Bundesliga-Legionäre im Check Diese Schweizer sind unantastbar – und diese sind auf Bewährung

Michael Schifferle

23.8.2024

Marcel Reif: «Leverkusen in der Form von letzter Saison ist auch dieses Jahr Top-Favorit»

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blue Sport Experte Marcel Reif schaut auf die bevorstehende Bundesliga-Saison.

21.08.2024

Toni Allemann war 1964 in Nürnberg der erste Bundesliga-Schweizer, später glänzten Chappi, Sforza oder Sutter. Nun starten 14 Schweizer in deutsche Eliteliga. blue Sport checkt den Status unserer Legionäre.

Michael Schifferle

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Am Freitag startet die neue Bundesliga-Saison mit dem Spiel Borussia Mönchengladbach gegen Bayer Leverkusen.
  • 14 Schweizer Fussballer starten in deutsche Eliteliga – aber längst nicht jeder ist unantastbar wie Gregor Kobel oder Granit Xhaka.
  • blue checkt den Status unserer Deutschland-Legionäre und wirft auch noch einen Blick auf die Trainerbank.

Das sind die Unantastbaren

An seinem Status gibt’s in Dortmund seit 2021 nicht den geringsten Zweifel: Nummer 1, Rückhalt, Charakterkopf. Das war er schon in Augsburg und Stuttgart. Gregor Kobel umgibt derzeit den Ruf des fast Unfehlbaren – nicht zuletzt wegen seiner spielentscheidenden Auftritte im vergangenen Champions-League-Frühling, als er gegen Eindhoven, Atlético und gegen PSG ein herausragender Rückhalt war. Kein Wunder, dass das Fachblatt «kicker» den 26-Jährigen erneut zum Torhüter des Jahres erkor.

Gregor Kobel: Vom Züri-Knirps zum BVB-Riesen

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Dortmunds Torhüter Gregor Kobel erreicht mit dem Champions-League-Finale gegen Real Madrid einen Karrierehöhepunkt. Mit blue Sport spricht der 26-Jährige über seinen Werdegang und seine Ziele. Auch Weggefährten und Ex-Trainer kommen zu Wort.

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Und nun darf er seit Kurzem auch sein, wonach er seit Langem für alle sicht- und hörbar strebte: die Nummer eins in der Schweizer Nati. Murat Yakins Entscheid stiess nirgendwo auf Kritik – zumal Yann Sommer inzwischen aus der Nati zurücktrat.

Sein einziger Makel begleitet den Zürcher Goalie aber weiterhin: seine latente Anfälligkeit für Verletzungen. In der ersten Cup-Runde gegen Teutonia Ottensen musste Kobel mit Rückenschmerzen vorzeitig vom Feld – zwecks Schonung zwar. Und doch bestätigt es eine ungute Tendenz: Sieben Bundesliga-Spiele fehlte er letzte Saison. Mal war es der Oberschenkel, mal waren es muskuläre Probleme. Zu hoffen für ihn, dass es in diesem Jahr besser um seine Gesundheit bestellt ist. Es wäre auch im Sinn der Nati.

Zu den Unantastbaren gehört selbstredend auch Granit Xhaka (31), Leader und Taktgeber von Double-Gewinner Leverkusen, vom «kicker» zum Mittelfeldspieler der Saison gewählt. Ebenso gesetzt: Silvan Widmer (31), der Mainz 05 als Captain anführt. Oder Ruben Vargas (26). Der machte zwar deutlich, für einen Wechsel zu einem grösseren Klub bereit zu sein, noch aber steht er in Augsburg unter Vertrag. Und solange er das ist, gehört er meist zu den Leistungsträgern.

Diese Schweizer sind auf Bewährung

Sein Weg kannte nur eine Richtung: steil nach oben. Wo Gerardo Seoane (45) war, war der Erfolg. Den FC Luzern führte er in einem halben Jahr vom Tabellenende in den Europacup. Mit YB gewann er drei Titel en suite und spielte Champions League. Nach nur dreieinhalb Jahren als Super-League-Trainer rief mit Bayer Leverkusen ein Spitzenteam, das Seoane in seiner ersten Saison auf Platz drei führte – Tore, Nervenkitzel und überschwängliches Lob für den sprachgewandten Schweiz-Spanier inklusive.

Im Sommer 2022 schien der Trainer-Olymp nicht mehr weit. Dann aber wurde Seoane in die Realität des Fussballs zurückgerissen, und die kann bitterböse sein. Bei Bayer war nach drei Monaten Schluss – bei jenem Bayer, das seither alle Rekorde bricht und die Sehnsucht nach einem Titel in diesem Jahr stillte. Und Seoane hat mit Gladbach, dem zweiten Bundesligisten, der auf ihn setzte, das schlechteste Jahr seit 2011 hinter sich. Platz 14 in der Bundesliga, am drittmeisten Gegentore und das schwer entschuldbare Cup-Aus gegen Viertligist Saarbrücken lassen seine erste Saison nur schwer schönreden.

Sportkoordinator David Zibung (links) spricht mit seinem ehemaligen Trainer Gerardo Seoane und Gladbachs Co-Trainer Guido.
Sportkoordinator David Zibung (links) spricht mit seinem ehemaligen Trainer Gerardo Seoane und Gladbachs Co-Trainer Guido.
Bild: Imago

Seoane weiss das. Platz neun gab die Borussia als diesjähriges Saisonziel aus – und selbst der rhetorisch zurückhaltende Trainer sagt, sein Team stecke «im Angriffsmodus». Mit Selbstkritik geizt er auch nicht: «Das letzte Halbjahr ging mir nahe. Ich fühlte die Verantwortung für die Situation, in die wir reingeraten sind», sagt er dem «kicker». Und: «Jeder von uns hat Lust auf Wiedergutmachung. Ich hoffe, das zeigen wir auch auf dem Platz.» Mit Tim Kleindienst von Heidenheim oder Kevin Stöger von Bochum hoffen die Fohlen auf einen Zuwachs an Klasse, Routine und Persönlichkeit. Neu dabei ist zudem David Zibung (40), Seoanes einstiger Teamkollege aus Luzern, als Gladbacher Teammanager.

Helfen muss dem Schweizer auch sein Goalie: Jonas Omlin (30) überzeugte ab Anfang 2023 als Nachfolger von Yann Sommer sofort – fehlte letzte Saison aber wegen Oberschenkelproblemen und einer mühseligen Schulterverletzung in 11 von 34 Spielen. Im Mai stellte die «Bild» gar Omlins Nummer-1-Status infrage. Es wäre ihm zu wünschen, wenn die Diskussion in diesem Jahr erst gar nicht aufkäme. Auch Nico Elvedi (27) ist noch bei Gladbach, obwohl er bereits vor einem Jahr vor dem Absprung stand und auch jetzt wieder kein Geheimnis daraus machte, dass ihm eine Luftveränderung guttun würde. Im Pokal fehlte er noch verletzungsbedingt, jetzt ist er wieder einsatzbereit. 

Sie können durchstarten

Der Hochbegabte debütierte schon mit 18 Jahren bei YB und schnupperte früh Champions-League- und WM-Luft. Letztes Jahr aber wurde zur mentalen Belastungsprobe für Fabian Rieder (22): Kurz vor Ende der Transferfrist im August 2023 wechselte er zu Rennes. Gerade mal zwei Spiele stand er in der Startelf, 21-mal kam er als Joker – was immerhin für drei Tore und einen Assist reichte.

Sonst aber kämpfte Rieder mit Anlaufschwierigkeiten im Nordwesten Frankreichs – und mit Verletzungen. Anfang 2024 setzte ihn ein Mittelfussbruch ausser Gefecht. Ein Jahr zum Vergessen also für den polyvalenten Mittelfeldspieler? Nicht ganz. Murat Yakin zeigte an der Euro in Deutschland, was er von Rieder hält: sehr, sehr viel. In jedem der fünf EM-Spiele stand er auf dem Rasen, gegen Deutschland, Italien und England gar in der Startelf. Und er spielte agil, unbekümmert und raffiniert wie zu guten Berner Tagen.

Fabian Rieder in einem Testspiel gegen Athletic Bilbao.
Fabian Rieder in einem Testspiel gegen Athletic Bilbao.
Bild: Imago

Nun wurde er nach Stuttgart verliehen. Zwar dürfte Rieder nicht von Beginn an zur Stammelf zählen. Dank Bundesliga, Champions League oder DFB-Pokal, vor allem aber dank seiner Vielseitigkeit dürfte es ihm nicht an Einsatzmöglichkeiten mangeln.

Bereits festgesetzt beim VfB hat sich der frühere St. Galler Leonidas Stergiou (22), der unter Trainer Sebastian Hoeness Ende letzter Saison als Rechtsverteidiger aufblühte – samt Tor gegen Bayern. Auch Bochums Noah Loosli (27) hat seinen Wert für den VfL bereits bewiesen, wenngleich er bislang nicht als unbestrittene Stammkraft galt. Zuletzt beim 0:1 in Regensburg im Cup aber in der Startelf.

Der Wolfsburger Cédric Zesiger (26) war bei GC oder YB immer wieder Zielscheibe medialer Kritik – setzte sich aber überall mit Beharrlichkeit durch. In seiner Debüt-Saison in Wolfsburg stand er in 18 Spielen in der Startelf. Und auch im Cup letzte Woche spielte er 90 Minuten.

Sie betreten die Bundesliga-Bühne

Er ist kein Schweizer, klar, er hat die Super League aber geprägt: Sechs Jahre tigerte Peter Zeidler an der Seitenlinie des FC St.Gallen entlang. Gab ihm eine unverkennbare Identität und hatte meist Erfolg – Platz zwei 2020 und zwei Cupfinalteilnahmen sprechen für sich. Und doch waren nicht alle unglücklich, dass es in diesem Sommer zu einem Trainerwechsel im Kybunpark kam. Der joviale, aber auch emotionale Zeidler rieb sich nicht nur ab und zu mit der Konkurrenz auf, sondern zwischendurch auch mit Mitstreitern im eigenen Klub.

Nun holte ihn mit Ilja Kaenzig (51) der Schweizer CEO nach Bochum – zu einem der vielen emotionalen Klubs im Westen Deutschland, den Edelfan Herbert Grönemeyer nicht nur salbungsvoll besingt, sondern seit diesem Sommer auch auf dem Ärmel sponsert, respektive sponsern wollte.

Zeidler, soeben 62 geworden, muss Bochum in der Liga halten – nachdem er über Jahre mit St.Gallen die Spitze zumindest im Auge hatte. Keine leichte Aufgabe. Wie viele Herzen am Klub hängen, belegt ein Beispiel, das er bereits mehrfach erzählt hat: Nach einem Training sei er vom Rasen zur Kabine gelaufen, zwischen den Fans hindurch. Plötzlich baute sich ein kleiner Junge vor ihm auf, ballte die Faust und schrie: «Klassenerhalt!»

Neu ist in Deutschland auch Aurèle Amenda (21), das Abwehrtalent aus Bern. Noch ist er nicht gesetzt. Seine Chance wird er bei der Eintracht, die in drei Wettbewerben antritt, aber bekommen. Was kaum jemand bemerkt hat: Beim SC Freiburg stehen mit Mittelfeldspieler Johan Manzambi (18) und Innenverteidiger Bruno Ogbus (18) zwei Top-Talente mit Schweizer Pass im Bundesligakader. 

Auf dem Absprung

In diese Kategorie gehört Stand jetzt einzig Edimilson Fernandes (28), der in Mainz zur Randfigur degradiert wurde.