Kolumne am Mittag Das Genie Peter Doherty – er ist eben nicht nur der Ex von Kate Moss 

Von Bruno Bötschi

15.11.2019

Einer der seltenen Momente voller Glückseligkeit: Kate Moss und Peter Doherty.
Einer der seltenen Momente voller Glückseligkeit: Kate Moss und Peter Doherty.
Bild: Getty Images

Ich hatte Peter Doherty, diesen genialen Musiker und Ex von Kate Moss, etwas aus den Augen verloren – doch urplötzlich geistert er als «Junkie-Monster» wieder in den Medien herum. Über ein öffentliches Sterben auf Raten.

Vergangenes Wochenende, im Radio lief gerade «Heart Of Matters» von The Libertines, dachte ich: Wie geht es eigentlich Peter Doherty, dem ewig strauchelnden Supertalent des Indierocks?

Sie kennen den Sänger Doherty nicht? Ach was, natürlich kennen Sie ihn. Peter Doherty ist der Ex-Freund von Supermodel Kate Moss. Na, klingelt's?

Nur 24 Stunden später wurde mir auf meinem Computerbildschirm die Antwort präsentiert: «Peter Doherty verhaftet.» Der 40-jährige britische Musiker soll Anfang der Woche in Paris gleich zweimal in Polizeigewahrsam genommen worden sein – zuerst wegen Drogen, danach wegen eines Alkoholexzesses und einer Schlägerei.

«Mit Kokain hat sie ihr Leben zerstört»

Doherty war schon immer ein wilder Junge. Aber auch ein Feingeist, der mit 17 einen Poesie-Wettbewerb gewann und wenig später die Band The Libertines gründete. Gleichzeitig war er ein Drogenkranker, der in die Wohnung eines Bandmitglieds einbrach, um dann doch glatt dessen Hab und Gut für Heroin zu verticken. 



Doherty erzählte einmal in «Der Zeit», er «habe in seinem Leben oft versucht, das Richtige zu tun, aber es hat sich dann meist als das Falsche herausgestellt, warum auch immer».

Richtig war möglicherweise die Beziehung mit Kate Moss. Modebewusste werden sich wahrscheinlich an jenes Foto erinnern: Moss besuchte 2006 das Rockfestival Glastonbury an der Seite von Doherty – in einem Minikleid und mit nackten Beinen, die in dreckverschmierten Hunter-Gummistiefeln steckten. Die britische Marke verortete bis dahin ihre Zielgruppe im bäuerlichen Umfeld. Doch kaum stapfte die Moss damit durch den Schlamm, legten die Stiefel eine rasante Karriere in der Modewelt hin.

Viele behaupteten damals, der Musiker habe einen schlechten Einfluss auf das Model. Und dann gab es ja auch dieses Video: Ein Plattenstudio, Moss schüttet weisses Pulver auf eine CD-Hülle, portioniert es mit einer Kreditkarte, zieht den Stoff durch eine Banknote in die Nase. Moss lacht dabei und reicht die CD-Hülle weiter: an Doherty.

Minikleid und Gummistiefel: So besuchte Kate Moss 2006 das Rockfestival Glastonbury an der Seite von Peter Doherty.
Minikleid und Gummistiefel: So besuchte Kate Moss 2006 das Rockfestival Glastonbury an der Seite von Peter Doherty.
Bild: Getty Images

H&M schmiss Moss raus. Chanel liess den Vertrag auslaufen. Burberry sagte eine Kampagne ab. Die «Bild» titelte: «Mit Kokain hat sie ihr Leben zerstört.»

Doch dann trat Karl Lagerfeld auf den Plan. «Kate tut mir wahnsinnig leid. Sie ist ein Opfer ihres Erfolgs, ihres Stils, ihrer zeitlosen Einmaligkeit. Sie hat nie darauf bestanden, ein Tugendpinsel zu sein», sagte der im Februar verstorbene Lagerfeld in einem Interview.

Die Polizei mag kein Junkie-Monster

Nach zwei Jahren und unzähligen skandalträchtigen Schlagzeilen endete die Romanze Moss/Doherty. Kurz danach schien alles wieder gut zu sein – zumindest bei der gertenschlanken Moss, die nun noch dicker im Geschäft war als je zuvor (Lagerfeld sei dank).

Und der böse Doherty? Von ihm sprach längere Zeit keiner mehr. Ein Junkie halt, der wieder mal versucht hatte, das Richtige zu tun, aber ... (siehe oben).

Richtig ist, dass Peter Doherty ein unglaublich talentierter Künstler ist. Falsch ist, dass, kaum geht er auf die Strasse, um Drogen zu kaufen, die Medien aus ihm ein Junkie-Monster machen. Die Londoner Polizisten haben Doherty bei Verhaftungen mitunter geschlagen.

Aufhören ist nicht leicht

Ich gebe zu, zwischendurch habe ich den Musiker etwas aus den Augen verloren. So wusste ich nicht, dass ihn im Juli 2012 eine Luxus-Entzugsklinik in Thailand vor die Tür setzte, weil er keinen echten Willen gezeigt hätte, seine Sucht zu bekämpfen.

Richtig ist, dass Peter Doherty ein unglaublich talentierter Künstler ist.
Richtig ist, dass Peter Doherty ein unglaublich talentierter Künstler ist.
Bild: Getty Images

Was mir bekannt war: Doherty zog von London nach Hamburg – er war körperlich am Ende gewesen. «Der Zeit» sagte er: «Als ich 2014 nach Hamburg kam, war ich an einem Tiefpunkt angelangt. Mein Leben war ein verdammtes Chaos. Vor allem physisch war ich in einem erbärmlichen Zustand. Aus London hatte ich weggemusst, weil ich den falschen Leuten zu viel Geld schuldete, mein Alltag war von Heroin, Crack und Alkohol bestimmt.»

Endlich wird alles gut, dachte ich. Doherty schien geläutert – das behauptete er ja auch: «Klar, es wäre besser gewesen, ich hätte schon früher mit den Drogen aufgehört, die mein Leben in so ein Chaos verwandelt haben. Aber alle Versuche sind irgendwann gescheitert, für einen Abhängigen ist Aufhören erst recht nicht leicht, wenn er unter öffentlicher Beobachtung steht.»

Öffentliches Sterben auf Raten

Kate Moss ist unterdessen längst zur britischen Ikone geworden. Obwohl sie mit einer Körpergrösse von 1.70 Meter nie dem Ideal eines Supermodels entsprochen hat und ihre Zähne leicht schief sind, war sie doch das Gesicht, mit dem sich Grossbritannien schmückte.



Heute strahlt die Moss nur noch selten bei Werbekampagne-Auftritten, sie widmet sie lieber ihrer eigenen Agentur. Dass sie inzwischen Mitte 40 ist und mit wenig Zurückhaltung gelebt hat, ist ihr anzusehen. Doch sie macht einfach so weiter, wie sie es immer getan hat. Und die Welt sieht hin und wieder fasziniert zu.

Doherty? Hat der Musiker den Drogen abgeschworen oder nicht? In den letzten Jahren bestätigte er mit schöner Regelmässigkeit das Bild vom leidenden Künstler.

Kein Akt dieses Dramas, der in den letzten Jahren nicht im Internet aufgeführt worden wäre: Peter, wie er sich 2011 mit der längst verstorbenen Amy Winehouse zudröhnt, seinem Zwilling im Geiste, Peter, wie er ergraut und verpennt aussieht, aber endlich wieder aufgestanden sein soll, und Peter, wie er von einem Igel niedergestreckt wurde.

Es war also nur eine Frage der Zeit, bis er erneut – wie diese Woche geschehen – von den Medien zum Junkie-Monster gemacht würde, und so sieht die Welt Peter Doherty, dem Ex-Freund von Kate Moss, voller Mitleid beim öffentlichen Sterben auf Raten zu.

Seit dieser Woche gibt es regelmässig bis unregelmässig um 12 Uhr auf «Bluewin» die Kolumne am Mittag. Geht es heute in Teil fünf um Peter Doherty und Kate Moss, war in Teil eins von Sophia Thomalla die Rede, in Teil zwei von Grace Kelly und ein bisschen Lady Di, in Teil drei von Prinz Philip und Prinzessin Meghan und in Teil vier von Heidi Klum und der  täglichen Suche nach Top-News.

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