Mit Herz und Verstand Warum Chefinnen die Corona‐Krise besser in den Griff bekommen

uri/tafi

14.4.2020

Was haben die Länder gemeinsam, die derzeit am erfolgreichsten durch die Corona‐Krise kommen? Eine weibliche Führung!

Während die USA, Grossbritannien, Frankreich, die Türkei oder auch der Iran mehr als andere Länder mit den Folgen den Corona-Pandemie kämpfen, kommen andere bisher erstaunlich gut durch die Krise. Nicht zuletzt eint diese eines: Sie werden von Frauen geführt.

Deutschland, Taiwan, Neuseeland, Island, Finnland, Norwegen oder Dänemark – diese Länder kommen derzeit ziemlich gut durch die Covid-19-Pandemie. Die Zahl der Infizierten ist relativ gering – vor allem jedoch die der Todesopfer. Laut dem Wirtschaftsmagazin «Forbes»  könnte das nicht zuletzt dran liegen, dass diese Länder Frauen an der Spitze haben – die wohltuend mit dem Stil ihrer männlichen Amtskollegen vom Schlag Trump, Bolsonaro, Erdogan, Putin oder Duterte brechen.

Vor allem würden die von Frauen regierten Länder nicht durch populistische Vernebelungsaktionen auffallen, wenn es um die richtigen Reaktionen gegen die Corona-Pandemie geht. Sie setzen auf Ehrlichkeit, Entschiedenheit, Einsatz von Technik und Empathie.

Nüchterne Ansagen

Als beispielhaft für einen wahrhaften Umgang mit der Pandemie sei etwa die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zu nennen, die nüchtern die unangenehme Wahrheit verkündete, dass ohne einschneidende soziale Massnahmen bis zu 70 Prozent der deutschen Bevölkerung infiziert werden könnten, die Corona-Krise als grösste Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg bezeichnete und an die Deutschen appellierte: «Es ist ernst, nehmen Sie es auch ernst.»

Phasen der Verleugnung des Problems, wie in den USA oder Grossbritannien, seien in Deutschland so ausgeblieben. Stattdessen sei die Bevölkerung den Anweisungen aus der Politik ruhig gefolgt, mit dem Effekt, dass das Land prozentual bedeutend weniger Tote zu verzeichnen hat als andere Länder und bereits darüber nachdenken kann, die Beschränkungen zu lockern.



Auch die Schweiz mit der derzeitigen Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga steuert bisher offenbar besser als andere Länder durch die Pandemie. Die britische Denkfabrik Deep Knowledge Group (DKG) untersucht fortlaufend Daten verschiedener Länder und kommt zu dem Schluss, dass die Schweiz weltweit auf Platz 11 und in Europa auf Platz zwei hinter Deutschland liegt, wenn es um erfolgreiche Massnahmen gegen das Coronavirus geht.

Als besonders entschieden im Kampf gegen die Pandemie zeigten sich auch die Präsidentin von Taiwan, Tsai Ing-wen, und die Premierministerin von Neuseeland, Jacinda Ardern. Das früh gebeutelte Taiwan etwa reagierte schon im Januar mit der Einführung von 124 verschiedenen Massnahmen, ohne einen grundsätzlichen Lockdown verhängen zu müssen. Anstatt – wie es Modellrechnungen prognostizierten – ein extremes Ausmass der Pandemie zu erleben, sind laut der Johns Hopkins Universität (JHU) im Inselstaat mit fast 24 Millionen Einwohnern derzeit lediglich 393 Infizierte und sechs Todesopfer zu verzeichnen.

Mut zu Entscheidungen

Viel Lob für ihr entschiedenes Handeln bekommt auch Jacinda Ardern, Premierministerin von Neuseeland. Hier waren gemäss der Daten der JHU zuletzt lediglich 1366 mit Covid-19 angesteckte Personen und neun daran gestorbene Menschen registriert. Grund für die geringen Zahlen sind aber nicht nur die abgeschiedene Lage Neuseelands, sondern wohl auch die frühzeitige Verhängung rigoroser Ausgangsbeschränkungen. «Wir haben jetzt ein kleines Zeitfenster, um Menschenleben zu retten», erklärte Ardern am 25. März, als der Lockdown in Kraft gesetzt wurde.

Ohne grosse Einschränkungen kommt man in Island aus: Schulen zum Beispiel mussten hier nicht geschlossen werden. Der Grund: Während in den meisten Ländern Coronavirustests auf Menschen mit aktiven Symptomen beschränkt sind, geht Island aufs Ganze. Unter der Führung von Premierministerin Katrín Jakobsdóttir können sich alle Bürger kostenlos testen lassen.

Damit wird das Land zu einer wichtigen Fallstudie über die tatsächliche Ausbreitung und die Sterblichkeitsrate von Covid-19. Im Verhältnis zu seiner Bevölkerung hat das Land bereits fünfmal so viele Menschen untersucht wie Südkorea und ein gründliches Rückverfolgungssystem eingeführt.

Ernst nehmen mit Einfühlungsvermögen

In Finnland, Norwegen und Dänemark setzten die Regierungschefinnen auf moderne Medienarbeit. Finnlands Ministerpräsidentin Sanna Marin spannt Social‐Media-Influencer ein, um faktenbasierte Informationen über den Umgang mit der Pandemie zu verbreiten und besetzt damit den medialen Raum, in dem anderswo vor allem Fake News verbreitet werden.

Die norwegische Regierungschefin Erna Solberg wandte sich, wie ihre dänische Kollegin Mette Frederiksen einige Tage zuvor, in einer Medienkonferenz explizit an Kinder: um geduldig die Fragen zu beantworten, die sie beschäftigen. Vor allem aber, um sie ernst zu nehmen. «Es ist völlig okay», sagte Solberg, «wenn man in diesen Zeiten etwas Angst hat.»

Gut geführte Regierungen nehmen diese Ängste – nicht nur die der Kinder – ernst. Dazu braucht es nur ein paar originelle Idee und den Mut, offensichtlich notwendige Massnahmen zu ergreifen: ganz ohne dicke Hose. Denn Einfühlungsvermögen und Fürsorglichkeit sind nicht nur derzeit die besseren Berater für erfolgreiche Regierungen.

Die Coronavirus-Krise – eine Chronologie

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