Schöne Aussichten Neckarsteig – einer der schönsten Wanderwege in Deutschland

Brigitte Geiselhart, dpa

11.5.2019

Rucksack packen, Schuhe binden und los geht es entlang des Odenwalds in Baden-Württemberg. Beim Wandern auf dem Neckarsteig kann man viel entdecken – von Heidelberg über bewaldete Höhen bis nach Bad Wimpfen.

Mittelalterliche Burgen, terrassenartige Weinberge und immer wieder Blicke auf den Fluss: Der Neckarsteig ist sicher einer der schönsten Wanderwege in Deutschland. Er verläuft am Rande des Odenwalds über 128 Kilometer von Heidelberg bis nach Bad Wimpfen.

«Keine Sorge, die gesamte Strecke müsst ihr nicht an einem Tag laufen. Es gibt viele Teilabschnitte», sagt Armin Englert an diesem klaren Morgen. Der «Weinerlebnisführer» begleitet eine Wandergruppe, die sich aus der Weinstadt Gundelsheim in Richtung Michaelsberg aufmacht. Wer mag, darf beim Start am Rathaus einen «Traminer Sekt» verkosten, hergestellt nach der klassischen Champagnermethode.

«Himmelsleiter» mit 400 Stufen

Der Weg führt zunächst durch die Altstadt. Am ehemaligen Schild- und Bannwirtshaus «Zum güldenen Löwen» erinnert ein Gemälde an Götz von Berlichingen, der hier 1525 zum Anführer des Bauernaufstandes gewählt wurde. Dann geht es bergauf. Wer auf den Michaelsberg will, muss etwa 400 Stufen der «Himmelsleiter» und etwa 75 Höhenmeter überwinden.

Hier türmen sich bis zu sechs Meter hohe Trockenmauern übereinander, die zusammen mit dem nährstoffhaltigen Muschelkalk der Böden und der durch den Neckar reflektierten Sonneneinstrahlung optimale Bedingungen schaffen, um Wein wachsen zu lassen.

Mittelalterliche Burgen, terrassenartige Weinberge, viel Wald: Der Neckarsteig ist einer der schönsten Wanderwege in Deutschland.
Mittelalterliche Burgen, terrassenartige Weinberge, viel Wald: Der Neckarsteig ist einer der schönsten Wanderwege in Deutschland.
Bild: Getty Images

«Der Berg mit den Terrassen ist eine klassische Kulturlandschaft der Region», erklärt Armin Englert. «Viele brach liegende Terrassen sind in den letzten Jahren wieder urbar gemacht worden.»

Nachvollziehbar, dass hier vor allem Handarbeit gefragt ist und dass besonders in der Lesezeit viel Schweiss fliesst, wenn die sogenannten Buttenträger ihre wertvolle Last durch die Weinberge ins Tal tragen müssen. Bewirtschaftet werden die rund 40 Hektar Anbaufläche des Himmelreichs vom Staatsweingut Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg, das vor 150 Jahren gegründet wurde.

Ein Blick auf Schloss Horneck

Eine Pause einlegen und ein wenig durchschnaufen. Den weiten Blick auf die Stadt, den Neckar und das historische Schloss Horneck werfen. Die entspannenden Minuten im Schatten eines Walnussbaumes tun gut. Ein Gläschen fruchtiger Lemberger Weissherbst auch. Auf dem 247 Meter hohen Michaelsberg gibt es zur weiteren Stärkung selbst gebackenen Rhabarberkuchen in «Schäfers Landrestaurant».

«Ich weiss noch gut, dass mein Schulweg immer durch die Weinberge nach Gundelsheim geführt hat», kramt Michael Schäfer in Kindheitserinnerungen. Mit seiner Frau Gerda führt er die Gaststätte in der dritten Familiengeneration. Er betreibt auch Ferienwohnungen, eine Metzgerei und einen Hofladen – zudem ist er Winzer und Landwirt.

Es folgt eine Stippvisite in der St. Michaelskapelle direkt nebenan, deren Ursprünge bis ins achte Jahrhundert zurückgehen. Sie gilt als eines der ältesten Kirchengebäude in der Region. In einer Mauernische gibt es noch Überreste aus der Römerzeit – ein Altar für ihre Götter Jupiter und Juno.

Müde Wanderer nehmen den Bus

Wer müde Beine bekommt, kann für den nächsten Abschnitt auch auf den öffentlichen Nahverkehr zurückgreifen. Denn alle Teilstrecken des Neckarsteigs sind mit Bus oder Regionalbahn erreichbar. Gesagt, getan – zum abendlichen Einkehren geht es nach Mosbach.

Dort trifft die Reisegruppe auf den singenden Wilfried Boch. «Hört ihr Leut' und lasst euch sagen, unsere Uhr hat 10 geschlagen», tönt er mit voller Brust und bläst dazu in ein Kuhhorn. Der pensionierte Lehrer schlüpft seit zwölf Jahren immer wieder gerne in die Rolle des Nachtwächters Alfred und führt in launiger Manier durch die nächtliche Stadt.

Die Laterne geht reihum. Der Weg führt dahin, wo im 13. Jahrhundert eine doppelte Stadtmauer stand. Auch zum «Haus Kickelhain». Es stammt aus dem Jahr 1591 und gilt mit 26 Quadratmetern Grundfläche als Deutschlands kleinstes frei stehendes Fachwerkhaus. Heute ist hier ein Museum untergebracht. Übernachtet wird anschliessend in Eberbach.

Neuer Tag, neues Ziel

Neuer Tag, neues Ziel, neue Wanderführerin. Mit dem Bus geht es nach Neckarsteinach, das vor den Toren Heidelbergs an den dichtbewaldeten Hügeln des Odenwalds liegt. Die Tagestour führt am Südportal des GeoNaturparks Bergstrasse-Odenwald zur Mannheimer Hütte.

Als markanter Aussichtspunkt steht auch der «Goetheblick» auf dem Hohen Darsberg auf dem Programm. Ob der Dichterfürst wirklich jemals an diesem Ort verweilte, ist nicht überliefert. «Goethe war nachweislich in Heidelberg. Also ist es gar nicht mal so unwahrscheinlich, dass er hier auch war», sagt Robin Heal. «Gefallen hätte ihm diese atemberaubende Aussicht mit Sicherheit.»

Die Wanderführerin ist in Simbabwe geboren und hat schon viel von der Welt gesehen. «Wisst ihr, was der Amazonas, der Niger und der Neckar gemeinsam haben?» fragt sie und trifft auf ratlose Gesichter. «Eine Flussumkehr», sagt sie und schiebt hinterher: «Eberbach liegt an solch einer Flussumkehr, und Timbuktu ist nicht weit davon entfernt.» «Damit liegt Timbuktu quasi auch am Neckar», scherzt ein Mitwanderer.

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