«Cruising the Cut» Auf dem Narrow Boat durch Englands schönste Kanäle

Von Tobias Bühlmann

12.4.2020

Die Kanäle durch England und Wales sind das Revier zahlreicher Hausboote. Viele Besitzer leben ganzjährig auf ihren Kähnen.
Die Kanäle durch England und Wales sind das Revier zahlreicher Hausboote. Viele Besitzer leben ganzjährig auf ihren Kähnen.
Bild: Getty/Gregory Adams

Weil Reisen derzeit nicht möglich sind, veranstaltet «Bluewin» einfach eine virtuelle Reise – auf dem Hausboot durch die Kanäle von England und Wales, auf den Spuren eines filmenden Kapitäns.

Der Frühling lockt uns raus in die Welt, doch die Ansage ist klar: Bleibt zu Hause! Doch gegen eine virtuelle Reise spricht nichts. Zum Beispiel mit einem Narrow Boat, zu Deutsch «Schmalboot», auf den Kanälen der britischen Insel. Im Zeitlupentempo kann man auf dem weit verzweigten Kanalnetz England und Wales erfahren.

Genau das tut David Johnes, einer der bekanntesten der Narrow Boaters. Und weil er sich als einstiger Fernseh- und Radiojournalist bestens mit Medien auskennt, dokumentiert er seine Abenteuer seit dem Kauf des Boots in einem Videotagebuch, einem Vlog. «Cruising the Cut» heisst sein Kanal auf Youtube.

David nimmt die Zuschauer mit auf seine Fahrten durch Kanäle, die über Land und durch englische Grossstädte führen. Er demonstriert vor, wie man die Schleusen ohne Hilfe meistert, erklärt – auf ausdrücklichen Zuschauerwunsch hin – detailreich, wie man mit den eigenen Ausscheidungen an Bord umgeht oder zeigt einfach nur Eindrücke von seinen Fahrten durch die Midlands, dies gelegentlich auch als Slow-TV in einem gut dreistündigen Video in Echtzeit.

Tee oder Gin und Tonic

Der Kapitän bedient Klischees über Engländer, die manch einer in seinem Kopf hat: David spricht ein wunderbar verschrobenes British English, trinkt oft und gern Tee und am Abend meist Gin and Tonic. Er führt das Leben eines Kleinbürgers, ein Schrebergärtner auf dem Wasser. Auch kann er nicht kochen. Vor allem aber hat er einen feinen Sinn für Ironie und beherrscht die Kunst, mit wenigen Worten viel zu sagen.

Viele der Wasserwege führen durch wildromantische Teile der britischen Insel.
Viele der Wasserwege führen durch wildromantische Teile der britischen Insel.
Bild: Getty/PA Images/Andrew Matthews

Auf YouTube finden sich bereits über 200 Folgen aus vier Jahren – und sie bieten einen wunderbaren Ausbruch aus der Enge der eigenen Wohnung. Stunde um Stunde tuckert man mit David durch die Kanäle. Höchstgeschwindigkeit: Vier Meilen oder gut sechs Kilometer pro Stunde. In einem zügigen Laufschritt könnte man da noch mithalten.

Auf seiner Fahrt erfreut sich David an Wasservögeln auf dem Kanal (besonders Eltern mit Küken haben es ihm angetan), an schüchternen Pferden entlang des Kanals oder einfach an der schönen Landschaft. Immer wieder schneidet er die schönsten Eindrücke zusammen zu einer mit Musik unterlegten Montage.

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Die Kanäle, die durch England führen, wurden vorab im 18. und 19. Jahrhundert für den Warentransport gebildet, erste Wasserwege auf der britischen Insel legten aber bereits die Römer an. Im 19. Jahrhundert büssten sie ihre Bedeutung als Transportwege wegen des Aufkommens der Eisenbahn allmählich ein. Inzwischen werden sie von Liebhabern von Hausbooten geschätzt und weitergepflegt.

Und immer wieder diese furchtbaren Autos

«Cruising the Cut»

Mit seinen Vlogs hat sich David Johnes in den dreieinhalb Jahren, die er nun auf dem Wasser lebt, eine grosse Fangemeinde erarbeitet: Sein YouTube-Kanal hat weit über 100'000 Abonnenten, die einzelnen Videos werden zehntausendenfach geschaut und tausendfach kommentiert. Und so sehr sich David über den Zuspruch freut, Besuch will er auf seinem Boot keinen: Er sei introvertiert, Besuch von fremden Menschen bereitet ihm keinen Spass.

Auf den Kanalfahrten von David ist nicht alles eitel Freude und Sonnenschein: Der Vlogger regt sich immer wieder auf über Abfall im Wasser, überwachsene Kanalufer oder rücksichtslos rasende Kanalboot-Touristen auf ihren Mietkähnen. Und eines seiner erklärten Lieblingsthemen ist seine Abneigung gegen Autos und Strassen.

Obwohl der Vlogger sich immer mal wieder über das eine oder andere Thema mokiert oder sich sehr ausführlich über Kleinigkeiten aufhalten kann, überwiegen die schönen Zeiten. Beispielsweise dann, wenn David eines der vielen Bootsfestivals besucht. Oder wenn er (diesmal auf einem Boot von Freunden) auf der Themse durch London fährt.

So schön und frei Davids Leben auf den Kanälen auf der Insel anmutet, trifft auch ihn die Corona-Krise. Zuerst musste er überstürzt aus den Ferien in Neuseeland zurückreisen. Und nun sitzt auch er in Selbstquarantäne auf seinem Kanalboot in einem Hafen und bewegt sich nicht von der Stelle. Und natürlich gibt es auch davon einen Eintrag in seinem Vlog. Es ist Nummer 210.

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