Late Night USA «Wisst Ihr, warum die Sch***** jetzt eskaliert? Wovon soll es ablenken?»

Philipp Dahm

10.6.2025

Jon Stewart moderiert immer montags die «Daily Show», die zuletzt die Unruhen in Los Angeles ins Visier nimmt.
Jon Stewart moderiert immer montags die «Daily Show», die zuletzt die Unruhen in Los Angeles ins Visier nimmt.
YouTube/The Daily Show

Los Angeles brennt – mal wieder. Die Stadt ist ein Pulverfass, an das Donald Trump Lunte legt, meint zumindest Late-Night-Legende Jon Stewart in der «Daily Show» – und verrät, worum es wirklich geht.

Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • In der «Daily Show» beschäftigt sich Jon Stewart mit den Unruhen in L.A.: Statt Kriminellen wurden dort vor der Baumarkt-Kette Home Depot arbeitswillige Migranten abgegriffen.
  • «They spit, we hit»: Trump kündigte die Entsendung weiterer Truppen und hartes Durchgreifen an.
  • «Deportieren, deportieren, deportieren»: Hintergrund ist das Ziel von Berater Stephen Millers, mehr Eingewanderte abzuschieben.
  • Während rechte Medien Trump feiern, erklärt Jon Stewart, was seiner Meinung nach hinter dem «Pulverfass» L.A. steckt.

«Die Entzündung an diesem Wochenende war das sehr vorhersehbare Ergebnis des Zusammenstosses einer liberalen Stadt, die auf Einwanderer angewiesen ist, mit einer strengen MAGA-Operation, die Migranten trollt und ihre Quote brauner Pokémänner erfüllen will», eröffnet Jon Stewart die «Daily Show» – und ergänzt das dazugehörige Pokémon-Motto:

«Gotta catch 'em all.»

Jon Stewart über die Mission von ICE

Die Late-Night-Show erinnert daran, wie alles begann – mit dem Clip ab Minute 1:21. Da verspricht Donald Trump 2024 vor seiner Wahl, man werde «zunächst die Kriminellen» ausschaffen: «die Mörder, die Drogendealer». Im folgenden Clip berichten die aktuellen News, die Behörde Immigration and Customs Enforcement (ICE) habe bei Home Depot zugeschlagen.

Home Depot ist eine grosse amerikanische Baumarkt-Kette: Hier pilgern Immigranten hin, um sich als Tagelöhner zu verdingen. «Von den Schlimmsten der Schlimmen zu einem f****** Home Depot? Jesus, ICE, wenn ihr Hilfe bei der Verhaftung von Leuten braucht: Diese Leute suchen nach Arbeit, müsst ihr wissen.»

«Wir werden überall Truppen haben»

Es gebe eine «explosive Situation» weiss Stewart: «Föderalismus gegen die Rechte des Staates, Grenzkontrollen gegen Rechtsstaatlichkeit, angsteinflössende, militarisierte Säuberungen gegen hart arbeitende Leute aus lokalen Gemeinschaften, die US Marines gegen den Lieferjungen, der dir ein Eier-Sandwich gebracht hat.»

Kriminelle Ausländer oder arbeitswillige Eingewanderte? Am Home Depot scheiden sich die Geister.
Kriminelle Ausländer oder arbeitswillige Eingewanderte? Am Home Depot scheiden sich die Geister.
YouTube/The Daily Show

Trumps Reaktion ist in Clip ab Minute 2:24 zu sehen: «Wir werden überall Truppen haben», kündigt der US-Präsident an. Wir lassen nicht zu, dass unserem Land sowas passiert. Sie spucken. Das ist ihr neues Ding. Falls das passiert, habe ich eine kleine Erklärung: Wenn sie sagen, dass sie spucken, schlagen wir zu.»

«They say they spit, we hit»

Donald Trump schlägt zurück

«Gut gemacht, Mr. Churchill», ätzt Stewart. Offensichtlich habe der 78-Jährige seine Meinung geändert: Beim Sturm des Kapitols habe noch das Motto gegolten «They hit, we don't give a sh**». Warum eskaliert die Lage nun derart? Die Antwort gibt der Clip ab Minute 3:11.

«Deportieren, deportieren, deportieren!»

Darin heisst es, dass Trump-Berater Stephen Miller habe ICE-Agenten angeschrien. «Was wollte der junge Darth Vader?», fragt Stewart mit Blick auf den weltberühmten Film-Bösewicht. Der hat sich offenbar laut darüber beklagt, dass ICE nicht genug Eingewanderte verhaftet.

3000 Festnahmen täglich seien das Ziel – und es gehe nicht nur um Kriminelle. Deshalb habe Miller angeordnet, auch an Orten wie dem Home Depot zuzugreifen. «Sie haben Leute in diese Nation gelassen – nicht Leute: Monster», sagt Miller bei «Fox News».

Wenn Stephen Miller «Deport, deport, deport» ruft, meint er nicht «Fox News»-Moderator Jesse Watters (links), sondern Eingewanderte (ganz rechts im deftigen Polizeigriff in El Salvador).
Wenn Stephen Miller «Deport, deport, deport» ruft, meint er nicht «Fox News»-Moderator Jesse Watters (links), sondern Eingewanderte (ganz rechts im deftigen Polizeigriff in El Salvador).
YouTube/The Daily Show

Und: «Deportieren, deportieren, deportieren!» «Ich glaube, das ist, was Stephen Miller ruft, wenn er kommt», lästert Stewart. «Und dann – um gefühlvoll mit seiner Partnerin zu sein – muss er natürlich sagen: ‹Du hast auch deportiert, oder?› Uns sie sagt wahrscheinlich: ‹Yeah.› Und dann geht sie in die Dusche, und deportiert sich selber.»

«Es schmerzt meine Seele»

Die Lage sei ein Pulverfass, dessen Lunte Trump mit Freude entzünde, meint der Moderator. Zumindest aber habe es keine «menschlichen Opfer» gegeben: Der News-Clip ab Minute 5:52 berichtet jedoch davon, dass fünf selbstfahrende Taxis in Rauch aufgegangen sind. «Es hat fünf gebraucht, bevor ihr gesagt habt: ‹Sollten wir keine Waymo-Taxis mehr schicken?›» 

Erhitzt: ein brennendes selbstfahrendes Taxi der Google-Firma Waymo – und Jon Stewart.
Erhitzt: ein brennendes selbstfahrendes Taxi der Google-Firma Waymo – und Jon Stewart.
YouTube/The Daily Show

Im News-Bericht heisst es weiter, die Taxis der Google-Firma seien offenbar von den Protestierenden bestellt worden, um sie anzuzünden. Gott sei Dank gehe die MAGA-Gemeinde besonnen mit der ganzen Sache um, sagt der 62-Jährige.

Im Einspieler ab Minute 11:06 nennt der Republikaner Ted Cruz die Situation «äusserst unglücklich». Ein Moderator bekundet: «Es schmerzt meine Seele.» Und andere konservative Stimmen sagen, es sei schwer mitanzusehen. Trump-Vize JD Vance weiss, es sei schlecht für das Land. 

«Wollen Sie in Los Angeles leben, das ein Mini-Mexiko ist?»

«Sorry», sagt Stewart und hält seinen imaginären Knopf im Ohr, «mir wurde gerade gesagt, dass es nicht um Los Angeles ging. Ihr Herz ist gebrochen, weil Trump und Elon [Musk] keinen Kontakt mehr miteinander haben. Das ist eine etwas andere Sache.»

Nicht Bogota. Nicht Lagos . Los Angeles.
Nicht Bogota. Nicht Lagos . Los Angeles.
YouTube/The Daily Show

Dann wird Stewart ernst: «Wisst ihr, der Aufruhr in L.A. ist in einem [von Demokraten regierten] Bundesstaat in einer [von Demokraten regierten] Stadt, um die sie sich einen Sch**** kümmern.» Als Beleg dient der Einspieler ab Minute 11:55, in dem rechte TV-Kommentatoren Trumps Eingreifen loben.

Late Night USA – Amerika verstehen
blue News

50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten eine der besten Navigationshilfen: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen, und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.

«Enorm positiv für unser Land», «gesunder Menschenverstand» und «wohl verdient» sind drei Phrasen, die dabei hängenbleiben. Und die rhetorisch gemeinte Frage: «Wollen Sie in Los Angeles leben, das ein Mini-Mexiko ist?» «Um fair zu sein», schliesst Stewart an: «Sie haben auch ein fantastisches Koreatown.»

Worum es eigentlich geht

Dann stellt der 23-fache Emmy-Gewinner die Frage aller Fragen: «Wisst Ihr, warum die Sch***** jetzt eskaliert? Warum passiert das jetzt? Wovon soll es ablenken?» Was zuvor Thema gewesen ist? Der Bruch zwischen Trump und Musk, der dem US-Präsidenten vorgeworfen hat, in den Akten über den pädophilen Milliardär Jeffrey Epstein zu stehen.

Am 2. Juni 2024 sagt Trump «Fox News» noch, er würde nicht alle Epstein-Akten veröffentlichen, denn darin seien «viele erfundene Sachen».
Am 2. Juni 2024 sagt Trump «Fox News» noch, er würde nicht alle Epstein-Akten veröffentlichen, denn darin seien «viele erfundene Sachen».
YouTube/The Daily Show

Man müsse dabei fair mit Trump sein: «Du kannst nicht einfach so wilde Anschuldigungen machen, nur weil Trump und Epstein ein- oder zweimal Zeit miteinander verbracht haben, oder weil Trump in [Epsteins] Fluglisten auftaucht, oder weil Trump ihn seinen engsten Freund genannt hat, oder weil sie auf Partys gegangen sind.»

Sein liebster Moment sei der gewesen, als FBI-Direktor Kash Patel live im Podcast von Joe Rogan erfahren hat, was Musk Trump vorwirft – zu sehen ab Minute 14:22.  Hat Musk Zugang zu diesen Akten? «Ich weiss nicht, wie, aber ich halte mich aus der Trump-Elon-Sache raus», sagt Patel. «Ich kenne mein Revier, und das ist es nicht.»

Der Titanenkampf der Männer-Babys

«Nicht dein Revier?», fragt Stewart. «Kümmerst nicht buchstäblich du dich um die Epstein-Akten? Ich kenne mein Revier, ich bin nur der Typ, der die nationale Strafverfolgung zu verantworten hat – Vertuschung, zu viele Leute auf dem Home-Depot-Parkplatz – ihr wisst schon.»

Trump hat Musk deswegen mit der Stornierung von Regierungsaufträgen gedroht – auch für den Fall, dass der reichste Mann der Welt den Demokraten Geld spendet. Es müsse hart für die Rechte sein, zu sehen, wie «kleinlich und bockig» die beiden «Männer-Babys» aufeinander losgingen, weil sie nicht bekämen, was sie wollten.

«Zwei f****** Muschis»: Wie die «Daily Show» den Kampf zwischen Musk und Trump sieht.
«Zwei f****** Muschis»: Wie die «Daily Show» den Kampf zwischen Musk und Trump sieht.
YouTube/The Daily Show

«Willkommen in unserer Welt», sagt der Moderator. «Jetzt wisst ihr Bescheid.» Harvard, Kanada und Anwälte, die Demokraten verteidigt hätten: Sie alle würden angegriffen. Die rechten Medien würden aber bloss klagen, wenn sich ihre beiden Helden gegenseitig attackierten. 

Das tönt dort dann so: «Es ist, als würde man zwei Giganten beim Kämpfen zusehen.» Oder: «Das sind zwei Titanen.» Oder: «Zwei Schwergewichte mit sehr starkem Willen.» Oder: «Zwei grosse Hunde, die auf sehr engem Raum leben.» Oder: «Zwei Alpha-Männchen, die es ausfechten.»

«These are two alpha males who are pissed off, and unfortunately they are unloading on each other.»

Ted Cruz zweideutig zu Musk und Trump

«Es sind bloss zwei f****** Muschis», kontert Stewart.