bild: Bruno Bötschi

Eine andere Kellnerin nimmt nur Minuten später unsere Bestellung auf, die erste Angestellte musste zurück zum Empfang. Sie scheint fürs Entgegennehmen der Gäste verantwortlich zu sein.

Wir bestellen nach einem kurzen Blickwechsel – «vernünftig oder unvernünftig?» – zum Mineralwasser ein Cüpli: «Auf den zurückkehrenden Alltag!» Aussergewöhnliche Zeiten verlangen aussergewöhnliche Trinksprüche.

Bruno ordert Fenchelsalat und als Hauptgang Zürichsee Felchenfilets an Weissweinsause mit Rhabarbergemüse und blauen Kartoffeln, ich Zucchetticrèmesuppe und ebenfalls den Fisch. 

Das Essen schmeckt vorzüglich

Ein Blick aus der Ferne verrät, dass hinten in der Küche alle Schutzmasken tragen, die Servicemitarbeitenden tragen aber keine. Das Essen kommt zügig, wir sind auch zu diesem Zeitpunkt noch immer allein im Lokal, was uns jedoch nicht stört. Es schmeckt hervorragend.  

Achtung, dieses Desinifiziermittel spritzt durch die Gegend.
Achtung, dieses Desinifiziermittel spritzt durch die Gegend.
Bild: Bruno Bötschi

Draussen giesst es inzwischen wie aus Kübeln, kein idealer erster Tag für die Gartenbeizen. Wir sind froh, sitzen wir gemütlich drinnen. Inzwischen sind weitere vier, fünf Tische besetzt. Bruno kennt den einen Gast vier Meter von uns entfernt, und unterhält sich kurz von Tisch zu Tisch. 



Wir bestellen Cappuccino, typisch Züri kommt er mit einem kunstvoll verzierten Schoggi-Muster auf dem Milchschaum. Auffällig ist das Abstandhalten auch beim Tischservice, alles geschieht mit durchgestreckten Armen. Sehr angenehm.

Schon schön, wieder einmal in einem Restaurant zu sein. Auch wenn es nur kurz über Mittag ist.

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