Tourismus-Gigant Darum schränken Grossstädte Airbnb immer mehr ein

Hannes Breustedt/Johanna Renoth, dpa

6.8.2018

Airbnb ist laut eigenen Angaben mit über fünf Millionen gelisteten Unterkünften in 191 Ländern und rund 81'000 Städten weltweit präsent. Auf dem Bild ist eine Ferienwohnung zu sehen, die in Los Angeles gemietet werden kann.
Airbnb ist laut eigenen Angaben mit über fünf Millionen gelisteten Unterkünften in 191 Ländern und rund 81'000 Städten weltweit präsent. Auf dem Bild ist eine Ferienwohnung zu sehen, die in Los Angeles gemietet werden kann.
Bild: Keystone

Am Anfang standen Luftmatratzen und Frühstück. Mittlerweile hat sich Airbnb vom Start-up zum milliardenschweren Tourismus-Konzern und grössten Rivalen der Hotelbranche entwickelt. Doch zum zehnjährigen Jubiläum steht das Unternehmen auch vor grossen Herausforderungen.

«Vergesst Hotels» verkündete Airbnb schon beim Start vor 10 Jahren selbstbewusst. Dass dem etablierten Gastgewerbe ein grosser Rivale entstehen würde, der die Tourismusbranche kräftig umkrempelt, konnte damals noch keiner ahnen.

Doch das Unternehmen aus San Francisco wuchs rasant und entwickelte sich rasch zu einem der wertvollsten Start-ups weltweit. Heute wird Airbnb von Investoren auf rund 31 Milliarden Dollar (zirka 30.5 Millarden Schweizer Franken) taxiert und hätte das Zeug, einen der grössten Tech-Börsengänge der Finanzgeschichte hinzulegen.

Das ganze entstand aus einer fixen Idee der Firmengründer Brian Chesky und Joe Gebbia: Weil sie sich ihr Apartment in San Francisco nicht leisten konnten, stellten sie kurzerhand drei Luftmatratzen ins Wohnzimmer, um sie an Besucher einer Design-Konferenz zu vermieten.

Im Preis inbegriffen war Frühstück. So ergab sich der Name «Air bed and breakfast» – Luftmatratze und Frühstück – mit dem es am 11. August 2008 losging. Später wurde er zu Airbnb verkürzt.

Fünf Millionen gelistete Unterkünfte weltweit

Zunächst stand der Gemeinschaftsgedanke noch stark im Vordergrund, so zumindest schildert es Chesky in Interviews. «Wir hatten keine Vorstellung davon, dass Air bed and breakfast gross werden könnte.» Ursprünglich hätten er, Gebbia und der dritte Gründer Nathan Blecharczyk eine Plattform zur Mitbewohnersuche aufbauen wollen. Nach viermonatiger Arbeit sei ihnen aufgefallen, dass es diesen Service bereits gibt. So kam es zu Airbnb – oder wie Chesky amüsiert sagt: «Der schlechtesten Idee, die jemals funktioniert hat».

Heute ist das Unternehmen laut eigenen Angaben mit über fünf Millionen gelisteten Unterkünften in 191 Ländern und rund 81'000 Städten weltweit präsent.

Zum Vergleich: Der weltgrösste Hotelkonzern Marriott hatte mit seinen rund 30 Marken Ende 2017 etwa 1,3 Millionen Zimmmer im Angebot. Airbnb hat sich vom Stachel im Fleisch zum gefährlichen Wettbewerber entwickelt. Mit dem Service «Trips», der Ausflüge, Events und andere Ferienerlebnisse vermittelt, macht die Firma inzwischen zudem auch Reiseveranstaltern Konkurrenz.

In Grossstädten wie Berlin, Amsterdam oder Madrid wurden die Regeln für Airbnb deutlich verschärft. In der deutschen Haupstadt war es zwischenzeitlich sogar ganz verboten, Ferienwohnungen auf dem Portal zu inserieren.
In Grossstädten wie Berlin, Amsterdam oder Madrid wurden die Regeln für Airbnb deutlich verschärft. In der deutschen Haupstadt war es zwischenzeitlich sogar ganz verboten, Ferienwohnungen auf dem Portal zu inserieren.
Bild: Getty Images

Vom Luftmatratzen-Image hat sich Airbnb verabschiedet, Frühstück gibts auch kaum noch – mittlerweile geht es eher um reiche Kundschaft im Luxus-Segment. Kein Wunder, dass die Wall Street auf den Börsengang hinfiebert. Doch Chesky hat keine Eile: «Lasst es mich direkt ansprechen: Wir werden 2018 nicht an die Börse gehen», teilte er im Februar mit. Anfang 2017 hatte er von einem «Zweijahresprojekt» gesprochen. Dass Chesky, der erst 36 Jahre alt, aber schon mehrfacher Milliardär ist, auf Zeit spielt, hat seine Gründe.

Kritik und Ärger rund um den Globus

Auch wenn Airbnb – im Gegensatz zu Uber, dem zweiten weltbekannten Schwergewicht der «Sharing Economy» – bislang ohne grössere Skandale auskam, so gibt es doch viel Kritik und Ärger rund um den Globus. Beschwerden über kommerzielle und rücksichtslose Nutzer, die Lärm und Stress machen, begleiten den rasanten Aufstieg schon lange.

Airbnb wird auch vorgeworfen, den Mangel an erschwinglichem Wohnraum zu verstärken. Zudem klagten Behörden, dass häufig keine Steuern auf Airbnb-Einnahmen gezahlt würden und viele Inserate illegal seien.

In Grossstädten wie Berlin, Amsterdam oder Madrid wurden die Regeln für Airbnb deutlich verschärft. In der deutschen Haupstadt war es zwischenzeitlich sogar ganz verboten, Ferienwohnungen auf dem Portal zu inserieren. Auch in Paris und New York, zwei der lukrativsten Standorte, gibt es seit Jahren Konflikte. Airbnb ist indes um Diplomatie bemüht und betont, gegen schwarze Schafe vorzugehen. Seit 2016 gibt es etwa eine Beschwerdefunktion für verärgerte Nachbarn.

Derweil läuft es finanziell offenbar ganz gut: Das Unternehmen soll 2017 seinen ersten Jahresgewinn geschafft haben. Vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen habe Airbnb rund 100 Millionen Dollar (81 Mio Euro) verdient, berichtete die «Financial Times» Anfang des Jahres unter Berufung auf einen Insider. Die Buchungen seien um 150 Prozent gestiegen, der Umsatz habe über 3,5 Milliarden Dollar erreicht.

Städte schränken Airbnb und Co. immer mehr ein

Airbnb ist ein grosser, aber nicht der einzige Vermittler von privaten Ferienunterkünften – und die werden in vielen Städten zunehmend zum Problem. Nicht nur Hoteliers protestieren, auch die Anwohner. Denn die Umwandlung von Wohnraum in Ferienwohnungen treibt die Mietpreise in die Höhe.

Daher haben viele besonders beliebte Touristenstädte mittlerweile Einschränkungen für Airbnb, Wimdu und Co. durchgesetzt. Es geht vor allem um die Vermietung ganzer Wohnungen, einzelne Gästezimmer sind weniger das Problem.

Hier eine Übersicht mit bedeutenden Beispielen:

- Berlin: Die deutsche Hauptstadt hat im Februar 2018 die Regeln für die sogenannte Zweckentfremdung von Wohnraum verschärft. Einer Sprecherin der Stadt zufolge ist das Ziel, Wohnraum vor Missbrauch zu schützen. Wer eine ganze Wohnung anbieten will, muss das vorher der Stadt melden und sich die Vermietung genehmigen lassen. Gastgeber bekommen dann eine Registrierungsnummer, die sie bei ihren Inseraten angeben müssen. Kontrollen sollen so leichter werden. Für Reisende hat das auch einen Vorteil: Sie können schnell feststellen, ob eine Unterkunft legal oder illegal vermietet wird.

- Amsterdam: Die niederländische Stadt greift künftig noch härter gegen die Zweckentfremdung von Wohnungen durch als bisher. Ab 2019 darf eine Wohnung nur noch an höchstens 30 Tagen im Jahr an Touristen vermietet werden. Das derzeitige Limit sind 60 Tage. Zwischen 2013 und 2017 war die Zahl der Touristenwohnungen von 4500 auf 22 000 gestiegen. Die Stadt will den Druck auf einige besonders betroffene Stadtviertel durch die strenge Regelung verringern. Amsterdam ist eine der beliebtesten Metropolen Europas.

- London: Im Grossraum der britischen Weltstadt gibt es ebenfalls Regeln zur Kurzzeitvermietung ganzer Wohnungen. Mehr als 90 Tage dürfen es pro Kalenderjahr nicht sein. Eine Vermietung über einen längeren Zeitraum ist nur möglich, wenn sich die Gastgeber eine Genehmigung dafür besorgen. Auf Airbnb gibt es zudem automatische Begrenzungen für Gastgeber, die dabei helfen sollen, die Regeln durchzusetzen. Sind die 90 Tage voll, ist der Kalender des Gastgebers blockiert. Neue Buchungen sind dann nicht mehr möglich.

- Paris: Paris hat am 1. Januar 2018 ein Limit von 120 Tagen pro Jahr für die Vermietung gesamter Wohnungen eingeführt. Das betrifft die zentralen Innenstadtbezirke 1. bis 4. Arrondissement. Wenn die Tage abgelaufen sind, wird der Kalender des Gastgebers blockiert. Die Wohnung kann nicht mehr über die Plattform vermietet werden.

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