Kolumne Essen im Ausland – Gefahr!

Von Charoline Bauer

16.8.2019

Reisen ist eine wunderbare Art und Weise, den geschmacklichen Horizont zu erweitern.
Reisen ist eine wunderbare Art und Weise, den geschmacklichen Horizont zu erweitern.
Bild: Getty Images

Wo sie auch ist: Die Kolumnistin will die Kultur ihres Reiselandes immer auch riechen und schmecken. Das birgt Gefahren. Kein Käse!

«Wenn einer eine Reise tut, so kann er viel erzählen», das wusste im 18. Jahrhundert schon der Dichter Matthias Claudius. Und recht hat der gute Mann! Besonders erlebnisreich wird der Aufenthalt in der Fremde, wenn man sich auch auf die lokale Küche einlässt. Mit leerem Magen – versteht sich.

Für mich kommt es in den Ferien nicht infrage, mich nur am Hotelbuffet zu bedienen. Ich will die Kultur meines Reiselandes riechen, schmecken. Deshalb zieht es mich dort seit jeher nicht nur zu den jeweiligen Märkten und Strassenständen, sondern unbedingt auch dorthin, wo die Einheimischen essen.

Klar: In vielen Ländern dieser Welt kann das für einen europäisch-kultivierten Magen und wenig exotisch geprägte Geschmacksnerven ganz schön aufregend, mitunter auch schmerzhaft werden.

Schafsköpfe, vergammelter Hai

Einmal besuchte ich zum Beispiel meine beste Freundin während ihres Au-pair-Aufenthalts in Island. Die isländische Küche hält so einige kulinarische Schmankerl bereit, bei denen man schlucken muss (und zwar mehrfach, damit sie einem nicht wieder hochkommen).

Zwar rettete mich mein Vegetarismus damals schon vor mancherlei – wie etwa im Ganzen gekochter Schafskopf und vergammeltem (nennt sich fermentiert, ist aber das gleiche) Hai, aber was passierte, als die Gastfamilie eine Art verschimmelte Leberwurst zum Abendessen anbriet, darüber möchte ich hier nicht weiter schreiben ... – ich habe mich dann damals in der Folge zwei Wochen lang fast ausschliesslich von Skyr ernährt, jener lecker-cremigen isländischen Joghurt-Quark-Spezialität. Sie versöhnte mich wieder mit den traditionellen isländischen Lebensmitteln

Volle Geschmacksdröhnung in China

Diese oder jene Erfahrung hin oder her: Ich bestelle in fernen Ländern weiterhin gern aus Speisekarten, auf denen ich kein Wort lesen kann. Für solche Fälle fertige ich mir vor der Reise zuhause ein Kärtchen an, auf dem in Landessprache steht, dass ich kein Fleisch und keinen Fisch esse (mit Totenkopfzeichen, damit man mich auch ernst nimmt). Daher muss ich mir bei meinen Food-Experimenten zumindest keine Sorgen machen, Affenhirn oder sonst etwas vorgesetzt zu bekommen.

Doch auch kleine weisse Würfelchen können grosses Überraschungspotential entfalten. Diese wurden mir in China zu meinem Essen gereicht und sahen ein bisschen wie leckere Tofustücke aus. Erwartungsvoll steckte ich mir eines der Dinger in den Mund, und es kam nicht etwa zu einer Geschmacksexplosion, sondern zu einer Explosion meiner Geschmacksnerven. Ich hatte gerade reines Glutamat gegessen. Bitte nie wieder!

Aber man muss nicht so weit in die Ferne schweifen, um neue Geschmackserlebnisse zu sammeln. Auch innerhalb Europas finden sich jede Menge kulinarischer Abenteuer.

Leckerer Käse mit lebenden Maden

Käse ist zum Beispiel ein wunderbares Lebensmittel, dass sich hervorragend eignet, um die regionale Geschmacksvielfalt eines anderen Landes zu erkunden. Für manche ist stinkender Limburger Käse schon eine Herausforderung, während andere den echten Kick erst in sardischem Casu Marzu, leckerem Käse mit lebenden Maden, finden.

Wer es noch eine Stufe harmloser will, testet sich in den südeuropäischen Ländern durch verschiedene Olivenölsorten. Diese Geschmacksproben sind sogar Veganer-tauglich, aber je nach Olivenöl durchaus eine kleine Mutprobe für die Geschmacksknospen.

Reisen ist einfach eine wunderbare Art und Weise, auch den geschmacklichen Horizont zu erweitern. Ob in den Alpen, in Sizilien oder im südamerikanischen Dschungel, es gilt: sich die Ferien immer schmecken lassen.

Ich wünsche einen guten Appetit – und empfehle sicherheitshalber Magen- und Darmtabletten einzupacken.

Hier gibt es an jedem Freitagmorgen eine Autoren-Kolumne – abwechselnd zu den Themen Mode, Digitales Leben, Essen und Muttersein. Heute: Essen.

Charoline Bauer ist Autorin und Ernährungscoach aus Berlin. Sie schreibt für verschiedene Verlage zu allen Themen, die das Leben lebenswert machen. Als Ghostwriterin realisierte sie in den letzten Jahren mehrere Bücher in Zusammenarbeit mit bekannten Social-Media-Stars. Mit ihrer Schwester betreibt sie ausserdem einen eigenen Fitness- und Ernährungsblog.

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