Fakten zum Champions-League-Final Real-Star war 2022 als Fan im Stadion ++ Querpass-Toni straft Kritiker Lügen ++ Reals irre Transfer-Bilanz

Von Jan Arnet, London

1.6.2024

Real Madrid und Borussia Dortmund spielen am Samstag um den begehrten Henkelpott.
Real Madrid und Borussia Dortmund spielen am Samstag um den begehrten Henkelpott.
imago

Du schaust dir den Champions-League-Final mit Familie oder Freunden an und willst mit deinem Fussball-Wissen glänzen? Dann bist du hier genau richtig. Hier sind zehn Fakten, die dich zum absoluten Experten machen.

Von Jan Arnet, London

1.6.2024

Dortmunds böse Erinnerungen an Wembley

Der BVB hat keine guten Erinnerungen an Wembley. In diesem Stadion verlor Dortmund nicht nur sein letztes Champions-League-Finale, 2013 gegen Bayern München. Hier gastierte Schwarz-Gelb auch zweimal in der Königsklasse gegen Tottenham und unterlag in beiden Duellen jeweils 1:3. Gibt es elf Jahre und sieben Tage, oder auch 4025 Tage nach dem ersten Gastspiel in Englands neuem Fussball-Tempel, endlich den ersten Sieg?



«Querpass-Toni» auf seiner letzten Mission

Toni Kroos hat sein Karriereende angekündigt. Der Champions-League-Final wird damit zu seinem allerletzten Spiel auf Vereinsebene (im Sommer spielt er mit Deutschland noch an der EM). Der 34-Jährige kriegt die Chance, seinen sechsten Henkelpott zu gewinnen, womit er zum vermeintlich uneinholbaren Rekordhalter Paco Gento aufschliessen würde, der zwischen 1956 und 1966 sechsmal den Europapokal der Landesmeister gewann.

In Sachen Passspiel ist Kroos schon jetzt das Nonplusultra. 10‘004 erfolgreiche Pässe spielte der Deutsche in seinen bislang 150 Champions-League-Partien – die meisten aller Spieler seit Start der detaillierten Datenerfassung im Wettbewerb (seit der Saison 2003/04).

Und die spielte «Querpass-Toni», wie Kroos in seiner Heimat früher gerne hämisch betitelt wurde, längst nicht alle dem Mitspieler nebenan zu. Der Mittelfeldstratege spielte in dieser Saison in der Königsklasse 194 linienbrechende Pässe, so viele wie kein anderer Spieler. Zudem bricht er im Schnitt mit jedem vierten Pass eine gegnerische Defensivlinie – Bestwert!

Ottmar Hitzfeld über Toni Kroos: «Ein Märchen, was er erlebt hat»

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28.05.2024

Wird Marco Reus doch noch zum Vollendeten?

Ein Abschied wird der Final auch für Marco Reus, der vor einigen Wochen bekannt gab, seinen auslaufenden Vertrag bei Dortmund nicht zu verlängern. Der gebürtige Dortmunder kehrte 2012 zum BVB zurück – zu einem Team, das zuvor zweimal in Folge Deutscher Meister geworden war. Nach zwölf Spielzeiten muss man konstatieren, dass die grossen Erwartungen und Hoffnungen enttäuscht wurden.

Ein Meistertitel gelang dem BVB mit Reus nicht. Dafür musste sich Schwarz-Gelb siebenmal (!) seit 2012 mit der Vizemeisterschaft hinter dem FC Bayern begnügen. In seiner Zeit in Dortmund gewann Reus «nur» zweimal den DFB-Pokal und dreimal den nationalen Supercup. Auch der WM-Titel 2014 mit Deutschland blieb dem damals verletzten Reus verwehrt.

Eine Vereinslegende ist Reus in Dortmund dennoch geworden. Mit 170 Toren ist er die Nummer 2 im Verein hinter Adi Preissler (177) und seine 428 Einsätze übertreffen nur Michael Zorc, Mats Hummels und Roman Weidenfeller. Mit dem Champions-League-Titel würde sich Reus endgültig unsterblich machen.

Ein Schweizer als entscheidender Faktor?

Mittendrin statt nur dabei ist im grossen Endspiel auch ein Schweizer. «Am Samstag braucht es einen Kobel in Top-Form, wenn Dortmund etwas erreichen will», sagte zuletzt auch Stéphane Chapuisat, einer von Dortmunds Champions-League-Helden 1997, im Fussball-Talk Heimspiel.

Wie wichtig der Nati-Goalie für sein Team ist, hat er längst bewiesen. Kobel wehrte im laufenden Wettbewerb 42 Schüsse ab, Topwert aller Torhüter. Seine Quote gehaltener Schüsse (84%) wird unter allen Stammkeepern in der Königsklasse nur von seinem Landsmann, Inters Yann Sommer (86%), überboten.

Kobel könnte nun der fünfte Schweizer werden, der die Champions League gewinnt. Vor ihm schafften das neben Chapuisat (1997 mit Dortmund) auch Ciriaco Sforza (2001 mit Bayern), Xherdan Shaqiri (2013 mit Bayern, 2019 mit Liverpool) und Manuel Akanji (2023 mit Manchester City).

Wiedersehen mit Rekordmann Bellingham

Reals Jude Bellingham trifft ausgerechnet im Final auf den Klub, bei dem er seinen Durchbruch als Profi schaffte. In Dortmund hat der 20-jährige Engländer seine Spuren hinterlassen, einige Altersrekorde hat Bellingham bis heute inne:

Mit 17 Jahren und 289 Tagen ist er der jüngste Torschütze des BVB in der Königsklasse. 2022 wurde er mit 19 Jahren und 94 Tagen der jüngste Spieler aller Zeiten in der Bundesliga, der ein Team als Captain auf den Platz führte. Sein 100. Pflichtspiel für den BVB absolvierte Bellingham im Alter von 19 Jahren und 80 Tagen, womit er zum jüngsten Spieler der BVB-Historie wurde, der diese Marke knackte.

In seiner Zeit in Dortmund steigerte Bellingham seinen Marktwert um rund das Zehnfache: Von 11 Mio. Euro (Einschätzung April 2020) auf 120 Mio. Euro (Juni 2023). Rund ein Jahr später liegt sein Marktwert bei geschätzten 180 Mio. Euro.

Der Halbfinal-Held war bei Reals letztem CL-Sieg als Fan im Stadion

Reals entscheidender Mann im Halbfinal-Rückspiel gegen die Bayern war Joker Joselu, der die Partie für die Madrilenen nach seiner Einwechslung mit einem Doppelpack noch drehen konnte. Joselu ist in Stuttgart geboren und aufgewachsen und spielte als Profi drei Saisons in Deutschland (von 2012 bis 2015 – je eine Saison für Hoffenheim, Eintracht Frankfurt und Hannover 96).

In 79 Bundesligaspielen kam er auf immerhin 22 Tore, ein solider Wert für einen Stürmer. So richtig explodiert ist Joselu aber erst im Spätherbst seiner Karriere. Letzte Saison schoss er für Espanyol Barcelona 17 Liga-Tore, konnte den Abstieg des Teams damit aber nicht verhindern. Real holte den 34-Jährigen im Sommer leihweise, um nach dem Benzema-Abgang die Option des Stossstürmers nicht zu verlieren.

Joselu avancierte im Halbfinal-Rückspiel gegen Bayern München zum Matchwinner für Real.
Joselu avancierte im Halbfinal-Rückspiel gegen Bayern München zum Matchwinner für Real.
Keystone

In gerade mal 268 CL-Einsatzminuten 2023/24 – in seiner ersten Saison in der Königsklasse – traf Joselu fünfmal und somit alle 54 Minuten – das ist der beste Schnitt aller Spieler mit mindestens zwei Toren. Seine letzten vier Treffer markierte er sogar binnen gerade mal 62 Einsatzminuten. Joselu, der erst 2023 mit 33 Jahren sein Nati-Debüt gab, steht nun auch im vorläufigen EM-Kader der Spanier.

Übrigens: Als Real Madrid 2022 in Paris gegen Liverpool seinen 14. Champions-League-Titel holte, war Joselu als Fan im Real-Trikot im Stadion (damals noch Profi von Alavés). Mit dem Endspiel in London 2024 geht nun ein Traum in Erfüllung. Sein Debüt im Real-Trikot liegt indes schon eine Weile zurück. Im Mai 2011, also vor 13 Jahren, war das – unter Trainer José Mourinho, nachdem Joselu bei der zweiten Mannschaft für Furore gesorgt hatte.

Vom soliden Zweitliga-Stürmer zum Toptorjäger

Einen Spätzünder hat auch Dortmund in seinen Reihen. Die Rede ist von Niclas Füllkrug. Mit 31 Jahren ist er am Zenit angekommen. In der ersten Hälfte seiner Karriere dümpelte «Fülle» noch in weniger ruhmreichen Gefilden herum. Er absolvierte mehr Spiele in unteren Ligen (höchstens 2. Bundesliga) als in der 1. Bundesliga.

Wie Joselu stürmte auch Füllkrug einst für Hannover. Sein Knoten ging in seiner Zeit bei Werder Bremen auf. Letzte Saison wurde Füllkrug in Bremen mit 16 Toren sogar Torschützenkönig. Es folgte der Wechsel zum BVB, wo der 31-Jährige zum gefährlichsten Offensivspieler wurde. Mittlerweile ist Füllkrug auch in der deutschen Nationalmannschaft zum grossen Hoffnungsträger geworden. Er hat sogar einen eigenen EM-Song.

Das ungleiche Trainerduell

Real gegen Dortmund ist auch Carlo Ancelotti gegen Edin Terzic. Zwischen den beiden Trainern liegen Welten, oder 23 Jahre – und 27 Titel. Ancelotti sorgte im 2022 für einen Meilenstein: Mit dem Gewinn des spanischen Meistertitels gelang es ihm, als erster Trainer überhaupt Teams in allen fünf Top-Ligen Europas zum nationalen Meistertitel gecoacht zu haben (zuvor Milan 2004, Chelsea 2010, PSG 2013 und den FC Bayern 2017).

Insgesamt viermal gewann der Italiener die Königsklasse. 2002/03 und 2006/07 mit Milan, sowie 2013/14 und 2021/22 mit Real. Damit ist er alleiniger Rekordhalter. Seine 203 Spiele als Trainer in der Champions League sind ebenfalls Rekord (vor Alex Ferguson mit 190), ebenso wie die 115 Siege (vor Pep Guardiola mit 109).

Und Terzic? Der sass 2013, beim letzten Champions-League-Final des BVB, als Fan mit Schal und Trikot im Stadion. In seinem Trophäenschrank stehen ein DFB-Pokal und der deutsche Superpokal. Terzic outete sich jüngst auch als Fan von Ancelotti, als er sagte: «Ich habe Ancelottis Buch ‹Quiet Leadership› gelesen. Er ist ein Vorbild für alle jungen Trainer, auch für mich.»

6 deutsche Teams in der Champions League?

Weil Dortmund die Bundesliga nur auf Platz 5 beendete – den Platz in der Königsklasse nächste Saison aber dennoch auf sicher hat – würde sich bei einem Triumph des BVB ein sechstes deutsches Team für die Champions League qualifizieren. Neben Bayer Leverkusen, dem VfB Stuttgart, Bayern München, RB Leipzig und Dortmund würde auch Eintracht Frankfurt als Tabellensechster der Bundesliga nächste Saison in der europäischen Königsklasse starten.

Real ist auch in Sachen Transfers königlich

Ein Blick auf die Transfer-Ausgaben- und Einnahmen zeigt, wie gut Real auch bei Spielerkäufen- und Verkäufen handelt. Laut «Transfermarkt» hat Real in den letzten vier Jahren 240,5 Millionen Euro für neue Spieler ausgegeben und 285,35 Millionen mit Transfers eingenommen. Macht ein Plus von 45 Millionen Euro.

Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass es die Königlichen in dieser Zeitspanne in jeder Saison mindestens ins Halbfinale der Champions League geschafft haben (2022 holte Real den Titel). Zum Vergleich: Manchester United steht in den letzten vier Jahren bei einem Minus von 539 Millionen Euro und verpasste in dieser Zeit zweimal die Champions League. Bei Chelsea liegt die Transferbilanz seit 2020 sogar bei Minus 918 Millionen Euro.

Das grosse Champions-League-Special mit Hitzfeld, Chapuisat und Sforza

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Könige von Europa! Wer die Champions League gewinnt, ist ganz oben angekommen. Ottmar Hitzfeld, Ciriaco Sforza und Stéphan Chapuisat haben genau das geschafft. Im Heimspiel blicken sie zurück auf ihre Erfolge und voraus auf den Final am Samstag.

28.05.2024