Lebenstraum Der Mann, der mit 37 die Tennis-Weltrangliste «erobern» wollte

Von Bruno Bötschi

7.2.2020

Wird es Felix Hutt mit 37 gelingen, den einen ATP-Punkt zu holen, der ihm einen Eintrag in der Liste der Besten beschert?
Wird es Felix Hutt mit 37 gelingen, den einen ATP-Punkt zu holen, der ihm einen Eintrag in der Liste der Besten beschert?
Bild: Felix Hutt

Felix Hutt war ein talentierter Tennisjunior, bis er den Sport aus den Augen verlor. Dass er dann mit 37 versuchte, doch noch einmal in die Tennis-Weltrangliste zu gelangen, hat mit 2017 und Roger Federer zu tun.

Herr Hutt, Roger Federer oder Rafael Nadal?

Roger Federer.

Roger Federer soll schuld daran sein, dass Sie sich mit Ende 30 aufmachten, ein grosses Tennis-Abenteuer zu wagen. Wahr oder nicht?

Wahr. Ich habe mit meiner Frau Ferien in Südafrika gemacht und das wunderbare Australian-Open-Finale 2017 im Fernsehen geschaut. Am nächsten Tag bin ich runter an den Strand und habe Sprints gemacht. Na ja, sagen wir, versucht. Ich war ziemlich übergewichtig zu dem Zeitpunkt.

Sie gehörten einst zu den besten Tennisjunioren Deutschlands. Wieso haben Sie nicht schon als junger Mann mit aller Kraft versucht, einen ATP-Punkt zu gewinnen, damit Ihr Name in der Weltrangliste erscheint?

Das habe ich bei einigen kleinen Turnieren, bin aber gescheitert und dann schnell aufs College in die USA gegangen.

Vom Bier-Liebhaber zum Fast-Tennis-Profi: Wie schafften Sie das mit 37 innerhalb nur weniger Monate?

Mit Disziplin, hartem Training und gesunder Ernährung. Und: Fast-Tennis-Profi klingt toll, in Wahrheit war ich vom Tennisprofi, wie man ihn aus dem Fernsehen kennt, noch weit entfernt.



«Wahrscheinlich liebst du Tennis so, weil es die einzige Konstante in deinem Leben ist», soll Ihre Frau Sina zu Ihnen gesagt haben. Mir scheint, Sie hätten für die Erfüllung Ihres Traumes sogar die Scheidung in Kauf genommen ...

Nein, da täuscht Ihr Eindruck. Ich würde ab morgen keinen Schläger mehr anrühren, wenn das bedeutete, dass ich mit meiner Frau für immer zusammen sein werde.

«Lucky Loser» lautet der Titel Ihres Buches. Wie glücklich haben Sie Ihr Abenteuer in Tennisentwicklungsländern wie Pakistan, Kambodscha, Israel und Uganda wirklich gemacht?

Die Reisen haben mich erfüllt, weil man in viele der Länder nicht in die Ferien fährt. Pakistan, Kambodscha und Uganda haben meinen Horizont erweitert, das waren grossartige Erfahrungen. Allerdings hing mein Glück auch von Ergebnissen auf dem Platz ab, deshalb kann ich nicht sagen, ich war nur glücklich unterwegs. Ich bin ein glücklicher Verlierer am Ende des Tages, ein Lucky Loser eben.

War von Anfang an klar, dass Sie über Ihre Abenteuer ein Buch schreiben werden?

Ja.

Was können Sie besser: schreiben oder Tennis spielen?

Schreiben.

Felix Hutt: «Mein Glück hing auch von Ergebnissen auf dem Platz ab, deshalb kann ich nicht sagen, ich war nur glücklich unterwegs.»
Felix Hutt: «Mein Glück hing auch von Ergebnissen auf dem Platz ab, deshalb kann ich nicht sagen, ich war nur glücklich unterwegs.»
Bild: Felix Hutt

Sie lernten während Ihres Tennis-Abenteuers unter anderem, die Zahnbürste zu verstecken, damit die Putzmitarbeiter im Hotel damit nicht das WC reinigen.

Das war ein Spass, eine Anekdote, die mir ein anderer Spieler erzählt hat. Darf man nicht alles bierernst nehmen, was der Lucky Loser schreibt.

Was hat Sie Ihr sportliches Abenteuer sonst noch gelehrt?

Ich habe im letzten Kapitel beschrieben, warum Tennis eine Schule fürs Leben sein kann. Kann ich nur empfehlen, da steht alles drin, von strukturierter Arbeit über Mut bis Kämpfen.

Hat sich seit Ihrem Tennis-Abenteuer Ihr Leben grundsätzlich verändert?

Das Buch hat mir wunderbare Begegnungen ermöglicht, das Feedback ist herausragend, übertrifft meine Erwartungen.



Der Schweizer Tennisprofi Stan Wawrinka hat sich den Spruch «Immer versucht. Immer gescheitert. Egal. Versuch es wieder. Scheitere wieder. Scheitere besser» auf den Unterarm tätowieren lassen.

Beides so grossartig und zutreffend wie seine Rückhand longline – ein Traum.

Hätten Sie sich den Screenshot der ATP-Rangliste mit Ihnen tatsächlich auf den Arm tätowiert, wenn Sie es geschafft hätten?

Ja.

Und heute mit 40, wie oft spielen Sie noch Tennis pro Woche?

Ich spiele zweimal die Woche, aber immer noch Herren-30-Bundesliga in München.

Welchen grossen Lebenstraum wollen Sie sich nun erfüllen?

Das ist letztes Jahr schon passiert. Ruby ist fünf Monate alt und will, dass ich mit ihr durchs Wohnzimmer krabbele, weshalb ich jetzt aufhören muss.

Das Interview wurde schriftlich geführt.

Bibliografie: «Lucky Loser – Wie ich einmal versuchte, in die Tennis-Weltrangliste zu kommen», Felix Hutt, Ullstein Verlag, 240 Seiten, ca. Fr. 18 Fr.

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